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1.3.3 Ortsrecht

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1. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof nur dann, wenn noch ein objektives Interesse an der Feststellung besteht, ob sie mit der Bayerischen Verfassung vereinbar waren.Ein solches Interesse fehlt im Hinblick auf Art. 84 Satz 3 BayBO, der durch § 3 Nr. 2 des Änderungsgesetzes vom 24.07.2015 (GVBl. S. 296) aufgehoben worden ist.
2. Verstöße gegen die Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag berühren die Wirksamkeit gefasster Gesetzesbeschlüsse grundsätzlich nicht.Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn die Geschäftsordnung Verfassungsrecht konkretisiert.Das ist bei der in § 173 BayLT-GeschO geregelten Informationsgewinnung durch Anhörung u.a. von Sachverständigen nicht der Fall.
3. Der in Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO geregelte höhenbezogene Mindestabstand für Windkraftanlagen als Voraussetzung für die bauplanungsrechtliche Privilegierung im Außenbereich (sogenannte. 10 H-Regelung) ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.Ebenfalls verfassungsgemäß sind die Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 1 BayBO, die Sonderregelung in Art. 82 Abs. 3 BayBO für gemeindefreie Gebiete, die Bestandsschutzregelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Flächennutzungspläne und das Unterlassen einer vergleichbaren Bestimmung für Regionalpläne.
a) Die dem Landesgesetzgeber durch die Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB eingeräumte Gesetzgebungsbefugnis zur Bestimmung eines Mindestabstands ist nicht unbegrenzt.Die bundesrechtliche Grundentscheidung für eine Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich darf durch eine landesrechtliche Abstandsregelung weder rechtlich noch faktisch ausgehebelt werden.Die durch den bayerischen Landesgesetzgeber normierte Festlegung des Mindestabstands zu allgemein zulässigen Wohngebäuden auf die 10-fache Anlagenhöhe überschreitet den bundesrechtlich eröffneten Gestaltungsrahmen nicht; zwar wird der räumliche Anwendungsbereich für den Privilegierungstatbestand erheblich eingeschränkt, nicht aber beseitigt.Grundrechte der Bayerischen Verfassung werden hierdurch ebenfalls nicht verletzt.
b) Die Regelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Darstellungen von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen in Flächennutzungsplänen berührt auch insoweit nicht den Schutzbereich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 Bay. Verf.), als sie „Bestandsschutz” nur unter der Voraussetzung vorsieht, dass eine betroffene Nachbargemeinde der Fortgeltung der Darstellung bis zum 21.05.2015 nicht widerspricht.
4. Verfassungswidrig ist die in Art. 82 Abs. 5 BayBO den Gemeinden auferlegte Pflicht, Bauleitplänen, die für Vorhaben der Windenergienutzung einen geringeren als den Mindestabstand festsetzen wollen, im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken.Diese Regelung steht in einem offensichtlichen und schwerwiegenden Widerspruch zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes und verstößt deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung.
BayVerfGH, Entscheidung, 09.05.2016, AZ: Vf. 14-VII-14;  Vf. 3-VIII-15; Vf. 4-VIII-15, Publikationsart: GVBl. BY 2016 S. 89 / BeckRS 2016, 45749 / BayVBl. 2016, 625-639
Katharina Luther "Privilegierung der Windenergie auf dem Prüfstand", NJW-Spezial 2016, 364 f. / Benedikt Grünewald, Anmerkung, BayVBl. 2016, 845-846

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.1 Flächennutzungsplan
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.3 Ortsrecht
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
2.4.2 Räumliche Nähe (Entfernung)
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1. Die Antragsteller haben nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 BayVfGHG in noch hinreichend substantiierter Weise dargelegt, aus welchen Gründen der Bebauungsplan Nr. 214 A „Hotel und Kongresszentrum / Akademie auf dem ehemaligen Gießereigelände“ der Stadt Ingolstadt nach ihrer Auffassung gegen ein durch die Verfassung gewährleistetes Grundrecht verstößt. Wollen die Antragsteller mit der Popularklage erreichen, dass der Verfassungsgerichtshof Abwägungsfehler der Bauleitplanung unter Willkürgesichtspunkten beanstandet, müssen sie sich mit den Überlegungen des Satzungsgebers auseinandersetzen. Es genügt regelmäßig nicht, wenn ein Antragsteller lediglich das Abwägungsergebnis beanstandet, indem er die Sach- und Rechtslage aus seiner Sicht darstellt und bewertet. Er muss seine Willkürrüge vielmehr in Bezug setzen zu den die Abwägung tragenden Erwägungen der Gemeinde, wie sie in der Begründung des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 8 i. V. m. § 2 a BauGB) oder anderweitig, etwa in Sitzungsunterlagen des kommunalen Beschlussgremiums, dokumentiert sind (BayVerfGH, Entscheidung vom 04.05.2012, BayVBl 2013, 207/210).
