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1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung

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1. Wird durch ungenehmigte bauliche Maßnahmen die Denkmaleigenschaft eines im Außenbereich belegenen Bauwerks zerstört, kann die Genehmigungsfähigkeit der durchgeführten Maßnahmen jedenfalls nicht mehr am öffentlichen Belang des Denkmalschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB) scheitern.
2. Es kommt nach allgemeinen Grundsätzen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung an.
BVerwG, Urteil, 12.12.2013, AZ: 4 C 15/12, Publikationsart: ZfBR 2014, 259-261 / NVwZ 2014, 454-455 / BauR 2014, 807-808 / KommunalPraxis BY 2014, 194-195 / JA 2014, 556-557 / UPR 2014, 228-230 / Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 394 / BRS 81 Nr. 214 (2013) / BBB 2014, Nr 4, 69 / VR 2014, 215 / juris / EzD 2.2.8 Nr. 37 (mit berechtigter Anm. W. Eberl)
1. Das Urteil des BVerwG mag allein hinsichtlich des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB überzeugen. 2. Den Ausgangs- und Berufungsgerichten, aber auch den beteiligten Behörden, im Grunde aber auch dem BVerWG selbst ist jedoch darin zuzustimmen, dass die Beseitigungsanordnung auf das nicht-revisible und gerade nicht durch den lediglich ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von Landesrecht unabhängigen Denkmalschutz gewährenden § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB verdrängte Landesdenkmalschutzrecht gestützt werden konnte (und wurde). 3. Art. 15 Abs. 3 BayDSchG ermöglicht die behördliche Anordnung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands bzw. der Wiederinstandsetzung des Baudenkmals auf andere Weise. 4. Art. 15 Abs. 4 BayDSchG ermöglicht zudem die behördliche Verpflichtung desjenigen, der ein Baudenkmal vorsätzlich oder grob fahrlässig zerstört, zur Wiedergutmachung des von ihm angerichteten Schadens bis zu dessen vollem Umfang. 5. Stephan Gatz, jurisPR-BVerwG 5/2014 Anm. 6 6. Stefan Muckel, JA 2014, 556-557 7. Stefan Kraus, KommunalPraxis BY 2014, 195-196 8. Henning Jäde, NVwZ 2014, 455-456

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.5 Sanktionen bei Zuwiderhandeln
1.5.3 Beseitigung
1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
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1. Wurde eine ca. 200 Jahre alte Scheune auf Grund einer rechtswidrigen Abrissverfügung abgerissen, kann sich die Schadenersatzforderung auf den Betrag beschränken, der die Wertminderung des Hofgrundstückes aufgrund des Scheunenabrisses ausmacht.
2. Der für die Wiederherstellung der Scheune erforderliche Betrag kann allerdings nur verlangt werden, wenn eine Naturalrestitution des Grundstücks nicht nur öffentlich-rechtlich und faktisch, sondern auch wirtschaftlich möglich ist.
3. Die vollständige Zerstörung der Scheune schließt die Naturalrestitution nicht von vornherein aus, weil bei einer Beurteilung, ob eine Wiederherstellung möglich ist, nicht auf das abgerissene Gebäude, sondern auf das gesamte Grundstück abzustellen ist. 4. Erst dann, wenn bei wertender Gesamtbetrachtung in baulich-technischer und wirtschaftlich-funktionaler Hinsicht keine dem früheren Zustand vergleichbare Lage geschaffen werden kann und damit kein Erhaltungsinteresse des Geschädigten vorliegt, ist von einer Unmöglichkeit der Wiederherstellung auszugehen.
5. Hinsichtlich des Integritätsinteresses des Eigentümers dürfen keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. So ist auch ein Interesse, den seit Jahrhunderten bestehenden Hof in seiner historischen Form weiter nutzen zu können, grundsätzlich schutzwürdig. Aus diesem Grunde darf eine vollständige Identität des abgerissenen und des neu zu errichtenden Gebäudes nicht verlangt werden.
6. Das Interesse des Eigentümers ist hingegen dann nicht mehr schutzwürdig, wenn ein neu zu errichtendes Gebäude als "aliud" (= ein anderes) erscheint und daher auch wirtschaftlich der frühere Zustand nicht wiederherstellbar ist. Gleiches gilt, wenn die Wiederherstellung unverhältnismäßige Aufwendungen erfordern würde, wobei eine Gegenüberstellung des für die Restitution erforderlichen Aufwandes und des Verkehrswertes des Grundstücks in unbeschädigtem Zustand erforderlich ist. Insofern muss eine Abwägung der beiderseitigen Interessen erfolgen, bei der auch der Grad des Verschuldens und immaterielle Interessen zu berücksichtigen sind.
7. Der Grundgedanke des § 251 Abs. 2 BGB findet auch im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB Anwendung (vgl.: BGH, Urteil vom 23.05.2006, Az.: VI ZR 259/04, NJW 2006, 2399).
8. Es bedarf dabei einer Gegenüberstellung des für die Restitution erforderlichen Aufwandes einerseits und des Verkehrswerts der herzustellenden Sache andererseits zur Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit. Liegen die Neuerrichtungskosten mehr als 20-fach oberhalb des Wertverlustes des Gesamtgrundstücks auf Grund des Abrisses der Scheune, erweist sich das Neuerrichtungsverlangen als in höchstem Maße unwirtschaftlich.
OLG Hamm, Urteil, 03.09.2014, AZ: 11 U 123/13, Publikationsart: juris / NJW-Spezial 2015, 13-14

1.1.10 Denkmaleigenschaft und Zivilrecht
1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
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1. Das urheberrechtliche Änderungsverbot steht dem Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 nicht entgegen, denn im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung sind im konkreten Fall die Eigentümerinteressen schwerwiegender als die Urheberinteressen bzw. die Ansprüche eines Miterben des Architekten des Stuttgarter Hauptbahnhofes hinsichtlich der Seitenflügel, des Nordflügels und der Treppenanlage.
