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1.7.3.2 Denkmaleigenschaft

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1. In den Anwendungsbereich von Art. 49 AEUV fällt jeder Gebietsansässige eines Mitgliedstaats, unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit, der eine Beteiligung an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft hält, die ihm einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft verleiht und es ihm ermöglicht, deren Tätigkeiten zu bestimmen (vgl. Urteil N, C-470/04, EU:C:2006:525, Rn. 27).
2. Nach ständiger Rechtsprechung steht Art. 49 AEUV jeder nationalen Regelung entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der vom Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Unionsangehörigen zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (vgl. u. a. Urteil Attanasio Group, C-384/08, EU:C:2010:133, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
3. In Fällen in denen der steuerpflichtige Denkmaleigentümer, der wie im Streitfall nicht in den Niederlanden (sondern in Belgien) wohnt, aber für die niederländische Steuerregelung für Gebietsansässige optiert hat, weil er in diesem Mitgliedstaat seine gesamte Erwerbstätigkeit ausübt, führt diese Regelung zu einer unterschiedlichen Behandlung von ein Denkmalgebäude bewohnenden Steuerpflichtigen, je nachdem, ob ihr Wohnort im Inland liegt oder nicht.
4. Diese unterschiedliche Behandlung könnte Steuerpflichtige, die ein im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats belegenes Denkmalgebäude bewohnen, davon abhalten, ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben (Beschränkung der Niederlassungsfreiheit).
5. Eine diskriminierende Unterscheidung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden im Sinne des Vertrags könnte jedoch nur dann vorliegen, wenn ungeachtet ihres Wohnsitzes in verschiedenen Mitgliedstaaten nachgewiesen wäre, dass sich beide Gruppen von Steuerpflichtigen in Bezug auf den Zweck und den Inhalt der fraglichen nationalen Vorschriften in einer vergleichbaren Lage befinden (vgl. Urteil Kommission/Estland, C-39/10, EU:C:2012:282, Rn. 51).
6. Gegenstand der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung sind nämlich die Erhaltung und der Schutz des kulturgeschichtlichen Erbes der Niederlande durch eine besondere Abzugsmöglichkeit für bestimmte Aufwendungen in Bezug auf insbesondere solche Denkmalgebäude, die ihrem Eigentümer als Wohnung dienen.
7. Im Übrigen hat das Königreich der Niederlande im Hinblick auf diese Zielsetzung die genannte Abzugsmöglichkeit für Steuerpflichtige, die Eigentümer eines in den Niederlanden belegenen Denkmalgebäudes sind, auch insoweit vorgesehen, als sie in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wie aus den schriftlichen Erklärungen der niederländischen Regierung hervorgeht.
8. Somit steht der Umstand, dass ein Steuervorteil, durch den das kulturgeschichtliche Erbe der Niederlande geschützt werden soll, nur den Eigentümern von im Inland belegenen Denkmalgebäuden gewährt wird, in einem inneren Zusammenhang mit dem vom nationalen Gesetzgeber verfolgten Ziel.
9. Die sich daraus ergebende unterschiedliche Behandlung betrifft daher Kategorien von Steuerpflichtigen, deren Situationen nicht als objektiv vergleichbar angesehen werden können.
10. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis erbrächte, dass das in seinem Eigentum stehende Denkmalgebäude trotz seiner Lage im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Königreichs der Niederlande dennoch zum niederländischen kulturgeschichtlichen Erbe gehört und dass es aufgrund dieses Umstands, wenn es nicht außerhalb des Hoheitsgebiets läge, Gegenstand des Schutzes nach dem niederländischen Denkmalschutzgesetz sein könnte.
11. Demnach ist Art. 49 AEUV dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach denen zum Schutz des nationalen kulturgeschichtlichen Erbes der Abzug von Aufwendungen für Denkmalgebäude nur den Eigentümern von in seinem Hoheitsgebiet belegenen Denkmalgebäuden ermöglicht wird, sofern diese Möglichkeit Eigentümern von Denkmalgebäuden, die trotz ihrer Lage im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zum nationalen kulturgeschichtlichen Erbe des erstgenannten Mitgliedstaats gehören können, eröffnet ist.
EuGH, Urteil, 18.12.2014, AZ: C-87/13, Publikationsart: IStR 2015, 70-72 / Juris

1.7 Förderung
1.7.3 Einkommensteuererleichterungen
1.7.3.2 Denkmaleigenschaft