2. Diesen Anforderungen werden die Darlegungen der Antragsteller noch gerecht. Nach ihrem Vorbringen erscheint eine Verletzung des im Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV enthaltenen Willkürverbots wegen der gerügten Verstöße gegen das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB), insbesondere im Hinblick auf die vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege erhobenen Einwendungen (Art. 141 Abs. 2 BV), nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Antragsteller machen insoweit geltend, die Sichtbeziehung zwischen den Denkmälern Kavalier Dallwigk und Schloss werde entgegen der Beschlussvorlage, die dem Stadtratsbeschluss zugrunde liege, nicht frei gehalten. Ein solches Sichtfeld könne es nach dem Neubau des Hotels, das in der Sichtachse der beiden Gebäude stehe, nicht mehr geben. Durch die Lage und Höhe des Hotels werde die Sicht auf das Neue Schloss aus östlicher Richtung komplett zugebaut. Nach Ansicht der Antragsteller hat die Stadt damit die Belange des Denkmalschutzes in sachlich schlechthin nicht mehr zu rechtfertigender Weise missachtet und die äußersten Grenzen ihres normgeberischen Ermessens überschritten. Ob ein solcher Verstoß tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Popularklage.
3. Ist die Popularklage – wie hier – in zulässiger Weise erhoben, überprüft der Verfassungsgerichtshof die angefochtene Regelung anhand aller in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, auch wenn diese – wie das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV – keine Grundrechte verbürgen (vgl. BayVerfGH, BayVBl 2013, 45/46; BayVerfGH, BayVBl 2014, 237).
4. Die Popularklage dient dem Schutz der Grundrechte gegenüber Rechtsvorschriften, von denen noch rechtliche Wirkungen ausgehen können, nicht dagegen der nachträglichen Beseitigung bestandskräftiger Entscheidungen, die im Vollzug solcher Rechtsvorschriften ergangen sind (BayVerfGH vom 29.04.1993, BayVerfGHE 46, 137/139 f.). Da die Stadt trotz des weit gediehenen Baufortschritts eines Teils der Gesamtmaßnahme bislang die für das Hotel- und Kongresszentrum erforderliche Baugenehmigung noch nicht erteilte, könnten zumindest insoweit die Antragsteller durch die angestrebte Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplans dessen Vollzug noch verhindern, soweit die geltend gemachten Mängel nicht bereits nach den Vorschriften der §§ 214, 215 BauGB unbeachtlich sind. Den Antragstellern fehlt daher für die Popularklage nicht das Rechtsschutzinteresse.
5. Das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV wäre vielmehr erst dann betroffen, wenn der Normgeber des bayerischen Landesrechts offensichtlich den Bereich der Rechtsordnung des Bundes verlassen und Landesrecht eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis geschaffen hätte. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip kann außerdem erst dann angenommen werden, wenn der Widerspruch der erlassenen Norm zum Bundesrecht nicht nur offensichtlich zutage tritt, sondern auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 13.07.2009, BayVBl 2010, 43 f.; BayVerfGH, BayVBl 2013, 45/46; 2014, 237 f.).
6. Wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, bedarf der Erlaubnis, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG). Wer ein Ensemble verändern will, bedarf der Erlaubnis, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG). Erlaubnispflichtig ist allerdings nur die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung der Anlage als solche, nicht jedoch der Erlass eines Bebauungsplans, der dem Vorhaben zugrunde liegt. Im Übrigen entfällt die Erlaubnis, wenn eine Baugenehmigung oder an ihrer Stelle eine bauaufsichtliche Zustimmung oder abgrabungsrechtliche Genehmigung erforderlich ist (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG) und im Rahmen dieses Verfahrens auch über die denkmalrechtlichen Fragen entschieden wird (Art. 59 Satz 1 Nr. 3, Art. 60 Satz 1 Nr. 3, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO; BayVGH, Beschluss vom 10.06.2014, Az,: 15 CS 14.692, juris Rn. 15). Die Rüge, der Bebauungsplan hätte einer Genehmigung nach Art. 6 BayDSchG bedurft, bleibt daher ohne Erfolg.
7. § 1 Abs. 7 und § 2 Abs. 3 BauGB verpflichten die Gemeinde, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange vollständig zu ermitteln, zu bewerten und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301/309; BVerwG, Urteil vom 05.07.1974, BVerwGE 45, 309/314 f.).
8. Eine Verletzung des Abwägungsgebots liegt jedoch nicht vor, wenn auf Grund einer vertretbaren Bewertung der berührten Belange im Fall der Kollision einzelner Belange bestimmte bevorzugt und andere zurückgesetzt werden. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten Belange gehört vielmehr zum Wesen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde (BayVerfGH, BayVBl 2013, 17/18 m. w. N.).
9. Zu den in die Abwägung einzustellenden öffentlichen Belangen gehört neben den bundesrechtlich insbesondere in § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführten Interessen auch die gemäß Art. 141 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BV dem Staat, den Gemeinden und den Körperschaften des öffentlichen Rechts obliegende und von den Antragstellern als verletzt gerügte Aufgabe, kennzeichnende Ortsbilder zu schonen und zu erhalten sowie Denkmäler der Kunst und der Geschichte zu schützen und zu pflegen. Der landesrechtliche Normgeber, der aufgrund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig wird, hat jedenfalls dort, wo ihm ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, auch die ihn bindende Bayerische Verfassung zu beachten. Gibt das Bundesrecht dem landesrechtlichen Normgeber – wie in § 1 Abs. 7 BauGB – nur einen Rahmen, innerhalb dessen er verschiedene Lösungen wählen kann, dann ist Landesverfassungsrecht innerhalb dieses Gestaltungsspielraums nicht verdrängt. Art. 141 Abs. 1 und 2 BV bestimmen in den Grundzügen die wichtigsten Aufgaben, die sich aufgrund der Staatsfundamentalnorm des Art. 3 Abs. 2 BV stellen. Es handelt sich dabei nicht um bloße Programmsätze, sondern um bindendes objektives Verfassungsrecht, an dem die Handlungen und Unterlassungen von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu messen sind (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 22.7.2008, BayVerfGHE 61, 172/181 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 13.07.2009, BayVerfGHE 62, 156/163 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 17.03.2011, BayVerfGHE 64, 20/27 jeweils m. w. N.).
10. Allerdings hat das Staatsziel des Art. 141 Abs. 2 BV gegenüber den der Planung zugrunde liegenden städtebaulichen Anliegen der Gemeinde keinen abstrakten Vorrang. Vielmehr bleibt es Aufgabe einer Gemeinde, sich im Rahmen sachgerechter Abwägung selbst darüber schlüssig zu werden, welchen Belangen sie letztlich das stärkere Gewicht beimessen will (BayVerfGH, BayVBl 2013, 45/47 m. w. N.).