2. In die Abwägungsentscheidung ist nur die konkrete Planung einzustellen. Die von der Beklagten geltend gemachten städtebaulichen Belange sind für die Interessenabwägung nicht relevant.
3. Der sich aus dem Zusammentreffen der Belange des Urhebers einerseits und der des Eigentümers andererseits ergebende Konflikt ist durch eine Abwägung der jeweils betroffenen Interessen im konkreten Einzelfall zu lösen wobei das Bestands- und Integritätsinteresse des Urhebers an der Erhaltung des Werks und die Interessen des Eigentümers an einer Beeinträchtigung und Veränderung des Werks abzuwägen sind (plakativ: Erhaltungsinteresse versus Änderungsinteresse) (BGH GRUR 2008, 984 [986 Rn. 25] – St. Gottfried ; BGH GRUR 1974, 675 [676] – Schulerweiterung ; BGH GRUR 1971, 35 [37] – Maske in Blau ). Das Urheberrecht und das Eigentumsrecht stehen sich insoweit zunächst gleichrangig gegenüber, der Vorrang ist im Wege der Interessenabwägung zu finden (Steinbeck, GRUR 2008, 988; Wedemeyer, FS Piper, 1996, 787 [793]).
4. Für die Abwägung dieser Interessen hat die Rechtsprechung Kriterien entwickelt. Insoweit lassen sich aber keine starren und allgemeingültigen Regeln aufstellen, welche Änderungen zu gestatten sind; die Interessenabwägung kann zu einem engeren oder weiteren Freiheitsspielraum des Nutzers führen (BGH GRUR 1974, 675 [676] – Schulerweiterung ; BGH GRUR 1971, 35 [37] – Maske in Blau ; Schulze NZBau 2007, 611 [613]). Je nach Art der Werknutzung kann die Interessenabwägung unterschiedlich ausfallen (BGH GRUR 1989, 106 [108] – Oberammergauer Passionsspiele II ).
5. Der Urheber muss vertraglich eingeräumte Änderungsrechte oder Verwertungszwecke hinnehmen und kann sich insoweit nicht auf sein Erhaltungsinteresse berufen, es sei denn, es wird der unverzichtbare Kern seines Urheberpersönlichkeitsrechts tangiert, beispielsweise durch eine gröbliche Entstellung (BGH GRUR 1971, 269 [271] – Das zweite Mal ; Schulze NZBau 2007, 611 [612]; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 14 Rn. 15; a. A. Wedemeyer, FS Piper, 1996, 787 [791], der auch Entstellungen zulassen will).
6. Ein maßgeblicher und wesentlicher Abwägungsfaktor ist der individuelle Schöpfungsgrad, der Rang des Werkes, denn das Interesse des Urhebers an der unveränderten Erhaltung seines Werkes wird von der Schöpfungshöhe beeinflusst – je größer die Gestaltungs-, Schöpfungshöhe ist, desto stärker sind die persönlichen Bindungen des Urhebers an sein Werk, ist das Erhaltungsinteresse höher zu bewerten (BGH GRUR 2008, 984 [986 Rn. 27] – St. Gottfried ; BGH GRUR 1974, 675 [676] – Schulerweiterung ; Erdmann, FS Piper, 1996, 655 [672]). Je individueller und einmaliger, einzigartiger das Werk ist, desto weniger sind Änderungen zuzulassen. 
7. Die Annahme eines hohen individuellen Schöpfungsgrades darf aber nicht dazu führen, dass Änderungen dann generell ausgeschlossen sind, weil ansonsten die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte Interessenabwägung obsolet wäre und dies quasi zu einer enteignungsähnlichen Situation beim Werkeigentümer und Nutzungsberechtigten führen würde. Es gibt keinen absoluten und ausnahmslosen Vorrang des Erhaltungsinteresses bei überragender Schöpfungshöhe oder einzigartigen Werken. Der Vorwurf des Klägers, das landgerichtliche Urteil enthalte insoweit Widersprüche, greift deshalb nicht. Wesen einer Interessenabwägung ist gerade die Gewichtung und Bewertung der maßgeblichen und zu berücksichtigenden Abwägungspunkte. 
8. Das künstlerische Ansehen des Urhebers soll dabei aber nach einer Auffassung in der Literatur keine Rolle spielen (Bullinger in Wandtke/ Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 14 Rn. 17). Die Rechtsprechung berücksichtigt demgegenüber zu Recht den Rang der Werke auch mit Blick auf das künstlerische Ansehen des Urhebers (BGH GRUR 1989, 106 [107] – Oberammergauer Passionsspiele II , BGH GRUR 1982, 107 [109, 110] –Kircheninnenraumgestaltung ; OLG München GRUR 1986, 460 [461] – Unendliche Geschichte ).
9. Das Erhaltungsinteresse hängt auch von der Art und dem Ausmaß des Eingriffs ab, beispielsweise auf eine Veränderung der Gesamtwirkung (BGH GRUR 2008, 984 [986 Rn. 28] – St. Gottfried ; BGH GRUR 1999, 230 [231 f.] - Treppenhausgestaltung ; BGH GRUR 1974, 675 [676] – Schulerweiterung ; Schulze NZBau 2007, 611 [613]). Deshalb ist zu fragen, ob das Werk in seinen wesentlichen Zügen verändert wird (BGH GRUR 1971, 35 [37] – Maske in Blau ). Auch eine Entstellung im Sinne von § 14 UrhG muss sich auf den künstlerischen Gesamteindruck und damit auf die diesen prägenden schutzfähigen Gestaltungselemente beziehen (BGH GRUR 1982, 107 [110] – Kirchen-Innenraumgestaltung ). Wenn Gesamtcharakter, Grundkonzeption und künstlerische Substanz des Werks erhalten bleiben, ist der Eingriff zu dulden (BGH GRUR 1974, 675 [677] – Schulerweiterung ).
10. Die Urheberinteressen können Jahre und Jahrzehnte nach dem Tod des Urhebers an Gewicht verlieren, sie schwächen sich im Laufe der Jahre immer mehr ab und haben nicht notwendig dasselbe Gewicht wie zu Lebzeiten des Urhebers (BGH GRUR 2008, 984 [986 Rn. 29] – St. Gottfried ; BGH GRUR 1989, 106 [107] – Oberammergauer Passionsspiele II ; in der Literatur wird auch von Verblassung, Abschwächung gesprochen). 
11. Insoweit sind tatsächliche Feststellungen erforderlich, dass sich das Urheberinteresse verringert hat (BGH GRUR 2008, 984 [986 Rn. 29] – St. Gottfried ).
12. Weitere (über die Rechte aus Art. 14 GG hinausgehende) grundrechtlich geschützte Interessen des Eigentümers sind ebenfalls zu beachtende Abwägungskriterien (BGH GRUR 2008, 984 [987 Rn. 30 - 35] –St. Gottfried ).
13. Der Gebrauchszweck und die bestimmungsgemäße Verwendung des Bauwerks spielen bei Werken der Baukunst eine wesentliche Rolle, denn der Urheber muss mit wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers und des Lebens rechnen. Der Urheber eines Bauwerks weiß, dass der Eigentümer das Bauwerk für einen bestimmten Zweck verwenden möchte; er muss daher damit rechnen, dass sich aus wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers ein Bedarf nach Veränderungen ergeben kann (BGH GRUR 2008, 984 [987 Rn. 38] – St. Gottfried ; BGH GRUR 1999, 420 [426] – Verbindungsgang ; BGH GRUR 1974, 675 [676] –Schulerweiterung ). Das soll aber nicht bedeuten, dass stets solche Änderungen erlaubt sind, die der bestimmungsgemäße Gebrauchszweck erfordert, weil sich dann eine Interessenabwägung erübrigen würde – erforderlich ist auch insoweit eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Interessenabwägung (BGH GRUR 1974, 675 [677 f.] - Schulerweiterung ). Insgesamt wird bei Bauwerken den Nutzungsinteressen des Eigentümers aber eine größere Bedeutung zugemessen als bei anderen Werkarten (Schulze NZBau 2007, 611 [613]; Erdmann, FS für Piper, 1996, 655 [670] spricht von einer besonderen Änderungsanfälligkeit und [S. 672] von einem tendenziellen Zurücktreten der Urheberinteressen). 
14. In der Literatur wird ausgeführt, wenn der Gebrauchszweck aufrechtzuerhalten sei, seien Änderungen eher zuzulassen, würden Änderungen aus nutzungserhaltenden, wirtschaftlichen oder technischen Gründen keine erheblichen Entstellungen bewirken, setze sich in der Regel das Eigentümerinteresse durch (Wandtke/ Grunert in Wandtke/ Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 39 Rn. 22; Honschek GRUR 2007, 944 [947]; OLG München ZUM 1996, 165 [166] – Dachgauben {juris Rn. 12}). Bauwerke dürften grundsätzlich abgerissen werden, zumal es dem Eigentümer vorbehalten bleiben müsse, mit seinem Grundstück nach Belieben zu verfahren (Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 14 Rn. 28).
15. Zu berücksichtigen sind auch Modernisierungsinteressen. Der Bundesgerichthof führt dazu bezüglich einer Operette aus, im Hinblick auf Realitäten (des aufführenden Theaters – räumliche Verhältnisse, Zusammensetzung des künstlerischen Personals) und einen Wandel des Publikumsgeschmacks bestünde ein Modernisierungsspielraum (BGH GRUR 1971, 35 [38] – Maske in Blau ). Ulmer bemerkt dazu, es müsse dem Regisseur gestattet sein, das Stück mit neuen Augen, mit den Augen von heute zu sehen (Ulmer, GRUR 1971, 40 [41]).
16. Auch wirtschaftliche Gesichtspunkte können von Bedeutung sein, etwa die Veränderung eines Flachdachs in ein geneigtes Dach nach aufgetretenen Wasserschäden (OLG München ZUM 1996, 165 [166] – Dachgauben {juris Rn. 12}; Wedemeyer in FS Piper, 1996, 787 [788]; Bullinger in Wandtke/ Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 14 Rn. 35).
17. In die Abwägung dürfen grundsätzlich auch Allgemeininteressen einfließen, allerdings ist insoweit eine differenzierte Betrachtung geboten.
18. Bloße ästhetische und geschmackliche Gründe berechtigen nicht zu einer Veränderung, sie sind gegenüber dem Erhaltungsinteresse des Urhebers unbeachtlich (BGH GRUR 2008, 984 [987 Rn. 36] – St. Gottfried ; BGH GRUR 1999, 230 [232] – Treppenhausgestaltung ).
19. Die Abwägung bedarf (ebenso wie die Feststellung der Schöpfungshöhe) nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hier kommt es nicht auf die ästhetischen Feinheiten an, die ein auf dem Fachgebiet arbeitender Fachmann herausfühlt, sondern auf den ästhetischen Eindruck, den das Werk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt (BGH GRUR 2008, 984 [986 Rn. 20] – St. Gottfried ; BGH GRUR 1982, 107 [110] – Kirchen-Innenraumgestaltung ; BGH GRUR 1974, 675 [677] – Schulerweiterung ; BGHZ 24, 55 [68 - Ledigenheim ).