11. Die Stadt hat die Belange des Denkmalschutzes und die insoweit im Auslegungsverfahren geäußerten Bedenken in ihre Überlegungen einbezogen. Mit den hierzu erhobenen Einwendungen gegen den Planentwurf setzt sich die Beschlussvorlage der Verwaltung vom 27.04.2012, die Grundlage der Vorberatung im Ausschuss für Stadtentwicklung, Ökologie und Wirtschaftsförderung am 07.05.2012 und der Stadtratssitzung am 24.05.2012 war, ausführlich auseinander. Das gilt insbesondere für die vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und von anderen Einwendern geltend gemachten Belange des Denkmalschutzes. Diese betreffen vor allem den Schutz des Ensembles Altstadt Ingolstadt (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG) sowie der Einzelbaudenkmäler Neues Schloss, Rossmühle, Gießereihalle und Kavalier Dallwigk (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG). Hierzu legt die Beschlussvorlage vom 27.04.2012 auf den Seiten 8 bis 12, 17 bis 24 und 27 bis 39 eingehend dar, aus welchen Gründen vorgeschlagen wird, den Einwendungen gegen die Lage und Höhe der geplanten Bauwerke nicht zu folgen. Ausweislich der Niederschrift zur Sitzung des Stadtrats vom 24.05.2012 waren die umstrittenen Höhen der Bauwerke, die Sichtbeziehungen und die Auswirkungen der Vorhaben auf die Stadtsilhouette Gegenstand ausführlicher Diskussionen. Auch in der Begründung zum Bebauungsplan wird ausgeführt, das Gießereigelände stehe im unmittelbaren Kontext der weitgehend unbeeinträchtigten historischen Stadtsilhouette, die insbesondere von der gegenüberliegenden Donauseite sehr gut wahrnehmbar sei. Bezugspunkt für die Höhenentwicklung der Gebäude sei die Traufhöhe des Turms am Kavalier Dallwigk, die nicht überschritten werden dürfe, um die historische Stadtsilhouette mit den Dominanten Neues Schloss und Kavalier Dallwigk nicht zu beeinträchtigen. Die Baulinien und -grenzen seien so gewählt, dass das Baugefüge im Süden hinter die Flucht zwischen dem Neuen Schloss und dem Kavalier Dallwigk zurückweiche.
12. Trotz der Bedenken, die im Aufstellungsverfahren gegen den Entwurf des Bebauungsplans geäußert wurden, war die Stadt nicht gehindert, nach Abwägung der betroffenen Belange an ihrem Entwurf festzuhalten. Die verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Entscheidung, welchen Belangen sie das stärkere Gewicht beimessen und wie sie die widerstreitenden Interessen zum Ausgleich bringen will, hat sie dabei nicht überschritten. Die im Rahmen der Anhörung abgegebenen Stellungnahmen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege und des Stadtheimatpflegers sind zwar im Rahmen der Abwägung mit dem ihnen zukommenden Gewicht zu würdigen, haben aber keine bindende Wirkung (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, BayVBl 2014, 502 Rn. 21, 33). Aus Art. 141 Abs. 2 BV folgt auch nicht, dass Baudenkmäler und vorhandene Sichtachsen unveränderbar wären. Die Stadt hat sich bei ihrer Abwägung von der Überlegung leiten lassen, dass das ehemalige Gießereigelände auf Grund seiner zentralen Lage von besonderer Bedeutung für die weitere Stadtentwicklung sei und wichtige Impulse zur Stärkung der Altstadt und der oberzentralen Funktion der Stadt erwarten lasse. Den Belangen des Denkmalschutzes hat sie bei ihrer Planung durch die Anordnung der Gebäude und die Festsetzung der maximalen Wandhöhen Rechnung getragen. Dabei hat sie sich an der Traufhöhe des Wasserturms am Kavalier Dallwigk (397,20 m ü. NN) orientiert, die weder im Teilgebiet SO 1 (Hotel: maximale Wandhöhe 394,00 m ü. NN, Kongresszentrum: maximale Wandhöhe 386,00 m ü. NN) noch im Teilbereich SO 2 (Büro- und Seminargebäude: maximale Wandhöhe 391,00 m ü. NN, mit Technikgeschoss 395,40 m ü. NN) überschritten werden darf. Hierdurch wird zwar die Traufe am Langhaus des Neuen Schlosses (388,85 m ü. NN) verdeckt, nicht aber das Dach in seiner Gänze (Firsthöhe: 406,10 m ü. NN). Auch der südliche Schlossturm überragt mit einer Giebelhöhe von 418,55 m ü. NN die geplanten Bauwerke bei Weitem.