20. Trotz der erheblichen Schöpfungshöhe und des überragenden Rangs des Werkes, weshalb grundsätzlich ein hohes Erhaltungsinteresse des Urhebers besteht und trotz des erheblichen Eingriffs in das Gesamtbauwerk überwiegen die Eigentümerinteressen der Beklagten. Das Bestands- und Integritätsinteresse des Urhebers Paul Bonatz tritt hinter dem Veränderungsinteresse der Beklagten zurück. Maßgeblich und wesentlich ist insoweit, dass nach der vorliegenden Planung die berechtigten Modernisierungsinteressen der Beklagten bei dem Bahnhof als Zweck- und Verkehrsbau – Änderung des Kopfbahnhofs in einen Durchgangsbahnhof – nur mit einem Abriss der Seitenflügel und einer Veränderung der Treppenanlage in der großen Schalterhalle erreicht werden können, da der Durchgangsbahnhof die Seitenflügel durchsticht und die Treppenanlage nicht mehr als Zugang zu den Bahngleisen dienen kann. Für die konkret geplante Ausführung ist der Abriss zwingend erforderlich, um einen Durchgangsbahnhof schaffen zu können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Urheberinteressen angesichts der verbleibenden Schutzdauer von 16 Jahren erheblich an Gewicht verloren haben und dass die Beklagten mit dem Umbau des Bahnhofs ihrer öffentlichen Pflicht genügen, der Allgemeinheit eine moderne Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen.
21. Die geltend gemachten städtebaulichen Belange sind für die vorzunehmende Interessenabwägung demgegenüber nicht relevant.
OLG Stuttgart, Urteil, 06.10.2010, AZ: 4 U 106/10, Publikationsart: Kunst und Recht 2010, 195-209 / GRUR-RR 2011, 56-64 / ZUM 2011, 173-188 / DVBl 2011, 440-443 / IBR 2011, 28 / GRURPrax 2011, 15 / BauR 2011, 305 / IPRB 2011, 106 / IR 2011, 119-120 / GRUR-RR 2012, 136 / juris / EzD 2.2.6.1 Nr. 56 (mit Anm. W. Eberl) / http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=13575
Dirk Seichter, jurisPR-WettbR 2/2011 Anm. 2 / Frank Meier, BauR 2012, 867-874 / Anne Catrin Mahr, Daniel Schöneich, BauR 2014, 1395-1402 / Wolfgang Karl Göhner, DVBl 2011, 443-447 / Lucas Elmenhorst, Friederike von Brühl, GRUR 2012, 126-132 / Dirk Seichter, jurisPR-WettbR 2/2011 Anm. 2 

1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.1.1 Grundsätze
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
3.4.4 Urheberrecht
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1. Tatbestandsmerkmale, wie u. a. das Vorliegen wissenschaftlicher oder künstlerische Gründe, aus denen heraus eine Sache erhaltenswert, also Denkmal ist, von deren Vorliegen die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten abhängen, stellen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar (vgl. u. a BVerwG, Urteil vom 20.11.2003, Az.: 3 C 44.02, juris [Rn. 18]).
2. Die denkmalrechtlichen Bedeutungskategorien stellen lediglich tatbestandliche Voraussetzungen für die Annahme eines Denkmals dar und können als solche nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Die Pflichten des Denkmaleigentümers, namentlich seine Pflicht zur Erhaltung des Denkmals nach § 8 DSchG Bln sowie die Genehmigungspflicht bestimmter Maßnahmen nach § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 DSchG Bln folgen aus der Denkmaleigenschaft des in Rede stehenden Objekts und nicht aus der jeweiligen Bedeutungskategorie, die die Denkmaleigenschaft begründet.
3. Dies gilt auch dann, obschon der Umfang der einen Denkmaleigentümer treffenden Erhaltungspflicht maßgeblich von den jeweils einschlägigen Bedeutungskategorien abhängt, da in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass bei der Frage, ob Gründe des Denkmalschutzes der Genehmigung eines Vorhabens entgegenstehen, zu prüfen ist, ob das Denkmal durch die beabsichtigte Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfährt und diese wertende Einschätzung kategorienadäquat zu erfolgen hat, d. h. sich an den für das Schutzobjekt maßgeblichen Bedeutungskategorien orientieren muss (vgl. u. a. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.02.2008, Az.: 2 B 12.06, juris [Rn. 23]).
4. Zudem fehlt für die begehrte Feststellung des Nichtvorliegens einzelner Bedeutungskategorien das gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse, da die begehrte Feststellung den Klägern keinen rechtlichen Vorteil verschafft. Indem sich die Kläger mit ihrem Antrag gegen die Annahme der wissenschaftlichen und künstlerischen Bedeutung der Kleinhaussiedlung wenden, stellen sie die Denkmaleigenschaft ihrer Wohnhäuser nicht in Abrede, denn die in § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG Bln genannten vier Bedeutungskategorien gelten alternativ, d. h. ein Denkmal liegt bereits vor, wenn eine Kategorie erfüllt ist.
5. Ein Denkmalbereich ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 DSchG Bln eine Mehrheit baulicher Anlagen, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG Bln im Interesse der Allgemeinheit liegt, und zwar auch dann, wenn nicht jeder einzelne Teil des Denkmalbereichs ein Denkmal ist.
6. Denkmalbereiche in Form von Gesamtanlagen i. S. d. § 2 Abs. BLNDSCHG § 2 Abs. 3 DSchG Bln stellen Mehrheiten baulicher Anlagen dar, die durch einen inneren Funktionszusammenhang gekennzeichnet sind und in der Regel aus konzeptionell in einem Zug geplanten und errichteten (Einzel-) Denkmalen bestehen (OVG Berlin, Urteil vom 08.07.1999, Az.: 2 B 1.95, juris [Rn. 18]; Haspel/ Martin/ Wenz/ Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 2 Nr. 3.2.2).
7. Bei der Beurteilung der Denkmalfähigkeit und -würdigkeit eines Bauwerks oder - wie hier - einer Gesamtanlage kann sich das Gericht nach ständiger Rechtsprechung des Senats für die regelmäßig erforderliche sachverständige Beratung sowohl auf die von der Behörde herangezogenen Gutachten, Äußerungen oder fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen als Urteilsgrundlage als auch auf fachkundige Stellungnahmen der Behörde selbst stützen. Fachbehördliche gutachterliche Äußerungen eines Landesamtes für Denkmalpflege sind auf Grund der Sachkunde dieser Behörde, die mit ihrem Fachwissen in erster Linie dazu berufen ist, entsprechende Stellungnahmen abzugeben, eine hinreichende Grundlage für die Beurteilung einer Denkmaleigenschaft.
8. Die verfahrensrechtliche Stellung der Denkmalschutzbehörde als Beteiligter steht einer solchen Verwertung nicht entgegen, da allein die Wahrnehmung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben den Verdacht mangelnder Unabhängigkeit bei der Bewertung nicht zu begründen vermag (vgl. u. a. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.10.2011, Az.: 2 B 5.10, juris [Rn. 27 m. w. N.]).
9. Die geschichtliche Bedeutungskategorie des Denkmalschutzrechts ist erfüllt, wenn ein Bauwerk oder Gruppen von Gebäuden historische Ereignisse oder Entwicklungen anschaulich macht bzw. machen, also insoweit ein Aussagewert besteht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.10.2011, Az.: 2 B 5.10, juris [Rn. 29]).
10. Eine städtebauliche Bedeutung ist u. a. dann anzunehmen, wenn stadtbaugeschichtliche oder stadtentwicklungsgeschichtliche Unverwechselbarkeiten vorliegen, die einem Gebäude oder einer Gruppe von Gebäuden als historischem Bestandteil einer konkreten städtebaulichen Situation eine stadtbildprägende Außenwirkung, eine gewisse „Dominanz“ verleihen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.10.2011, Az.: 2 B 5.10, juris [Rn. 34 f.]; OVG Berlin, Urteil vom 06.03.1997, Az.: 2 B 33.91, NVwZ-RR 1997, 591 [593]).
11. Eine wissenschaftliche Bedeutung ist anzunehmen, wenn Gebäude oder andere Objekte wegen ihrer dokumentarischen Bedeutung für die Wissenschaft erhaltenswert sind, weil durch sie ein bestimmter Wissensstand einer geschichtlichen Epoche bezeugt wird oder weil sie als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung in Betracht kommen (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 06.03.1997, Az.: 2 B 33.91, NVwZ-RR 1997, 591 [593]; VGH Mannheim, Urteil vom 19.03.1998, Az.: 1 S 3307/96, juris [Rn. 18]).
12. An der Erhaltung der Reichsforschungssiedlung besteht im Hinblick auf die genannten Bedeutungskategorien ein öffentliches Interesse. Ein solches Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung eines denkmalfähigen Objekts ist anzunehmen, wenn eine allgemeine Überzeugung von der Denkmalwürdigkeit und der Notwendigkeit seiner Erhaltung besteht. Das ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn die Denkmalwürdigkeit in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines Kreises von Sachverständigen eingegangen ist (vgl. u. a. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.10.2011, Az.: 2 B 5.10, juris [Rn. 38]).
13. Der Denkmalwert der Reichsforschungssiedlung als Gesamtanlage ist nicht entfallen. Nach der Rechtsprechung des Senats entfällt das öffentliche Erhaltungsinteresse, wenn derart weitreichende bauliche Veränderungen erfolgt sind, dass die das jeweilige Denkmal ausmachenden Bedeutungskategorien nicht mehr sichtbar sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.10.2011, Az.: 2 B 5.10, juris [Rn. 38]).
14. Die streitgegenständlichen Maßnahmen, der Farbanstrich der Hauseingangstür und der Fensterklappläden, der Einbau von Milchglasscheiben in die Kassetten der Hauseingangstür, die Verkleidung der Dachgaube mit Schindeln sowie der Einbau eines Rollladens in das straßenseitige Fenster im Erdgeschoss und eines Kunststoffisolierglasfensters in die straßenseitige Dachgaube sind nach § 11 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 DSchG Bln genehmigungspflichtig, weil sie das Erscheinungsbild der Häuser verändern. Die Genehmigungspflicht setzt nicht voraus, dass die Beeinflussung des Erscheinungsbildes von besonderem Gewicht oder deutlich wahrnehmbar ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.02.2008, Az.: 2 B 12.06, juris [Rn. 20]).
15. Die Genehmigung ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. Gründe des Denkmalschutzes stehen einem Vorhaben entgegen, wenn das Schutzobjekt durch die Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfährt. Diese wertende Einschätzung hat „kategorienadäquat“ zu erfolgen, d. h. sie muss sich an den für das Schutzobjekt maßgeblichen Bedeutungskategorien orientieren.
16. Bezugspunkt für diese Prüfung ist die Reichsforschungssiedlung als Denkmalbereich.
17. Eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung scheidet allerdings aus, wenn bei einer so großen Anzahl von Häusern in der Kleinhaussiedlung an einem Bauteil derart umfangreiche Veränderungen vorgenommen worden sind, dass dieses Bauteil nicht mehr zu einem einheitlichen Erscheinungsbild der Siedlung beitragen kann. Bei einem Denkmalbereich in Form einer Gesamtanlage ist die Minderung der Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte Veränderungen nicht nur „kategorienadäquat“, sondern auch auf die betroffenen Bauteile beschränkt zu beantworten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.11.2006, Az.: 2 B 13.04, juris [Rn. 18]). Bezugsrahmen ist das gesamte Gebiet der Kleinhaussiedlung (vgl. zur Erhaltungsverordnung: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.03.2014, Az.: 2 B 7.12, juris [Rn. 27]).
18. Maßgeblich ist, welche Abweichungen vom Originalzustand zum Zeitpunkt der Eintragung des Denkmals in die Denkmalliste vorlagen, da bei einer vor Eintragung erfolgten Änderung von Originalbauteilen eine Rückführung in den früheren Zustand nicht mehr verlangt werden kann. Darüber hinaus sind die Veränderungen zu berücksichtigen, für die nach erfolgter Eintragung eine denkmalrechtliche Genehmigung erteilt wurde.