13. Die geschützten Baudenkmäler in der Nähe des Vorhabens, insbesondere das Neue Schloss und der Kavalier Dallwigk, sind zwar für die Stadtsilhouette prägend. Das ehemalige Gießereigelände liegt allerdings außerhalb des Baudenkmals Ensemble Altstadt. Außerdem ist das überlieferte Erscheinungsbild von Baudenkmälern vor allem dann denkmalpflegerisch besonders schützenswert, wenn diese architektonisch in einer gewollten und gewachsenen Blickbeziehung zueinander stehen, auf diese Weise historische soziale Beziehungen ihrer Erbauer untereinander sichtbar machen und das Ortsbild maßgeblich prägen (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.07.2013, BayVBl 2014, 24 Rn. 39; BayVGH, Urteil vom 06.02.2014, BayVBl 2014, 499 Rn. 30). Das Neue Schloss, die Gießereihalle und der Kavalier Dallwigk stehen jedoch in keinem unmittelbaren historischen Bezug zueinander. Keines dieser Bauwerke wurde im Hinblick auf vorhandene wechselseitige und frei zu haltende Sichtachsen angelegt.
14. Die Errichtung mehrgeschossiger Bauwerke auf dem vormals industriell genutzten und zuletzt brachliegenden Gelände führt zwangsläufig zu einer Veränderung der Stadtsilhouette und einer partiellen Verdeckung der Baudenkmäler in der näheren Umgebung. Die Planung der Stadt ist jedoch durch die Höhenbegrenzung und die Lage der Bauwerke so ausgelegt, dass zumindest teilweise noch Blickbezüge möglich sind und insbesondere die Sicht vom Südufer der Donau aus auf das Neue Schloss und den Kavalier Dallwigk frei bleibt. Das Hotel- und Kongresszentrum würde die Sicht auf die denkmalgeschützten Gebäude und die Blickbeziehungen, insbesondere die Sicht von Osten auf das Neue Schloss, im Übrigen auch dann noch merklich beeinträchtigen, wenn der Standort und die Höhe an die Anregungen des Landesamts für Denkmalpflege angepasst worden wären.
15. Die Stadt hat auch dem vorangegangenen städtebaulichen Ideenwettbewerb und dem vom Stadtrat am 20.05.2010 beschlossenen Rahmenplan zur Bebauung des ehemaligen Gießereigeländes kein zu hohes Gewicht beigemessen. Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen. Die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) und stehen als Abwägungsbelang der Baukultur, dem Denkmalschutz und der Denkmalpflege (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB) grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Zwar ist die Gemeinde beim Erlass des Bebauungsplans nicht an ein von ihr beschlossenes städtebauliches Entwicklungskonzept oder eine von ihr beschlossene sonstige städtebauliche Planung gebunden (vgl. BayVGH, Urteil vom 24.05.2012, Az.: 2 N 12.448, juris Rn. 36). Entgegen den Ausführungen der Antragsteller hat die Stadt dem Ideenwettbewerb oder dem Rahmenplan jedoch keine die Abwägung und Gewichtung ersetzende Wirkung beigemessen. Vielmehr wird auf Seite 9 der Beschlussvorlage vom 27.04.2012, die der Entscheidung des Stadtrats zugrunde liegt, ausdrücklich ausgeführt, dass der Rahmenplan kein Ersatz für den Bebauungsplan sei, kein Baurecht schaffe und eine Bindung an und durch den Rahmenplan nicht bestehe.
16. Es ist daher nicht offensichtlich, dass der Stadt bei der Ermittlung und Gewichtung der in die Abwägung einzustellenden Belange schwerwiegende Fehler unterlaufen wären.
17. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. Er lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Dabei bleibt es dem Ermessen des Normgebers überlassen zu bestimmen, in welcher Weise dem Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind und für die getroffene Regelung jeder sachliche Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt.