19. Eine denkmalrechtliche Schutzbedürftigkeit liegt schließlich nicht vor, wenn sich das konkret betroffene Bauteil bei Eintragung der Reichsforschungssiedlung in die Denkmalliste nicht mehr im originalgetreuen Zustand befand. Der Begriff der „Erhaltung“ beinhaltet lediglich die Bewahrung des Bestandes.
20. Er umfasst hingegen nicht die vollständige oder teilweise Wiederherstellung des historischen Originals im Wege der Ersetzung von Bauteilen, die bereits im Zeitpunkt der Eintragung in die Denkmalliste denkmalwidrig waren, durch neue form- und materialgetreue Bauteile.
21. Eine vom Wortlaut abweichende Auslegung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Denkmalschutzgesetzes. Soweit es nach § 1 Abs. 1 DSchG Bln Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege ist, Denkmäler nicht nur nach Maßgabe des Gesetzes zu „erhalten“, sondern u. a. auch zu „schützen“ und zu „pflegen“, kann auch hieraus nicht das Ziel einer Rückführung zu einem vor der Eintragung des Denkmals bestehenden Originalzustand hergeleitet werden.
22. Der Umstand, dass der Verfügungsberechtigte gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 DSchG Bln das Denkmal im Rahmen des Zumutbaren nicht nur „instand zu halten“ sondern auch „instand zu setzen“ hat, rechtfertigt ebenfalls nicht die Auslegung, dass ein zum Zeitpunkt der Eintragung bereits nicht mehr vorhandener Originalzustand anzustreben ist. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass eine „Wiederherstellung“ des früheren Zustandes nach § 13 Abs. 1 Satz 1 DSchG Bln nur dann verlangt werden kann, wenn ein Denkmal ohne Genehmigung verändert und dadurch in seinem Denkmalwert gemindert worden oder ganz oder teilweise beseitigt oder zerstört worden ist. Da die Genehmigungspflicht erst mit der Eintragung in die Denkmalliste entsteht, kann sich auch die Wiederherstellungspflicht nicht auf den Originalzustand, sondern nur auf den zum Zeitpunkt der Eintragung bestehenden Zustand beziehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.02.2008, Az.: 2 B 12.06, juris [Rn. 33]; zur Wiederherstellungspflicht: VerfGH Berlin, Beschluss vom 25.03.1999, Az.: 35/97, juris [Rn. 23]).
23. Der vorhandene Anstrich der Fensterklappläden und der Hauseingangstür an dem Haus der Klägerin zu 1. in mittelbraun/beige sowie der Fensterklappläden an dem Haus der Kläger zu 3. und zu 4. in grün ist denkmalrechtlich zu genehmigen. Zwar verlangt kein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahmen, Gründe des Denkmalschutzes stehen jedoch nicht entgegen (§ 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln).
24. Der jeweils gewählte Farbanstrich beeinträchtigt weder den bau- und architekturgeschichtlichen Aussagewert noch die städtebauliche Bedeutung der Gesamtanlage, obwohl er die Einheitlichkeit der Kleinhaussiedlung durchbricht, da er den Vorgaben des von der unteren Denkmalschutzbehörde in Zusammenarbeit mit interessierten Eigentümern erstellten „Maßnahmenkatalog(s) für die denkmalgeschützten Reihenhäuser der Reichsforschungssiedlung Haselhorst“, Stand März 2012, nicht entspricht.
25. Der blau/weiße Anstrich kann ferner nicht mit dem Argument verlangt werden, nur ein einheitlicher Anstrich wäre denkmalverträglich, denn die Farbgebung, soweit sie Klappläden und Haustüren betrifft, ist mit dem Verlust des bauzeitlichen Originals als einheitsstiftendes Merkmal untergegangen.
26. Eine dem historischen Original bzw. einer späteren Gestaltung mit eigenem Denkmalwert unstreitig nicht entsprechende einheitliche Farbgestaltung kann im Rahmen der denkmalrechtlichen Genehmigung von Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten nicht vorgeschrieben werden. Dies würde dazu führen, dass Verfügungsberechtigte, deren Fensterläden und/oder Haustüren noch im bauzeitlichen Originalton gestrichen sind, gezwungen wären, diesen im Falle einer notwendigen Instandsetzung durch einen nicht originalgetreuen Farbton zu ersetzen. Hierfür bietet das Berliner Denkmalschutzgesetz keine rechtliche Grundlage. Gemäß § 8 Abs. 1 DSchG Bln ist der Verfügungsberechtigte lediglich verpflichtet, das Denkmal im Rahmen des Zumutbaren instand zu halten und instand zu setzen, es sachgemäß zu behandeln und vor Gefahren zu schützen.
27. Gestalterische Vorgaben, die nicht dem bauzeitlichen Original oder einer späteren Änderung mit eigenem Denkmalwert entsprechen, können mit einer denkmalrechtlichen Genehmigung nicht durchgesetzt werden.
28. Der Einbau der Milchglasscheiben in die Kassetten der Hauseingangstür des Wohnhauses der Klägerin zu 2. ist hingegen nicht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln genehmigungsfähig, da diese Maßnahme den bau- und architekturgeschichtlichen Aussagewert sowie die städtebauliche Bedeutung der Gesamtanlage beeinträchtigt, durchbricht sie doch die Einheitlichkeit der Kleinhaussiedlung, die erforderlich ist, um die historische Aussage der Kleinhaussiedlung als Bestandteil der Reichsforschungssiedlung sichtbar zu machen.
29. Entgegen der Auffassung der Kläger stellt der Austausch der Holzkassetten gegen Milchglasscheiben schon deshalb keine geringfügige Beeinträchtigung dar, weil er augenfällig ist. Die Gestaltung der Hauseingangstür, die sich bei Eintragung der Reichsforschungssiedlung in die Denkmalliste unstreitig noch im originalgetreuen Zustand befand, ist wesentlich, da es sich um ein prägendes Merkmal eines Hauses handelt. Bei einer Haustür mit Holzkassetten handelt es sich um ein Bauteil, das nach wie vor zu einem einheitlichen Erscheinungsbild der Siedlung beiträgt.