18. Dementsprechend weit ist auch der Gestaltungsspielraum einer Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu überprüfen, ob die Festsetzungen in einem Bebauungsplan die bestmögliche oder gerechteste Lösung darstellen. Er kann nicht seine eigenen Abwägungen und Überlegungen an die Stelle derjenigen des Normgebers setzen.
19. Hat dieser sich bei einer Kollision verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung anderer Belange entschieden, so liegt ein Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV nur dann vor, wenn sich ein sachgerechter Grund für die getroffene Regelung bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlechterdings nicht feststellen lässt (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 31.05.2006, BayVerfGHE 59, 109/114 f.; BayVerfGH, VerfGHE 61, 172/180 f.; 64, 20/30).
20. Ein Bebauungsplan kann nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs daher gegen das Willkürverbot des Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen, wenn eine Gemeinde die sich aus Art. 141 Abs. 1 und 2 BV ergebenden Verpflichtungen bei der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB offensichtlich in krasser Weise verkennt (vgl. BayVerfGH, BayVerfGHE 61, 172; BayVerfGH, Entscheidung vom 16.02.2009, BayVerfGHE 62, 23/26 f.; BayVerfGH, VerfGHE 64, 20/30).
21. Solche krassen Fehleinschätzungen weist die Planung jedoch nicht auf. Die Stadt hat bei der Aufstellung des Bebauungsplans nicht willkürlich im Sinn des Art. 118 Abs. 1 BV gehandelt, sondern – wie bereits ausgeführt – die maßgeblichen widerstreitenden Belange, insbesondere diejenigen des Denkmalschutzes, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen.
BayVerfGH, Entscheidung, 28.10.2014, AZ: Vf. 7-VII-14, Publikationsart: juris / BayVBl 2015, 337-341

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.3 Ortsrecht
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.2 Erscheinungsbild
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Die in einem Bebauungsplan vorgenommene Begrenzung auf das im Innenbereich bestehende Baurecht stellt keine Maßnahme der Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB dar.
2. Ein Verkennen gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB - hier der Voraussetzungen für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens - scheidet aus, wenn die Gemeinde trotz rechtzeitiger Einwände bewusst am falschen Verfahren festhält.
3. Die schriftliche Rüge beachtlicher Verfahrensfehler gegenüber der Gemeinde nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB kann auch durch einen im Normenkontrollverfahren rechtzeitig an die Antragsgegnerin übermittelten Schriftsatz erfolgen.
BayVGH, Urteil, 18.10.2016, AZ: 15 N 15.2613, Publikationsart: NVwZ-RR 2017, 365 / LSK 2016, 54922 / http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2016-N-54922?hl=true
BayVGH - Urteil v. 18.10.2016 - 15 N 15.2613 - anonym..pdf

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.3 Ortsrecht
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
1.5.3.5 Bauerweiterungen im Ensemble
1.5.3.6 Neuerrichtung im Ensemble
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
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1. Den Gemeinden steht nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO die Befugnis zu, zur Wahrung des Ortsbildes - hier der einheitlichen Dachlandschaft in einem Fremdenverkehrsort - durch Ortsgestaltungssatzung das Aufständern von Solaranlagen auch im gesamten Gemeindegebiet zu verbieten.
2. Die Vorschrift gestattet den Gemeinden, im eigenen Wirkungskreis örtliche Vorschriften über besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern zu erlassen. Die Gemeinden sind danach nicht auf die Abwehr verunstaltender Anlagen beschränkt, sondern sie haben darüber hinaus die Möglichkeit, positive Gestaltungspflege zu betreiben (BayVGH, Beschluss vom 03.11.2009, Az.: 2 ZB 09.564, juris; BayVGH, Urteil vom 02.02.2012, Az.: 1 N 09.368, juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007, Az.: 4 C 8.06, BVerwGE 129, 318).
3. Gestalterische Anforderungen an Dächer im Bereich positiver Gestaltungspflege sind danach regelmäßig zulässig, da Dächer in besonderem Maß das Gesamtbild einer Gemeinde bestimmen und Ausdruck eines ortsüblichen und landschaftsgebundenen Baustils sind, wie er häufig in Oberbayern anzutreffen ist (vgl. auch Decker, in Simon/Busse, BayBO 2008, Stand Dezember 2013, Art. 81 Rn. 114 m. w. N.).
4. Zur Erzielung von Einheitlichkeit, zur Vermeidung einer unregelmäßigen Dachlandschaft oder im Interesse einer positiven Gestaltungspflege können demnach Dachformen festgelegt sowie Dachauf- und -ausbauten untersagt werden (Decker, a.a.O.).
5. Die Gemeinden haben im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO einen beträchtlichen gestalterischen Spielraum und dürfen im Rahmen der positiven Pflege der Baukultur auch einen strengen ästhetischen Maßstab anlegen (BayVGH, Urteil vom 09.08.2007, Az.: 25 B 05.1340, juris).
6. Zwar wird das Recht eines Bauherrn, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze baulich zu nutzen, durch das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) geschützt und durch das Verbot der Aufständerung von Solaranlagen und die damit einhergehende Nutzungsbeschränkung des Grundeigentums durch die Gestaltungssatzung der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berührt. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG lässt demgemäß im Bereich des Bauordnungsrechts, auch bei örtlichen Bauvorschriften auf Grund gemeindlicher Satzungen wie hier nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO, nur Nutzungsbeschränkungen zu, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.
7. Diesbezüglich hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof (Entscheidung vom 23.01.2012, Az.: Vf. 18-VII-09, BayVBl 2012, 397) zwar festgestellt, dass beim Erlass einer Satzung gemäß Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO über das Verbot der Errichtung von Werbeanlagen berücksichtigt werden muss, dass das Gebiet einer Gemeinde in der Regel aus verschiedenen Bereichen bestehe, deren Ortsbild unterschiedlich schutzwürdig sei; Verbote seien deshalb nur gerechtfertigt, soweit ortsgestalterische Gründe sie erforderten.
8. Der Verfassungsgerichtshof hat in dieser Entscheidung die teilweise Verfassungswidrigkeit einer Werbeanlagensatzung aber vor allem deshalb festgestellt, weil der Normgeber - im entschiedenen Fall die Stadt Nürnberg - bei einzelnen Verboten nicht nach den Gegebenheiten der verschiedenen Stadtbereiche differenziert hat, was bei einer Großstadt wie Nürnberg ohne weiteres nachvollziehbar ist.
9. Die Entscheidung schließt jedoch nicht aus, dass aus ortsgestalterischen Gründen in (kleineren) Gemeinden Verbote für das Gemeindegebiet erlassen werden können, um auf diese Weise auf das örtliche Gesamterscheinungsbild Einfluss zu nehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.07.1997, Az.: 4 NB 15/97, ZfBR 1997, 327).
10. Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen unter Berücksichtigung der traditionellen Dachformen im Gemeindegebiet, vorwiegend Satteldächer, der Beigeladenen und des Charakters als Fremdenverkehrsgemeinde keine Bedenken gegen das generelle Verbot der Aufständerung von Solarkollektoren im Gemeindegebiet und damit auch auf dem Dach des Hauses des Klägers. Die beim Augenschein vorgefundenen Pult- oder Flachdächer führen nicht zu einer gegenteiligen Beurteilung.
11. Da das Landratsamt die beiden ihm bislang bekannten Fälle aufgegriffen hat, ist die Ermessensbetätigung auch unter Beachtung des Art. 3 GG nicht zu beanstanden. Dass in anderen Gemeinden eine abweichende Haltung hinsichtlich der Gestaltung von Solaranlagen eingenommen wird, ist wegen der Gebietshoheit der Beigeladenen (Art. 6 BayGO) rechtlich unerheblich.
BayVGH, Urteil, 11.09.2014, AZ: 1 B 14.169, Publikationsart: juris

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.3 Ortsrecht
1.5.3.3 Dachfenster / Dachgestaltung im Baudenkmal / Ensemble
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.2 Erscheinungsbild
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.11 Dachfarbe, Dachgestaltung