30. Die Kostenbelastung für eine Wiederherstellung des originalgetreuen Zustands der Hauseingangstür kann keine Berücksichtigung finden, denn sie ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht Folge der denkmalpflegerischen Vorgaben, sondern des Umstandes, dass sich die Klägerin zu 2. über ihre Verpflichtung aus § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG Bln, vor Durchführung der Maßnahme eine denkmalrechtliche Genehmigung einzuholen, hinweggesetzt hat.
31. Der Einbau eines Rollladens in das straßenseitige Fenster im Erdgeschoss des Wohnhauses der Kläger zu 3. und 4. ist gleichfalls nicht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln genehmigungsfähig, da durch diese Maßnahme der bau- und architekturgeschichtliche Aussagewert sowie die städtebauliche Bedeutung der Gesamtanlage beeinträchtigt werden , weil sie ebenfalls die Einheitlichkeit der Kleinhaussiedlung durchbricht.
31. Es handelt sich dabei um eine nicht geringfügige Beeinträchtigung, da die Fenster ganz wesentlich zum optischen Eindruck eines Hauses beitragen, insbesondere, wenn - wie hier - die Fassade schlicht gehalten ist. Der Rollladen stellt einen Fremdkörper dar, weil er nicht nur in geschlossenem Zustand deutlich sichtbar ist, sondern auch der in der Fensteröffnung angebrachte Rollladenkasten ist augenfällig.
33. Entsprechendes gilt für den Austausch sowohl der bauzeitlichen Bretterverschalung der straßenseitigen Gauben der Wohnhäuser der Klägerinnen zu 2. und 5. gegen Schindeln als auch des Holzfensters in der straßenseitigen Gaube des Wohnhauses der Klägerin zu 5. gegen ein Kunststoffisolierglasfenster; dieser Austausche sind daher nicht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln genehmigungsfähig.
34. Zwar fehlt ein allgemeiner, voraussetzungslos geltender Grundsatz der Materialgerechtigkeit im Denkmalschutzgesetz Berlin. In Fällen, in denen bauzeitliche, das Erscheinungsbild prägende Holzfenster bei der Eintragung des Denkmals in die Denkmalliste noch vorhanden sind, ist jedoch in der Regel davon auszugehen, dass der Einbau von Kunststofffenstern zu einer mehr als nur geringfügigen Beeinträchtigung des Denkmals führt (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2008, a. a. O., Rn. 35). Dies setzt voraus, dass dem Material - wie im vorliegenden Fall - eine ausschlaggebende Bedeutung für den Denkmalwert zukommt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.02.2008, Az.: 2 B 12.06, juris [Rn. 32]). Die Reichsforschungssiedlung bildet als Gesamtanlage mit ihren einzelnen Bestandteilen den Stand der Bauforschung ab, die sich u. a. auf verschiedene Materialien bezog. Unabhängig davon, ob in diesem Rahmen konkret verschiedene Materialien für Fensterrahmen erprobt wurden, bildet der flächendeckende Einbau von Holzfenstern in der Kleinhaussiedlung in jedem Fall noch das üblicherweise zu dieser Zeit für das Bauteil Fenster verwendete Baumaterial ab.
OVG Berlin-Brandenburg, Urteil, 21.04.2016, AZ: 2 B 24.12, Publikationsart: BeckRS 2016, 47238
ABWEICHEND aber: OVG Hamburg, Urteil vom 23.06.2016, Az.: 3 Bf 100/14, http://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=180

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.5.3 Beseitigung
1.5.3.1 Kunststoffenster im Baudenkmal
1.5.3.2 Kunststoffenster im Ensemble
1.5.3.3 Dachfenster / Dachgestaltung im Baudenkmal / Ensemble
1.5.3.4 Fassaden im Ensemble
1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.2 Erscheinungsbild
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
2.3.4 Fenster
2.3.5 Fassaden
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1. Der Bestandsschutz nach Art. 14 GG rechtfertigt nicht einen Ersatzbau anstelle des bestandsgeschützten Bauwerks.
2. Daher ist eine Beseitigungsverfügung für ein gleichsam neuerrichtetes Bootshaus rechtmäßig, in dem im Zuge einer sog. "Sanierung" sämtliche Wände, Türen, Fenster, das Dach und das Rolltor erneuert worden waren, da dies einer - hier unzulässigen - Neuerrichtung gleichkomme.
3. Eine nicht mehr gedeckte Identitätsänderung liege insoweit vor, wenn die für die notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichten oder gar überstiegen.
4. Werde die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen so wesentlich geändert, dass es einem Neubau gleichkomme, gehe der Bestandsschutz verloren. Die Verwendung der ursprünglichen Fundamente reiche für die Annahme einer Sanierung nicht aus.
5. Da die Errichtung des Bootshauses den öffentlichen Belang des Naturschutzes verletze, komme auch eine nachträgliche Genehmigung nicht in Betracht. Denn hier werde das an dem Gewässer in einem 50m Abstand vom Ufer geltende Bauverbot (§ 61 BNatSchG, § 48 BbgNatSchG) verletzt.
6. Damit scheide eine Verletzung der Eigentumsgarantie aus: diese setze voraus, dass das Bootshaus formell und materiell rechtmäßig sei.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss, 29.01.2013, AZ: 10 N 91/12, Publikationsart: Juris

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.5.3 Beseitigung
1.5.3.6 Neuerrichtung im Ensemble
1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
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1. Die Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes - insbesondere § 4 Abs. 2 DSchG HH und das in § 6 DSchG HH zum Ausdruck kommende sog. ipsa lege-Prinzip - sind verfassungsgemäß.
2. Eine auf die Feststellung, eine bestimmte bauliche Anlage sei kein Baudenkmal i. S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG HH, gerichtete Klage kann auf bestimmte denkmalrechtliche Schutzkategorien i. S. v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG HH beschränkt bzw. konkretisiert werden.
3. Der in § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG HH zum Ausdruck kommende Eintragungsvorbehalt bezieht sich nur auf die Schutzpflichten der Verfügungsberechtigten aus § 7 DSchG HH. Der Genehmigungsvorbehalt aus § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG HH gilt demgegenüber unabhängig von der Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste.
4. Von geschichtlicher Bedeutung i. S. v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG HH sind nicht nur Objekte, die in ihrer Bausubstanz und äußeren Gestalt im Urzustand bestehen geblieben sind. Spätere Zusätze und Änderungen lassen den Denkmalwert grundsätzlich nicht entfallen.
5. Die Unterschutzstellung eines Gebäudes als Baudenkmal umfasst das Gebäude regelmäßig in seiner Gesamtheit. Die nach § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG HH auch mögliche Beschränkung der Unterschutzstellung auf einen Teil einer Anlage setzt voraus, dass dieser gegenüber dem nicht schutzwürdigen Teil überhaupt einer selbstständigen Bewertung unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes zugänglich ist und in diesem Sinn als abtrennbarer Teil der Anlage erscheint.
OVG Hamburg, Urteil, 23.06.2016, AZ: 3 Bf 100/14, Publikationsart: BeckRS 2016, 49064
Abweichung von OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 21.04.2016, Az.: 2 B 24.12, http://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=179

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.1 Eintragungspflicht
1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.5.3 Beseitigung
1.5.3.1 Kunststoffenster im Baudenkmal
1.5.3.2 Kunststoffenster im Ensemble
1.5.3.3 Dachfenster / Dachgestaltung im Baudenkmal / Ensemble
1.5.3.4 Fassaden im Ensemble
1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.2 Erscheinungsbild
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
2.3.4 Fenster
2.3.5 Fassaden
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1. § 11 Abs. 2 Sächsisches Denkmalschutzgesetz (SächsDSchG / DSchG SN) kann als Rechtsgrundlage für eine Anordnung zum Wiederaufbau eines widerrechtlich zerstörten Denkmals - hier einer im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Dresden belegenen, denkmalgeschützten Villa, welche ohne die dafür erforderliche Genehmigung bis auf die Grundmauern abgerissen worden war - herangezogen werden. Dies bezieht auch den Fall der vollständigen Zerstörung eines Denkmals mit ein.
2. Eine Anordnung der zuständigen Denkmalschutzbehörde zur (weitgehend) originalgetreuen Wiedererrichtung des Gebäudes wäre rechtmäßig.
3. Die erstinstanzliche Annahme, dass nach der vollständigen Zerstörung die Denkmaleigenschaft des Gebäudes untergegangen sei, trifft zwar zu, hat allerdings in Folge der gesetzgeberisch gewollten generalpräventiven Intention von § 11 Abs. 2 DSchG SN nicht zur Folge, dass das DSchG SN zum Zeitpunkt des Erlasses einer Wiedererrichtungsanordnung nicht mehr anwendbar war. Es ist insoweit nach DSchG SN nicht erforderlich, dass dem wieder zu errichtenden Gebäude ein Denkmalwert zuzusprechen ist.
4. Auch die weitere erstinstanzliche Annahme, wonach das wiedererrichtete Gebäude kein Denkmal mehr sein könne, weshalb die Verpflichtung zur Wiedererrichtung gegenüber dem Eigentümer/Verursacher eine reine Sanktionsmaßnahme sei, trifft zu, doch wollte der Gesetzgeber eben exakt diese Wiedererrichtungsmöglichkeit der zuständigen Denkmalschutzbehörde im Bedarfsfall aus generalpräventiven Gründen des Denkmalschutzes eröffnen. § 11 Abs. 2 DSchG SN steht neben den straf-und ordnungsrechtlichen Sanktionsvorschriften des DSchG SN und des StGB i. S. einer Schadensersatzvorschrift
5. § 11 Abs. 2 DSchG SN hat zur Folge, dass der Schädiger oder auch der Zustandsstörer durch eine widerrechtliche (vollständige) Zerstörung nicht entlastet wird. Dies soll eine generalpräventive Auswirkung insbesondere auf solche Denkmaleigentümer haben, die mit dem Gedanken spielen, ein (Kultur-) Denkmal ohne die erforderliche Genehmigung abzureißen.
6. Allerdings war das erstinstanzliche, klagestattgebende Urteil insofern im Ergebnis zutreffend, da die in der Wiedererrichtungsanordnung getroffene Störerauswahl fehlerhaft war.
7. Die zuständige Denkmalschutzbehörde, hier die Landeshauptstadt Dresden, prüft derzeit, ob unter Heilung des Ermessensfehlers die Wiedererrichtungsanordnung "wiederholt" werden wird.
OVG Sachsen (Sächsisches OVG), Urteil, 27.09.2018, AZ: 1 A 187.18, Publikationsart: NVwZ-RR 2019, 493 / BeckRS 2018, 38934 / DÖV 2019, S. 493 / LSK 2018, 38934
OVG Sachsen - Urteil v. 27.09.2018 - 1 A 187.18 - anonym.pdf

1.5 Sanktionen bei Zuwiderhandeln
1.5.1 Ordnungswidrigkeiten
1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
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VG Dresden, Urteil, 26.09.2017, AZ: 7 K 2270.15, Publikationsart: https://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=218 / becklink 2007931
rkr., aber hinsichtlich der denkmalrechtlichen Bewertung von § 11 Abs. 2 DSchG SN als unzutreffend erkannt: vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 27.09.2018, Az.: 1 A 187/18
VG Dresden - Urteil v. 26.09.2017 - 7 K 2270.15 - anonym.pdf

1.5 Sanktionen bei Zuwiderhandeln
1.5.1 Ordnungswidrigkeiten
1.5.4 Instandsetzung / Wiederherstellung
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals