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2.4 Veränderungen in der Umgebung

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1. Die (Wieder-) Aufstellung (hier von vierzig) Gartenzwergen auf dem Vordach eines Baudenkmals kann gegen denkmalschutzrechtliche Vorschriften verstoßen.
2. Im Hinblick auf die Art der Befestigung der Gartenzwerge auf dem Vordach sowie der auf Dauer angelegten Umgestaltung des Vordachs durch das Anbringen der Gartenzwerge handele es sich nicht um eine nur vorübergehende Dekoration, sondern vielmehr um eine denkmalrechtlich relevante Umgestaltung (Veränderung), die einer Genehmigungspflicht gemäß § 16 Abs.1 Nr. 3 DSchG (a. F.) unterliegt.
3. Im konkreten Fall stellten die Gartenzwerge eine mehr als unerhebliche Beeinträchtigung des historischen Erscheinungsbildes dar.
4. Da die Aufstellung der Gartenzwerge ohne denkmalrechtliche Genehmigung verboten sei, sei sie dem beklagten Mitbewohner des Baudenkmals, der die Gartenzwerge eigenmächtig entfernt hatte, auch nicht zuzumuten.
AmtsG Wiesbaden, Urteil, 05.12.2016, AZ: 93 C 4622/13, Publikationsart: BeckRS 2016, ***** (in Vorbereitung)

1.1.10 Denkmaleigenschaft und Zivilrecht
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.10 Nachbarschutz
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.4 Umgebender Park, Garten, etc.
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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BayVerfGH, Entscheidung, 21.03.2016, AZ: Vf. 21-VII-15, Publikationsart: BayVBl 2016, 743-747

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Nach Art. 98 Satz 4 Bay. Verf. (BV), Art. 55 Abs. 1 Satz 1 BayVfGHG hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen.
2. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts. Auch ein Bebauungsplan, der von einer Gemeinde gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen ist, kann sowohl insgesamt als auch hinsichtlich einzelner Festsetzungen Gegenstand einer Popularklage nach Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 Abs. 1 Satz 1 BayVfGHG sein (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 27.06.2012, Az. Vf. 17-VII-09, juris / VerfGHE 65, 125 [130]; Entscheidung vom 23.08.2012, Az.: Vf. 4-VII-12, BeckRS 2012, 56595 / BayVBl 2013, 17 / LSK 2013, 020237; Entscheidung vom 28.10.2014,  Az.: Vf. 7-VII-14, BeckRS 2014, 58152 / BayVBl 2015, 337 [Rn. 24] / LSK 2015, 230069; Entscheidung vom 13.5.2015, Az.: Vf. 16-VII-14, BeckRS 2015, 47455 / BayVBl 2015, 677 [Rn. 34] / LSK 2015, 410347 / NuR 2015, 851).
3. Die Popularklage dient dem Schutz der Grundrechte gegenüber Rechtsvorschriften, von denen noch rechtliche Wirkungen ausgehen können, nicht dagegen der nachträglichen Beseitigung bestandskräftiger Entscheidungen, die im Vollzug solcher Rechtsvorschriften ergangen sind (BayVerfGH, Entscheidung vom 29.04.1993, Az.: Vf. 10-VII-91, BeckRS 2014, 54212 / VerfGHE 46, 137 [139 f.] / FHOeffR 44 Nr. 7631 / BayVBl 1993, 428 / BayVerfGHE 46, 137; Entscheidung vom 28.10.2014, Az.: Vf. 7-VII-14, BayVBl 2015, 337 [Rn. 30] / BeckRS 2014, 58152 / LSK 2015, 230069).
4. Das Bayerische Verfassungsgerichtshofsgesetz enthält zwar keine ausdrückliche Regelung zur Frage, welche Rechtsfolgen sich aus der Nichtigerklärung einer Rechtsvorschrift für darauf beruhende, rechtskräftig gewordene und vollzogene Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen ergeben. Eine entsprechende Anwendung des § 79 BVerfGG, hier des Absatzes 2 Satz 1 dieser Vorschrift, liegt aber nahe (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 29.04.1993, Az.: Vf. 10-VII-91, a. a. O., insb. VerfGHE 46, 137 [140 m. w. N.]). Danach bleiben die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Dies kann Auswirkungen im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Popularklage haben. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verneint das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag gemäß § 47 VwGO gegen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, wenn das Vorhaben auf Grund einer bestandskräftigen Baugenehmigung bereits verwirklicht worden ist (BayVGH, Urteil vom 01.06.2015, Az.: 2 N 13.2220, IBRRS 2015, 2940 / IMRRS 2015, 1307 / BayVBl 2015, 864 [Rn. 26] / LSK 2015, 360469 / NVwZ-RR 2015, 776 / BauR 2015, 1484 / UPR 2016, 194).
5. Auch wenn die Baumaßnahmen für das Vorhaben bereits begonnen haben und mittlerweile weit fortgeschritten sind, ist davon auszugehen, dass der Antragsteller noch ein Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans hat. Das Bauvorhaben wird nicht auf der Grundlage einer Baugenehmigung errichtet, sondern ist nach Art. 58 BayBO von einer Genehmigung freigestellt. Solange es noch nicht vollständig fertig gestellt ist, könnte die Bauaufsichtsbehörde im Fall der Nichtigerklärung des Änderungsbebauungsplans die Einstellung der Arbeiten anordnen (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO).
6. Die Erhebung der Popularklage ist an keine Frist gebunden. Gleichwohl kann die Antragsbefugnis für eine Popularklage nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes durch Verwirkung erlöschen, wenn seit der Möglichkeit ihrer Erhebung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten (Umstandsmoment), die die späte Erhebung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 04.05.2012, Az.: Vf. 10-VII-11, VerfGHE 65, 73 [80] / IBRRS 2012, 2137 / BeckRS 2012, 50241 / LSK 2012, 320199 / BauR 2012, 1438 / BayVBl 2013, 207 / NuR 2012, 479; Entscheidung vom 27.06.2012, Az.: Vf. 17-VII-09, VerfGHE 65, 125 [130] / LSK 2013, 040313 / BayVBl 2013, 45). Dies ist anzunehmen, wenn ein Antragsteller unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des geltend gemachten Rechts unternommen zu werden pflegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.01.1972, Az.: 2 BvR 255/67, BVerfGE 32, 305 [308 f.] / NJW 1972, 675 / BeckRS 9998, 108522 / LSK 1972, 940929 / FHOeffR 23 Nr. 2403 / DÖV 72, 312 / MDR 72, 395 / JZ 72, 244 / JR 72, 244 / JuS 72, 470 / BStBl. 72 II, 306 / DB 72, 712 / BB 72, 431; Beschluss vom 04.03.2008, Az.: 2 BvR 2111, 2112/07 / LSK 2008, 370125 / NStZ 2009, 166 / JuS 2008, 554 / BeckRS 2008, 33785 / BVerfGK 13, 382 / AfP 2008, 172). Von besonderer Bedeutung ist dieser Gedanke bei Rechtsvorschriften, die nicht während einer unbestimmt langen Geltungsdauer in abstrakt-genereller Weise fortlaufend Rechte und Pflichten begründen, sondern sich im Wesentlichen in einer konkreten und individuellen Regelung erschöpfen, wie dies beim vorliegenden Bebauungsplan der Fall ist (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 04.05.2012, Az.: Vf. 10-VII-11, VerfGHE 65, 73 [80 f.] / a. a. O.; Entscheidung vom 27.06.2012, Az.: Vf. 17-VII-09, VerfGHE 65, 125 [130]).
7. Zwar hat der Antragsteller die mit Abwägungsmängeln begründete Popularklage gegen den angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erst ca. ein Jahr nach dessen öffentlicher Bekanntmachung eingereicht, obwohl er mit einer baldigen Realisierung des Vorhabens rechnen musste. Nachdem jedoch die Baumaßnahmen bei Einreichung der Popularklage noch nicht weit fortgeschritten waren und auch sonst keine Umstände ersichtlich sind, die das Zuwarten als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen, ist die Antragsbefugnis nicht durch Verwirkung erloschen.
8. Der Antragsteller hat nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 BayVfGHG in hinreichend substanziierter Weise dargelegt, aus welchen Gründen der angegriffene Bebauungsplan nach seiner Auffassung gegen ein durch die Verfassung gewährleistetes Grundrecht (Art. 118 Abs. 1 BV) verstößt.
9. Will der Antragsteller mit der Popularklage erreichen, dass der Verfassungsgerichtshof Abwägungsfehler der Bauleitplanung unter Willkürgesichtspunkten beanstandet, muss er sich mit den Überlegungen des Satzungsgebers auseinandersetzen. Es genügt regelmäßig nicht, wenn ein Antragsteller lediglich das Abwägungsergebnis beanstandet, indem er die Sach- und Rechtslage aus seiner Sicht darstellt und bewertet. Er muss seine Willkürrüge vielmehr in Bezug setzen zu den die Abwägung tragenden Erwägungen der Gemeinde, wie sie in der Begründung des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 8 i. V. m. § 2a BauGB) oder anderweitig, etwa in Sitzungsunterlagen des kommunalen Beschlussgremiums, dokumentiert sind (BayVerfGH, Entscheidung vom 04.05.2012, Az.: Vf. 10-VII-11, VerfGHE 65, 73 [87]; Entscheidung vom 28.10.2014, Az.: Vf. 7-VII-14, BayVBl 2015, 337 [Rn. 26] / BeckRS 2014, 58152 / LSK 2015, 230069).
10. Diesen Anforderungen werden die Darlegungen des Antragstellers noch gerecht. Sie lassen erkennen, dass die Gemeinde nach Ansicht des Antragstellers die Belange des Denkmalschutzes in sachlich schlechthin nicht mehr zu rechtfertigender Weise missachtet und die äußersten Grenzen ihres normgeberischen Ermessens überschritten hat. Ob ein solcher Verstoß tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Popularklage.
11. Ist die Popularklage - wie hier - in zulässiger Weise erhoben, überprüft der Verfassungsgerichtshof die angefochtene Regelung anhand aller in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, auch wenn diese - wie das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV - keine Grundrechte verbürgen (vgl. Entscheidung vom 27.06.2012, Az.: Vf. 17-VII-09, VerfGHE 65, 125 [132]; Entscheidung vom 13.5.2015, Az.: Vf. 16-VII-14, BeckRS 2015, 47455 / BayVBl 2015, 677 [Rn. 37] / LSK 2015, 410347 / NuR 2015, 851).
12. Die Popularklage ist aber unbegründet. Der angegriffene Bebauungsplan ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) gegeben.
13. Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren sind allein die Vorschriften der Bayerischen Verfassung, nicht aber Normen des Bundesrechts. Ein möglicher Verstoß einer landesrechtlichen Norm, wie sie ein gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als gemeindliche Satzung zu beschließender Bebauungsplan darstellt, gegen Bundesrecht kann zwar zu einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips führen. Unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV kann der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht umfassend prüfen, ob der Normgeber einer landesrechtlichen Regelung - hier die Gemeinde als Satzungsgeber - die rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen einer bundesrechtlichen Ermächtigung in jeder Hinsicht zutreffend beurteilt und ermittelt und ob er andere bundesrechtliche Vorschriften in ihrer Bedeutung für den Inhalt seiner Regelung richtig eingeschätzt hat.
14. Das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV wäre vielmehr erst dann betroffen, wenn der Normgeber des bayerischen Landesrechts - hier die Gemeinde als Satzungsgeber - offensichtlich den Bereich der Rechtsordnung des Bundes verlassen und Landesrecht eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis geschaffen hätte. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip kann außerdem erst dann angenommen werden, wenn der Widerspruch der erlassenen Norm zum Bundesrecht nicht nur offensichtlich zutage tritt, sondern auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 13.07.2009, Az.: Vf. 3-VII-09, VerfGHE 62, 156 [159 f.] / BeckRS 2009, 39902 / BayVBl 2010, 43 / NVwZ-RR 2009, 825; Entscheidung vom 27.06.2012, Az.: Vf. 17-VII-09, VerfGHE 65, 125 [132 f.]; Entscheidung vom 13.5.2015, Az.: Vf. 16-VII-14, BeckRS 2015, 47455 / BayVBl 2015, 677 [Rn. 40] / LSK 2015, 410347 / NuR 2015, 851).
15. Gemäß § 1 Abs. 1 BauGB ist es Aufgabe der Bauleitplanung, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dies bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde, die vom Gesetz zu einer ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entsprechenden „Städtebaupolitik“ ermächtigt wird. Es obliegt ihrem planerischen Ermessen, welche Ziele sie sich dabei setzt. Allerdings muss ihre Planung von städtebaulichen Belangen getragen sein und städtebaulich sinnvolle Festsetzungen treffen. Dabei kann die Entwicklungs- und Ordnungsfunktion der Bauleitplanung auch hinsichtlich nur eines Grundstücks oder weniger Grundstücke bestehen (BayVerfGH, Entscheidung vom 29.03.2012, Az.: Vf. 5-VII/11, BeckRS 2012, 49484 / BayVBl 2013, 14 [15 m. w. N.] / LSK 2013, 020081).
16. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die anhand des Abwägungsgebots zu beurteilenden Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung (BayVGH, Urteil vom 11.02.2014, Az.: 1 N 10.2254, juris [Rn. 28] / BeckRS 2014, 47679). Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung billigt der planenden Gemeinde insoweit einen relativ großen Spielraum zu und sieht die Grenzen der Erforderlichkeit in Richtung auf eine bloße Gefälligkeitsplanung erst dann als überschritten an, wenn lediglich private Interessen bevorzugt werden, ohne dass eine ausreichende Rechtfertigung durch städtebauliche Gründe vorhanden ist (BayVGH, Beschluss vom 05.02.2015, Az.: 2 CS 14.2456, juris [Rn. 10] / BeckRS 2015, 42391).
17. Eine Gemeinde darf demgegenüber im Rahmen ihrer „Städtebaupolitik“ hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen und sich dabei an den Wünschen der Grundstückseigentümer im Plangebiet orientieren (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 16.02.2009, Az.: Vf. 13-VII/07, VerfGHE 62, 23 [26] / BeckRS 2009, 31690 / NJOZ 2009, 2875 / LSK 2009, 320105 / BayVBl 2010, 464; BayVerfGH, Entscheidung vom 04.05.2012, Az.: Vf. 10-VII-11, VerfGHE 65, 73 [83]; Entscheidung vom 13.5.2015, Az.: Vf. 16-VII-14, BeckRS 2015, 47455 / BayVBl 2015, 677 [Rn. 58] / LSK 2015, 410347 / NuR 2015, 851). Denn es liegt auf der Hand, dass häufig der Wunsch oder die Bereitschaft von Grundstückseigentümern, ihre Flächen einer Bebauung zuzuführen, überhaupt erst das Bedürfnis nach einer Bauleitplanung auslöst (BayVerfGH, Entscheidung vom 13.07.2009, Az.: Vf. 3-VII-09, VerfGHE 62, 156 [160 f.]; Entscheidung vom 23.02.2010, Az.: Vf. 12-VII/09, BeckRS 2010, 48440 / LSK 2011, 030124 / BayVBl 2011, 14 / VerfGHE 63, 17 [24]). Dies gilt in besonderem Maß für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, der nach dem in § 12 BauGB zum Ausdruck kommenden Willen des Bundesgesetzgebers der Durchführung eines bestimmten Projekts dient und daher konkrete Bauabsichten des Vorhabenträgers voraussetzt (BayVerfGH, Entscheidung vom 04.05.2012, Az.: Vf. 10-VII-11, VerfGHE 65, 73 [84]).
18. § 1 Abs. 7 und § 2 Abs. 3 BauGB verpflichten die Gemeinde, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange vollständig zu ermitteln, zu bewerten und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, Az.: IV C 105/66, BVerwGE 34, 301 [309] / VerwRspr 1970, 571 / BeckRS 1969 30426362 / BayVBl. 70, 180; DVBl. 70, 414 / MDR 70, 702 / RdL 70, 80 / VRspr. 21, 571; BVerwG, Urteil vom 05.07.1974, Az.: IV C 50/72, BVerwGE 45, 309 [314 f.]).
19. Eine Verletzung des Abwägungsgebots liegt jedoch nicht vor, wenn aufgrund einer vertretbaren Bewertung der berührten Belange im Fall der Kollision einzelner Belange bestimmte bevorzugt und andere zurückgesetzt werden. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten Belange gehört vielmehr zum Wesen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde (BayVerfGH, Entscheidung vom 23.08.2012, Az.: Vf. 4-VII-12, BayVBl 2013,17 [18 m. w. N.] / BeckRS 2012, 56595 / LSK 2013, 020237).
20. Zu den in die Abwägung einzustellenden öffentlichen Belangen gehört neben den bundesrechtlich insbesondere in § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführten Interessen auch die dem Staat, den Gemeinden und den Körperschaften des öffentlichen Rechts gemäß Art. 141 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BV obliegende Aufgabe, kennzeichnende Ortsbilder zu schonen und zu erhalten sowie Denkmäler der Kunst und der Geschichte zu schützen und zu pflegen. Der landesrechtliche Normgeber, der aufgrund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig wird, hat jedenfalls dort, wo ihm ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, auch die ihn bindende Bayerische Verfassung zu beachten. Gibt das Bundesrecht dem landesrechtlichen Normgeber -wie in § 1 Abs. 7 BauGB - nur einen Rahmen, innerhalb dessen er verschiedene Lösungen wählen kann, dann ist Landesverfassungsrecht innerhalb dieses Gestaltungsspielraums nicht verdrängt.
21. Art. 141 Abs. 1 und 2 BV bestimmen in den Grundzügen die wichtigsten Aufgaben, die sich auf Grund der Staatsfundamentalnorm des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BV stellen. Es handelt sich dabei nicht um bloße Programmsätze, sondern um bindendes objektives Verfassungsrecht, an dem die Handlungen und Unterlassungen von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu messen sind (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 22.07.2008, Az.: Vf. 11-VII-07, VerfGHE 61, 172 [181 f.] / IBRRS 2008, 2796 / BeckRS 2008, 37317 / NVwZ 2008, 1234 / LSK 2008, 410391 / BayVBl 2009, 142; BayVerfGH, Entscheidung vom 13.07.2009, Az.: Vf. 3-VII-09, VerfGHE 62, 156 [163 f.]; Entscheidung vom 17.03.2011, Az.: Vf. 17-VII/10, BeckRS 2011, 50221 / LSK 2011, 320235 / BayVBl 2011, 433 / VerfGHE 64, 20 [27, jeweils m. w. N.]).
22. Allerdings haben die Staatsziele des Art. 141 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BV gegenüber den der Planung zu Grunde liegenden städtebaulichen Anliegen der Gemeinde keinen abstrakten Vorrang. Vielmehr bleibt es Aufgabe einer Gemeinde, sich im Rahmen sachgerechter Abwägung selbst darüber schlüssig zu werden, welchen Belangen sie letztlich das stärkere Gewicht beimessen will (BayVerfGH, Entscheidung vom 27.06.2012, Az.: Vf. 17-VII-09, VerfGHE 65, 125 [137]).
23. Die Gemeinde hat die Belange des Denkmalschutzes im Aufstellungsverfahren wie geboten (§ 2 Abs. 3, § 4 a Abs. 1BauGB) durch Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ermittelt und die insoweit geäußerten Bedenken in ihre Abwägung eingestellt. Zu berücksichtigen war dabei insbesondere die räumliche Nähe des geplanten Einfamilienhauses zum Schloss Adlitz, das mit folgender Beschreibung als Baudenkmal in der Denkmalliste des Landesamts für Denkmalpflege aufgeführt ist:
Ehem. Schloss, turmartiger, dreigeschossiger Sandsteinquaderbau über quadratischem Grundriss, mit Walmdach und hofseitigem achteckigem Treppenturm mit Spitzhelm, spätes 15. /frühes 16. Jh., nach zweimaliger Zerstörung erneuert 1718 und 1790; Toreinfahrt, barocke Sandsteintorpfosten, 18. Jh.
24. Auch wenn das Vorhaben das Schloss nicht unmittelbar in seinem Bestand betrifft, wirkt es sich auf die Sichtbeziehungen zum Schloss und damit auf dessen Erscheinungsbild aus. Jeweils nach Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange befasste sich der Gemeinderat eingehend mit den Einwendungen und stimmte über die Beschlussvorlagen mit ausführlichen Abwägungserwägungen zu jeder eingegangenen Äußerung einzeln ab. Trotz der im Aufstellungsverfahren gegen den Entwurf des Bebauungsplans geäußerten Bedenken war die Gemeinde nicht gehindert, nach Abwägung der betroffenen Belange an ihrem Entwurf festzuhalten. Die verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Entscheidung, welchen Belangen sie das stärkere Gewicht beimessen und wie sie die widerstreitenden Interessen zum Ausgleich bringen will, hat sie dabei nicht überschritten. Die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen (§ 1Abs. 6 Nr. 2 BauGB) und stehen als Abwägungsbelang der Baukultur, dem Denkmalschutz und der Denkmalpflege (§ 1Abs. 6 Nr. 5 BauGB) grundsätzlich gleichrangig gegenüber.
25. Die im Rahmen der Anhörung abgegebenen Stellungnahmen namentlich des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege und der Kreisheimatpflegerin sind zwar bei der Abwägung mit dem ihnen zukommenden Gewicht zu würdigen, haben aber keine bindende Wirkung (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, BayVBl 2014, 502 [Rn. 21, 33] / BeckRS 2013, 54624 / LSK 2014, 080326 / BayVBl 2014, 502 / NuR 2014, 292 /UPR 2014, 239).
26. Aus Art. 141 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BV folgt auch nicht, dass Baudenkmäler und vorhandene Sichtachsen unveränderbar wären. Die Gemeinde hat sich bei ihrer Abwägung von der Überlegung leiten lassen, dass eine städtebauliche Entwicklung aufgrund der Topographie und der bestehenden Infrastruktur nur in Richtung Süden möglich sei. Das geplante Vorhaben liege nicht im historischen, teilweise bereits bebauten Schlossgarten und befinde sich in einem ausreichenden Abstand von mehr als 70 m zum Schloss sowie außerhalb des nach dem Flächennutzungsplan frei zu haltenden Sichtkorridors. Das Einzeldenkmal Schloss Adlitz werde in seiner Bausubstanz nicht berührt. Die Wahrnehmbarkeit des Schlosses sei sehr stark abhängig vom Standort des Betrachters. Während das Schloss vom Höhenweg aus eine gute Fernwirkung habe, sei es im Ort auf Grund der umliegenden Bebauung und der vorhandenen Vegetation kaum wahrnehmbar. Außerdem befinde sich das Vorhaben von verschiedenen Blickpunkten aus nicht in einer direkten Sichtachse zum Schloss. Um die Beeinträchtigung so gering wie möglich zu halten, hätten der Vorhabenträger und die Gemeinde die ursprüngliche Planung abgeändert; u. a. sei der Baukörper so schmal wie möglich gestaltet und bis auf den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstand nach Westen verschoben worden. Die Festsetzungen eines flach geneigten Satteldachs in Nord-Süd-Ausrichtung und einer Firsthöhe von maximal 7,50 m dienten der Erhaltung der bestehenden Fernwirkung des Schlosses. Ein Flachdach werde hingegen nicht als geeignet angesehen, da dieses als einziges seiner Art in Adlitz wie ein Fremdkörper wirken würde.
27. Diese Bewertung der berührten Belange überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde nicht.
28. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. Er lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Dabei bleibt es dem Ermessen des Normgebers überlassen zu bestimmen, in welcher Weise dem Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind, wenn für die getroffene Regelung jeder sachliche Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt. Dementsprechend weit ist auch der Gestaltungsspielraum einer Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu überprüfen, ob die Festsetzungen in einem Bebauungsplan die bestmögliche oder gerechteste Lösung darstellen. Er kann nicht seine eigenen Abwägungen und Überlegungen an die Stelle derjenigen des Normgebers setzen. Hat dieser sich bei einer Kollision verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung anderer Belange entschieden, so liegt ein Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV nur dann vor, wenn sich ein sachgerechter Grund für die getroffene Regelung bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlechterdings nicht feststellen lässt (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 31.05.2006, Az.: Vf. 1-VII/05, BeckRS 2006, 24395 / VerfGHE 59, 109 [114 f] / DÖV 2006, 824 / BayVBl 2006, 598 / NuR 2006, 764 / ZUR 2006, 546 / LSK 2006, 370462 / NVwZ 2006, 1158; BayVerfGH, Urteil vom 22.07.2008, Az.: Vf.11-VII-07/180 f. / IBRRS 2008, 2796 / BeckRS 2008, 37317 / NVwZ 2008, 1234 / LSK 2008, 410391 / BayVBl 2009, 142 / BayVerfGHE 61, 172; Entscheidung vom 17.03.2011, Az.: Vf. 17-VII/10, BeckRS 2011, 50221 / LSK 2011, 320235 / BayVBl 2011, 433 / BayVerfGHE 64, 20 [30]).
29. Ein Bebauungsplan kann nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs gegen das Willkürverbot des Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen, wenn eine Gemeinde die sich aus Art. 141 Abs. 1 und 2 BV ergebenden Verpflichtungen bei der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB offensichtlich in krasser Weise verkennt (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom vom 22.07.2008, Az.: Vf.11-VII-07, IBRRS 2008, 2796 ff. / BeckRS 2008, 37317 / NVwZ 2008, 1234 / LSK 2008, 410391 / BayVBl 2009, 142 / BayVerfGHE 61, 172; Entscheidung vom 17.03.2011, Az.: Vf. 17-VII/10, BeckRS 2011, 50221 / LSK 2011, 320235 / BayVBl 2011, 433 / BayVerfGHE 64, 20 [30]). Solche krassen Fehleinschätzungen weist die Planung jedoch nicht auf. Die Gemeinde hat bei der Aufstellung des Bebauungsplans nicht willkürlich im Sinn des Art. 118 Abs. 1 BV gehandelt, sondern die maßgeblichen widerstreitenden Belange, insbesondere diejenigen des Denkmalschutzes, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen.
BayVerfGH, Entscheidung, 09.03.2016, AZ: Vf. 17-VII-15, Publikationsart: BeckRS 2016, 44486 / BayVBl. 2016, 517-521

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.2 Bebauungsplan
2.4 Veränderungen in der Umgebung
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1. Die Antragsteller haben nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 BayVfGHG in noch hinreichend substantiierter Weise dargelegt, aus welchen Gründen der Bebauungsplan Nr. 214 A „Hotel und Kongresszentrum / Akademie auf dem ehemaligen Gießereigelände“ der Stadt Ingolstadt nach ihrer Auffassung gegen ein durch die Verfassung gewährleistetes Grundrecht verstößt. Wollen die Antragsteller mit der Popularklage erreichen, dass der Verfassungsgerichtshof Abwägungsfehler der Bauleitplanung unter Willkürgesichtspunkten beanstandet, müssen sie sich mit den Überlegungen des Satzungsgebers auseinandersetzen. Es genügt regelmäßig nicht, wenn ein Antragsteller lediglich das Abwägungsergebnis beanstandet, indem er die Sach- und Rechtslage aus seiner Sicht darstellt und bewertet. Er muss seine Willkürrüge vielmehr in Bezug setzen zu den die Abwägung tragenden Erwägungen der Gemeinde, wie sie in der Begründung des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 8 i. V. m. § 2 a BauGB) oder anderweitig, etwa in Sitzungsunterlagen des kommunalen Beschlussgremiums, dokumentiert sind (BayVerfGH, Entscheidung vom 04.05.2012, BayVBl 2013, 207/210).
2. Diesen Anforderungen werden die Darlegungen der Antragsteller noch gerecht. Nach ihrem Vorbringen erscheint eine Verletzung des im Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV enthaltenen Willkürverbots wegen der gerügten Verstöße gegen das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB), insbesondere im Hinblick auf die vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege erhobenen Einwendungen (Art. 141 Abs. 2 BV), nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Antragsteller machen insoweit geltend, die Sichtbeziehung zwischen den Denkmälern Kavalier Dallwigk und Schloss werde entgegen der Beschlussvorlage, die dem Stadtratsbeschluss zugrunde liege, nicht frei gehalten. Ein solches Sichtfeld könne es nach dem Neubau des Hotels, das in der Sichtachse der beiden Gebäude stehe, nicht mehr geben. Durch die Lage und Höhe des Hotels werde die Sicht auf das Neue Schloss aus östlicher Richtung komplett zugebaut. Nach Ansicht der Antragsteller hat die Stadt damit die Belange des Denkmalschutzes in sachlich schlechthin nicht mehr zu rechtfertigender Weise missachtet und die äußersten Grenzen ihres normgeberischen Ermessens überschritten. Ob ein solcher Verstoß tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Popularklage.
3. Ist die Popularklage – wie hier – in zulässiger Weise erhoben, überprüft der Verfassungsgerichtshof die angefochtene Regelung anhand aller in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, auch wenn diese – wie das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV – keine Grundrechte verbürgen (vgl. BayVerfGH, BayVBl 2013, 45/46; BayVerfGH, BayVBl 2014, 237).
4. Die Popularklage dient dem Schutz der Grundrechte gegenüber Rechtsvorschriften, von denen noch rechtliche Wirkungen ausgehen können, nicht dagegen der nachträglichen Beseitigung bestandskräftiger Entscheidungen, die im Vollzug solcher Rechtsvorschriften ergangen sind (BayVerfGH vom 29.04.1993, BayVerfGHE 46, 137/139 f.). Da die Stadt trotz des weit gediehenen Baufortschritts eines Teils der Gesamtmaßnahme bislang die für das Hotel- und Kongresszentrum erforderliche Baugenehmigung noch nicht erteilte, könnten zumindest insoweit die Antragsteller durch die angestrebte Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplans dessen Vollzug noch verhindern, soweit die geltend gemachten Mängel nicht bereits nach den Vorschriften der §§ 214, 215 BauGB unbeachtlich sind. Den Antragstellern fehlt daher für die Popularklage nicht das Rechtsschutzinteresse.
5. Das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV wäre vielmehr erst dann betroffen, wenn der Normgeber des bayerischen Landesrechts offensichtlich den Bereich der Rechtsordnung des Bundes verlassen und Landesrecht eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis geschaffen hätte. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip kann außerdem erst dann angenommen werden, wenn der Widerspruch der erlassenen Norm zum Bundesrecht nicht nur offensichtlich zutage tritt, sondern auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 13.07.2009, BayVBl 2010, 43 f.; BayVerfGH, BayVBl 2013, 45/46; 2014, 237 f.).
6. Wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, bedarf der Erlaubnis, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG). Wer ein Ensemble verändern will, bedarf der Erlaubnis, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG). Erlaubnispflichtig ist allerdings nur die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung der Anlage als solche, nicht jedoch der Erlass eines Bebauungsplans, der dem Vorhaben zugrunde liegt. Im Übrigen entfällt die Erlaubnis, wenn eine Baugenehmigung oder an ihrer Stelle eine bauaufsichtliche Zustimmung oder abgrabungsrechtliche Genehmigung erforderlich ist (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG) und im Rahmen dieses Verfahrens auch über die denkmalrechtlichen Fragen entschieden wird (Art. 59 Satz 1 Nr. 3, Art. 60 Satz 1 Nr. 3, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO; BayVGH, Beschluss vom 10.06.2014, Az,: 15 CS 14.692, juris Rn. 15). Die Rüge, der Bebauungsplan hätte einer Genehmigung nach Art. 6 BayDSchG bedurft, bleibt daher ohne Erfolg.
7. § 1 Abs. 7 und § 2 Abs. 3 BauGB verpflichten die Gemeinde, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange vollständig zu ermitteln, zu bewerten und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301/309; BVerwG, Urteil vom 05.07.1974, BVerwGE 45, 309/314 f.).
8. Eine Verletzung des Abwägungsgebots liegt jedoch nicht vor, wenn auf Grund einer vertretbaren Bewertung der berührten Belange im Fall der Kollision einzelner Belange bestimmte bevorzugt und andere zurückgesetzt werden. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten Belange gehört vielmehr zum Wesen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde (BayVerfGH, BayVBl 2013, 17/18 m. w. N.).
9. Zu den in die Abwägung einzustellenden öffentlichen Belangen gehört neben den bundesrechtlich insbesondere in § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführten Interessen auch die gemäß Art. 141 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BV dem Staat, den Gemeinden und den Körperschaften des öffentlichen Rechts obliegende und von den Antragstellern als verletzt gerügte Aufgabe, kennzeichnende Ortsbilder zu schonen und zu erhalten sowie Denkmäler der Kunst und der Geschichte zu schützen und zu pflegen. Der landesrechtliche Normgeber, der aufgrund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig wird, hat jedenfalls dort, wo ihm ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, auch die ihn bindende Bayerische Verfassung zu beachten. Gibt das Bundesrecht dem landesrechtlichen Normgeber – wie in § 1 Abs. 7 BauGB – nur einen Rahmen, innerhalb dessen er verschiedene Lösungen wählen kann, dann ist Landesverfassungsrecht innerhalb dieses Gestaltungsspielraums nicht verdrängt. Art. 141 Abs. 1 und 2 BV bestimmen in den Grundzügen die wichtigsten Aufgaben, die sich aufgrund der Staatsfundamentalnorm des Art. 3 Abs. 2 BV stellen. Es handelt sich dabei nicht um bloße Programmsätze, sondern um bindendes objektives Verfassungsrecht, an dem die Handlungen und Unterlassungen von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu messen sind (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 22.7.2008, BayVerfGHE 61, 172/181 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 13.07.2009, BayVerfGHE 62, 156/163 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 17.03.2011, BayVerfGHE 64, 20/27 jeweils m. w. N.).
10. Allerdings hat das Staatsziel des Art. 141 Abs. 2 BV gegenüber den der Planung zugrunde liegenden städtebaulichen Anliegen der Gemeinde keinen abstrakten Vorrang. Vielmehr bleibt es Aufgabe einer Gemeinde, sich im Rahmen sachgerechter Abwägung selbst darüber schlüssig zu werden, welchen Belangen sie letztlich das stärkere Gewicht beimessen will (BayVerfGH, BayVBl 2013, 45/47 m. w. N.).
11. Die Stadt hat die Belange des Denkmalschutzes und die insoweit im Auslegungsverfahren geäußerten Bedenken in ihre Überlegungen einbezogen. Mit den hierzu erhobenen Einwendungen gegen den Planentwurf setzt sich die Beschlussvorlage der Verwaltung vom 27.04.2012, die Grundlage der Vorberatung im Ausschuss für Stadtentwicklung, Ökologie und Wirtschaftsförderung am 07.05.2012 und der Stadtratssitzung am 24.05.2012 war, ausführlich auseinander. Das gilt insbesondere für die vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und von anderen Einwendern geltend gemachten Belange des Denkmalschutzes. Diese betreffen vor allem den Schutz des Ensembles Altstadt Ingolstadt (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG) sowie der Einzelbaudenkmäler Neues Schloss, Rossmühle, Gießereihalle und Kavalier Dallwigk (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG). Hierzu legt die Beschlussvorlage vom 27.04.2012 auf den Seiten 8 bis 12, 17 bis 24 und 27 bis 39 eingehend dar, aus welchen Gründen vorgeschlagen wird, den Einwendungen gegen die Lage und Höhe der geplanten Bauwerke nicht zu folgen. Ausweislich der Niederschrift zur Sitzung des Stadtrats vom 24.05.2012 waren die umstrittenen Höhen der Bauwerke, die Sichtbeziehungen und die Auswirkungen der Vorhaben auf die Stadtsilhouette Gegenstand ausführlicher Diskussionen. Auch in der Begründung zum Bebauungsplan wird ausgeführt, das Gießereigelände stehe im unmittelbaren Kontext der weitgehend unbeeinträchtigten historischen Stadtsilhouette, die insbesondere von der gegenüberliegenden Donauseite sehr gut wahrnehmbar sei. Bezugspunkt für die Höhenentwicklung der Gebäude sei die Traufhöhe des Turms am Kavalier Dallwigk, die nicht überschritten werden dürfe, um die historische Stadtsilhouette mit den Dominanten Neues Schloss und Kavalier Dallwigk nicht zu beeinträchtigen. Die Baulinien und -grenzen seien so gewählt, dass das Baugefüge im Süden hinter die Flucht zwischen dem Neuen Schloss und dem Kavalier Dallwigk zurückweiche.
12. Trotz der Bedenken, die im Aufstellungsverfahren gegen den Entwurf des Bebauungsplans geäußert wurden, war die Stadt nicht gehindert, nach Abwägung der betroffenen Belange an ihrem Entwurf festzuhalten. Die verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Entscheidung, welchen Belangen sie das stärkere Gewicht beimessen und wie sie die widerstreitenden Interessen zum Ausgleich bringen will, hat sie dabei nicht überschritten. Die im Rahmen der Anhörung abgegebenen Stellungnahmen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege und des Stadtheimatpflegers sind zwar im Rahmen der Abwägung mit dem ihnen zukommenden Gewicht zu würdigen, haben aber keine bindende Wirkung (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, BayVBl 2014, 502 Rn. 21, 33). Aus Art. 141 Abs. 2 BV folgt auch nicht, dass Baudenkmäler und vorhandene Sichtachsen unveränderbar wären. Die Stadt hat sich bei ihrer Abwägung von der Überlegung leiten lassen, dass das ehemalige Gießereigelände auf Grund seiner zentralen Lage von besonderer Bedeutung für die weitere Stadtentwicklung sei und wichtige Impulse zur Stärkung der Altstadt und der oberzentralen Funktion der Stadt erwarten lasse. Den Belangen des Denkmalschutzes hat sie bei ihrer Planung durch die Anordnung der Gebäude und die Festsetzung der maximalen Wandhöhen Rechnung getragen. Dabei hat sie sich an der Traufhöhe des Wasserturms am Kavalier Dallwigk (397,20 m ü. NN) orientiert, die weder im Teilgebiet SO 1 (Hotel: maximale Wandhöhe 394,00 m ü. NN, Kongresszentrum: maximale Wandhöhe 386,00 m ü. NN) noch im Teilbereich SO 2 (Büro- und Seminargebäude: maximale Wandhöhe 391,00 m ü. NN, mit Technikgeschoss 395,40 m ü. NN) überschritten werden darf. Hierdurch wird zwar die Traufe am Langhaus des Neuen Schlosses (388,85 m ü. NN) verdeckt, nicht aber das Dach in seiner Gänze (Firsthöhe: 406,10 m ü. NN). Auch der südliche Schlossturm überragt mit einer Giebelhöhe von 418,55 m ü. NN die geplanten Bauwerke bei Weitem.
13. Die geschützten Baudenkmäler in der Nähe des Vorhabens, insbesondere das Neue Schloss und der Kavalier Dallwigk, sind zwar für die Stadtsilhouette prägend. Das ehemalige Gießereigelände liegt allerdings außerhalb des Baudenkmals Ensemble Altstadt. Außerdem ist das überlieferte Erscheinungsbild von Baudenkmälern vor allem dann denkmalpflegerisch besonders schützenswert, wenn diese architektonisch in einer gewollten und gewachsenen Blickbeziehung zueinander stehen, auf diese Weise historische soziale Beziehungen ihrer Erbauer untereinander sichtbar machen und das Ortsbild maßgeblich prägen (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.07.2013, BayVBl 2014, 24 Rn. 39; BayVGH, Urteil vom 06.02.2014, BayVBl 2014, 499 Rn. 30). Das Neue Schloss, die Gießereihalle und der Kavalier Dallwigk stehen jedoch in keinem unmittelbaren historischen Bezug zueinander. Keines dieser Bauwerke wurde im Hinblick auf vorhandene wechselseitige und frei zu haltende Sichtachsen angelegt.
14. Die Errichtung mehrgeschossiger Bauwerke auf dem vormals industriell genutzten und zuletzt brachliegenden Gelände führt zwangsläufig zu einer Veränderung der Stadtsilhouette und einer partiellen Verdeckung der Baudenkmäler in der näheren Umgebung. Die Planung der Stadt ist jedoch durch die Höhenbegrenzung und die Lage der Bauwerke so ausgelegt, dass zumindest teilweise noch Blickbezüge möglich sind und insbesondere die Sicht vom Südufer der Donau aus auf das Neue Schloss und den Kavalier Dallwigk frei bleibt. Das Hotel- und Kongresszentrum würde die Sicht auf die denkmalgeschützten Gebäude und die Blickbeziehungen, insbesondere die Sicht von Osten auf das Neue Schloss, im Übrigen auch dann noch merklich beeinträchtigen, wenn der Standort und die Höhe an die Anregungen des Landesamts für Denkmalpflege angepasst worden wären.
15. Die Stadt hat auch dem vorangegangenen städtebaulichen Ideenwettbewerb und dem vom Stadtrat am 20.05.2010 beschlossenen Rahmenplan zur Bebauung des ehemaligen Gießereigeländes kein zu hohes Gewicht beigemessen. Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen. Die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) und stehen als Abwägungsbelang der Baukultur, dem Denkmalschutz und der Denkmalpflege (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB) grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Zwar ist die Gemeinde beim Erlass des Bebauungsplans nicht an ein von ihr beschlossenes städtebauliches Entwicklungskonzept oder eine von ihr beschlossene sonstige städtebauliche Planung gebunden (vgl. BayVGH, Urteil vom 24.05.2012, Az.: 2 N 12.448, juris Rn. 36). Entgegen den Ausführungen der Antragsteller hat die Stadt dem Ideenwettbewerb oder dem Rahmenplan jedoch keine die Abwägung und Gewichtung ersetzende Wirkung beigemessen. Vielmehr wird auf Seite 9 der Beschlussvorlage vom 27.04.2012, die der Entscheidung des Stadtrats zugrunde liegt, ausdrücklich ausgeführt, dass der Rahmenplan kein Ersatz für den Bebauungsplan sei, kein Baurecht schaffe und eine Bindung an und durch den Rahmenplan nicht bestehe.
16. Es ist daher nicht offensichtlich, dass der Stadt bei der Ermittlung und Gewichtung der in die Abwägung einzustellenden Belange schwerwiegende Fehler unterlaufen wären.
17. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. Er lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Dabei bleibt es dem Ermessen des Normgebers überlassen zu bestimmen, in welcher Weise dem Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind und für die getroffene Regelung jeder sachliche Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt.
18. Dementsprechend weit ist auch der Gestaltungsspielraum einer Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu überprüfen, ob die Festsetzungen in einem Bebauungsplan die bestmögliche oder gerechteste Lösung darstellen. Er kann nicht seine eigenen Abwägungen und Überlegungen an die Stelle derjenigen des Normgebers setzen.
19. Hat dieser sich bei einer Kollision verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung anderer Belange entschieden, so liegt ein Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV nur dann vor, wenn sich ein sachgerechter Grund für die getroffene Regelung bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlechterdings nicht feststellen lässt (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 31.05.2006, BayVerfGHE 59, 109/114 f.; BayVerfGH, VerfGHE 61, 172/180 f.; 64, 20/30).
20. Ein Bebauungsplan kann nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs daher gegen das Willkürverbot des Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen, wenn eine Gemeinde die sich aus Art. 141 Abs. 1 und 2 BV ergebenden Verpflichtungen bei der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB offensichtlich in krasser Weise verkennt (vgl. BayVerfGH, BayVerfGHE 61, 172; BayVerfGH, Entscheidung vom 16.02.2009, BayVerfGHE 62, 23/26 f.; BayVerfGH, VerfGHE 64, 20/30).
21. Solche krassen Fehleinschätzungen weist die Planung jedoch nicht auf. Die Stadt hat bei der Aufstellung des Bebauungsplans nicht willkürlich im Sinn des Art. 118 Abs. 1 BV gehandelt, sondern – wie bereits ausgeführt – die maßgeblichen widerstreitenden Belange, insbesondere diejenigen des Denkmalschutzes, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen.
BayVerfGH, Entscheidung, 28.10.2014, AZ: Vf. 7-VII-14, Publikationsart: juris / BayVBl 2015, 337-341

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.3 Ortsrecht
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.2 Erscheinungsbild
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Ein Bebauungsplan, der von einer Gemeinde als Satzung beschlossen ist, kann sowohl insgesamt als auch hinsichtlich einzelner Festsetzungen Gegenstand einer Popularklage nach Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG sein (st. Rechtsprechung; vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 27.07.1995, VerfGH 48, 99/102; BayVerfGH, Entscheidung vom 27.04.2001, VerfGH 54, 36/39; BayVerfGH, Entscheidung vom 17.03.2011, BayVBl 2011, 433).
2. Die Erhebung der Popularklage gegen eine Rechtsvorschrift steht grundsätzlich jedermann offen (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Allerdings kann eine Popularklage unzulässig sein, wenn sie missbräuchlich erhoben ist und Sinn und Zweck des Instituts der Popularklage widerspricht (BayVerfGH, Entscheidung vom 29.04.1983, VerfGH 36, 56/ 61; BayVerfGH, Entscheidung vom 13.08.2008, VerfGH 61, 205/209).
3. Die Popularklage bezweckt im öffentlichen Interesse den Schutz der Grundrechte als Institution. Mit ihr wird der Bürger im Interesse der Wahrung der Verfassung gleichsam zum Wächter über die verfassungsgemäße Ordnung bestellt. Auf seine persönlichen Motive kommt es nicht an.
4. Die Erhebung der Popularklage ist an keine Frist gebunden. Nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes kann aber die Antragsbefugnis für eine Popularklage durch Verwirkung erlöschen.
5. Von besonderer Bedeutung ist dieser Gedanke bei Rechtsvorschriften, die nicht während einer unbestimmt langen Geltungsdauer in abstrakt-genereller Weise fortlaufend Rechte und Pflichten begründen, sondern sich im Wesentlichen in einer konkreten und individuellen Regelung erschöpfen, wie dies beim vorliegenden Bebauungsplan der Fall ist.
6. Das Klagerecht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten (Umstandsmoment), die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. BayVerfGH, Entschiedung vom 22.07.2008, VerfGH 61, 172/179; BayVerfGH, BayVBl 2011, 433; BayVerfGH vom 04.05.2012). Dies ist anzunehmen, wenn ein Antragsteller unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des geltend gemachten Rechts unternommen zu werden pflegt (vgl. BVerfG vom 26.01.1972, BVerfGE 32, 305/308 f.; BVerfG vom 06.03.2006, Az. 2 BvR 371/06; BVerfG vom 04.03.2008, BVerfGK 13, 382).
7. Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren sind allein die Vorschriften der Bayerischen Verfassung, nicht aber Normen des Bundesrechts. Ein möglicher Verstoß einer landesrechtlichen Norm gegen Bundesrecht kann allenfalls zu einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips führen. Unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV kann der Verfassungsgerichtshof nicht umfassend prüfen, ob der Gesetzgeber einer landesrechtlichen Norm – hier der Satzungsgeber – die rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen einer bundesrechtlichen Ermächtigung zutreffend beurteilt und ermittelt und ob er andere bundesrechtliche Vorschriften in ihrer Bedeutung für den Inhalt seiner Regelung richtig eingeschätzt hat. Das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre.
8. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV wäre vielmehr erst dann betroffen, wenn der Normgeber des bayerischen Landesrechts offensichtlich den Bereich der Rechtsordnung des Bundes verlassen und Landesrecht eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis geschaffen hätte. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip kann außerdem erst dann angenommen werden, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht nicht nur offensichtlich zutage tritt, sondern auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (st. Rechtsprechung; vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 18.04.2002, VerfGH 55, 57/64; BayVerfGH, Entscheidung vom 15.11.2006, VerfGH 59, 219/224; BayVerfGH, BayVBl 2011, 433).
9. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Das Gesetz ermächtigt die Gemeinde zu einer Städtebaupolitik, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Dazu gehört auch die Entscheidung, ob und in welchem Umfang sie Teile des Gemeindegebiets zur Unterbringung von Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt. Die Gemeinde braucht nicht zwingend öffentliche Interessen verfolgen. Es muss sich lediglich um Belange handeln, die eine Bauleitplanung rechtfertigen können. Hierzu gehören vor allem die in § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführten Belange.
10. Nicht erforderlich sind Bauleitpläne, wenn sie einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG vom 11.05.1999, BayVBl 2000, 23; BVerwG vom 06.06.2002, BVerwGE 116, 296/303; BVerwG vom 18.10.2006, BauR 2007, 331; BVerwG vom 26.03.2009, BVerwGE 133, 310/314; BVerwG vom 30.12.2009, ZfBR 2010, 272).
11. Stellen die gemeindlichen Planungen ausweislich der Planbegründungen vor allem darauf ab, die Erweiterung gewerblicher Betriebe in dem festgesetzten Gewerbegebiet zu ermöglichen, verfolgt die Gemeinde damit ein legitimes Planungsziel. Sie kann sich insoweit auf die öffentlichen Belange der Wirtschaft (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB) und der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. c BauGB) berufen.
12. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Ein Bebauungsplan muss der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans entsprechen und dessen Darstellungen inhaltlich konkretisieren (vgl. BVerwG vom 28.02.1975, BVerwGE 48, 70/73 ff.; BVerwG vom 29.09.1978, BVerwGE 56, 283/285 f.). 13. Stimmen Festsetzungen mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht vollständig überein, bedeutet das allerdings nicht ohne Weiteres einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot. Ob den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB genügt ist, hängt davon ab, ob die Konzeption, die dem Flächennutzungsplan zu Grunde liegt, in sich schlüssig bleibt (vgl. BVerwG vom 11.02.2004, BauR 2004, 1264 m. w. N.).
14. § 2 Abs. 3 und § 1 Abs. 7 BauGB verpflichten die Gemeinde, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange vollständig zu ermitteln und sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301/309; BVerwG vom 05.07.1974, BVerwGE 45, 309/314 f.).
15. Zu den in die Abwägung einzustellenden öffentlichen Belangen gehören neben den bundesrechtlich insbesondere in § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführten Interessen auch die sich aus Art. 141 Abs. 1 Satz 4 BV ergebenden, von den Antragstellern als verletzt gerügten Gebote, Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen und kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten sowie die in Art. 141 Abs. 2 BV verankerte Aufgabe, Denkmäler der Kunst zu schützen und zu pflegen. 16. Der landesrechtliche Normgeber, der auf Grund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig wird, hat jedenfalls dort, wo ihm ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, auch die ihn bindende Bayerische Verfassung zu beachten. Gibt das Bundesrecht dem landesrechtlichen Normgeber – wie in § 1 Abs. 7 BauGB – nur einen Rahmen, innerhalb dessen er verschiedene Lösungen wählen kann, dann ist Landesverfassungsrecht innerhalb dieses Gestaltungsspielraums nicht verdrängt.
17. Art. 141 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BV bestimmen in den Grundzügen die wichtigsten Aufgaben, die sich auf Grund der Staatsfundamentalnorm des Art. 3 Abs. 2 BV stellen. Art. 3 Abs. 2 BV sowie Art. 141 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BV sind keine bloßen Programmsätze, sondern enthalten bindendes objektives Verfassungsrecht, an dem die Handlungen und Unterlassungen von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu messen sind (vgl. BayVerfGH; VerfGH 61, 172/181 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 13.07.2009, VerfGH 62, 156/163 f.; BayVerfGH, BayVBl 2011, 433/434 jeweils m. w. N.).
18. Allerdings haben die Staatsziele des Art. 141 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BV gegenüber den der Planung zu Grunde liegenden städtebaulichen Anliegen der Gemeinde keinen abstrakten Vorrang. Vielmehr bleibt es Aufgabe einer Gemeinde, sich im Rahmen sachgerechter Abwägung selbst darüber schlüssig zu werden, welchen Belangen sie letztlich das stärkere Gewicht beimessen will (vgl. BVerwG vom 15.10.2002, NVwZ-RR 2003, 171 zu Art. 20 a GG).
19. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann ein Bebauungsplan gegen das Willkürverbot des Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen, wenn eine Gemeinde offensichtlich dem Grundsatz der Erforderlichkeit der Bauleitplanung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB zuwiderhandelt oder bei der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB die sich aus Art. 141 Abs. 1 Satz 4 oder Abs. 2 BV ergebenden Verpflichtungen in krasser Weise verkennt (vgl. BayVerfGH, VerfGH 61, 172; BayVerfGH, Entscheidung vom 16.02.2009, VerfGH 62, 23/26 f.; BayVerfGH, BayVBl 2011, 433). Gleiches gilt, wenn sie in offensichtlich fehlerhafter Weise gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstößt.
BayVerfGH, Entscheidung, 27.06.2012, AZ: Vf. 17-VII-09, Publikationsart: BayVBl 2013, 45-49 / juris

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
2 Baudenkmalpflege
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Es spricht viel dafür, dass die Antragsteller sich unabhängig von einer möglichen Verletzung materieller subjektiver Rechte auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung im Änderungsgenehmigungsverfahren berufen können. Angesichts einer sehr weit gehenden Rechtsprechung des EuGH, der einen effektiven Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben fordert (vgl. EuGH, Urteil vom 07.11.2013, Az.: C-72/12 (Altrip), juris Rn. 36 ff.), kann eine Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens über die Regelungen in § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) wohl auch von einzelnen Betroffenen gefordert werden.
2. Das gilt hier insofern, als die Antragsteller als Nachbarn der streitgegenständlichen Anlage offensichtlich Mitglieder der „betroffenen Öffentlichkeit“ sind, die durch die Zulassungsentscheidung in ihren Belangen berührt werden (§ 2 Abs. 6 UVPG).
3. Auch der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet, da gemäß §§ 3 e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i. V. m. § 1 Abs. 3 der 9.BImSchV eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Ob sich aus § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG ein selbständig durchsetzbares, absolutes Verfahrensrecht ergibt (so zuletzt OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015, Az.: 8 A 959/10, juris Rn. 53), kann vorliegend jedoch dahinstehen, da sich die Antragsbefugnis aus anderen drittschützenden Aspekten herleiten lässt.
4. Die Interessenabwägung fällt zulasten der Beigeladenen aus, weil bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach durch die angefochtene Änderungsgenehmigung vom 18.04.2014 dem Umweltschutz dienende Vorschriften verletzt werden (§ 42 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG i. V. m. Art. 10 a der UVP-Richtlinie, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Änderungsgenehmigung ist nach summarischer Prüfung schon in formeller Hinsicht rechtswidrig, denn sie leidet an einem Verfahrensmangel, der gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG in der Hauptsache zur Aufhebung der angegriffenen Genehmigung führen würde.
5. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (…) erforderliche UVP oder die erforderliche Prüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist und nicht nachgeholt worden ist. Bei Vorprüfungen des Einzelfalls nach dem UVPG ist nicht das zu leisten, was Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung wäre, sondern es ist zu klären, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt erforderlich ist.
6. Vorliegend ist der Antragsgegner im Änderungsgenehmigungsverfahren zu Recht davon ausgegangen, dass es einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles i. S. d. § 3 c Satz 1 UVPG bedarf. Das folgt aus § 3 e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i. V. m. § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV, wo der Fall der Erteilung einer Änderungsgenehmigung explizit geregelt ist. Die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht demnach auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (…) eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (…).
7. § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV ist im Lichte des § 3 e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auszulegen (Landmann/ Rohmer, Umweltrecht Bd. I, Stand: Aug. 2014, § 3e UVPG Rn. 3). Im Änderungsgenehmigungsverfahren erfolgte die Änderung eines UVP-pflichtigen Vorhabens (vgl. Bescheid vom 28.02.2014), da das Ausgangsvorhaben als Windfarm i. S. d. Nr. 1.6. der Anlage 1 zum UVPG anzusehen ist. Eine Windfarm zeichnet sich dadurch aus, dass mindestens drei Windkraftanlagen einander sich räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden.
8. Der Genehmigungsbehörde ist zwar im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG, wie sich schon aus den Worten „nach Einschätzung der zuständigen Behörde“ ergibt, ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt. Dem entspricht auch der Sinn und Zweck der Regelung.
9. Für die im Rahmen der Vorprüfung zu treffende Entscheidung, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, bedarf es einer wertenden Beurteilung der zuständigen Behörde, die von Prognoseelementen geprägt ist. Eine derartige Beurteilung kann durch das Verwaltungsgericht nicht ersetzt werden (vgl. ausdrücklich § 3 a Satz 4 UVPG; hierzu OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008, Az.: 8 D 19/07.AK, juris Rn. 72 m.w.N.). Bei einem Beurteilungsspielraum hat sich die gerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, ob die gültigen Verfahrensbestimmun-gen eingehalten worden sind, ob die Behörde von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, ob sie ferner den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat, ob sie sich des Weiteren bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten und schließlich das Willkürverbot nicht verletzt hat (ständige Rechtsprechung des BVerwG; vgl. zusammenfassend Urteil vom 16.05.2007, Az.: 3 C 8.06, BVerwGE 129, 27).
10. § 3 a Satz 4 UVPG präzisiert diesen Grundsatz eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Danach ist die auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG beruhende Feststellung der zuständigen Behörde, dass eine UVP unterbleiben soll, allein darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. 11. Dementsprechend steht den Behörden grundsätzlich zum einen eine Einschätzungsprärogative im Hinblick auf die Frage zu, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen (und die eigenen Informationen der Behörde) eine geeignete Grundlage bieten, um unverzüglich auf Grund überschlägiger Prüfung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens entscheiden zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2006, Az.: 4 C 16/04, juris). Zum anderen beschränkt sich die richterliche Kontrolle der negativen Feststellung nach einer Vorprüfung inhaltlich auf die Frage, ob die Behörde bei ihrer Einschätzung die in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat (vgl. § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG) und aufgrund der ihr obliegenden überschlägigen Prüfung insgesamt zu einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, naturschutzfachlich nachvollziehbaren und in diesem Sinne vertretbaren Ergebnis gelangt ist (vgl. OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008, Az.: 8 D 19/07.AK, juris).
12. Nach der von der Kammer durchgeführten Plausibilitätskontrolle ist das Ergebnis der Vorprüfung durch den Antragsgegner nicht nachvollziehbar. Die Vorprüfung erfüllt hier nicht die Anforderungen, die an eine Vorprüfung nach dem UVPG zu stellen sind. Der Antragsgegner hat nicht alle aufgrund des aktuellen Kenntnisstandes der Behörde möglichen Umweltauswirkungen im ausreichenden Umfang ermittelt, so dass die Vorprüfung zu einem nicht mehr nachvollziehbaren Ergebnis bezüglich der Erheblichkeit der Umweltauswirkungen gelangt ist.
13. Auf Grund der Feststellungen im Verfahren konnte die Genehmigungsbehörde nicht davon ausgehen, dass die Änderung der Anlage keine erheblichen Umweltauswirkungen haben kann. Zumindest erfasst die gerichtliche Prüfungskompetenz den vorliegenden Fall insoweit, als offensichtlich der zu Grunde liegende Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt wurde.
14. In einem ähnlichen Zusammenhang führt das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 25.02.2015, Az.: 8 A 959/10, juris Rn. 172) aus, dass die Beifügung wesentlicher, umweltbezogener Nebenbestimmungen zu einer immissions-schutzrechtlichen Genehmigung nach einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls ein Indiz dafür sein kann, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hat. Eben dies ist hier geschehen, indem im Bescheid die Verantwortlichkeit für die mögliche Gefährdung des Schutzguts (hier: des Uhus) im Rahmen einer Auflage auf den Betreiber abgewälzt wird. Das Ergebnis der UVPG-Vorprüfung ist mithin auch unter Beachtung des Beurteilungsspielraumes und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Gericht nur eine Plausibilitätskontrolle durchführt, nicht mehr nachvollziehbar.
15. Dies deckt sich auch mit § 4 a Abs. 2 UmwRG. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass bei Vorliegen eines Beurteilungsspielraums eine behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren daraufhin überprüft werden kann, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde und sachfremde Erwägungen vorliegen.
16. Dabei ist ausdrücklich zu betonen, dass es vorliegend nicht darum geht, den Antragstellern durch die Bezugnahme (hier) auf naturschutzrechtliche Vorschriften subjektive Rechte zu vermitteln. Das ist nicht der Fall, da diese Vorschriften per se keinen Drittschutz entfalten. Ausschlaggebend ist vielmehr die Verletzung verfahrensrechtlicher Positionen im Vorfeld einer möglichen Umweltverträglichkeitsprüfung (über § 4 Abs. 1 und Abs. 4 UmwRG), die dazu führt, dass wesentliche Verfahrensrechte der Betroffenen beschnitten wurden. Über § 4 Abs. 3 UmwRG können sich Individualkläger auf diese Verfahrensrechte im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung stützen. Die Anordnung der entsprechenden Geltung des § 4 Abs. 1 UmwRG bewirkt, dass der „Individualkläger“ eine Entscheidung mit Erfolg angreifen kann, wenn eine Vorprüfung im Vorfeld einer UVP nicht oder fehlerhaft erfolgt ist. Der Kläger hat in diesem Fall einen Anspruch auf Aufhebung der verfahrensfehlerhaften Entscheidung unabhängig von einer materiell-rechtlichen Position. Auch Art. 46 BayVwVfG findet keine Anwendung; die Beeinflussung der Entscheidung in der Sache wird folglich unwiderleglich vermutet (hierzu umfänglich Landmann/ Rohmer, Umweltrecht Bd. I, Stand: Aug. 2014, § 4 UmwRG Rn. 50 f.).
17. Dieses Ergebnis deckt sich im Übrigen mit den Anforderungen der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl Nr. L 175 S. 40) i. d. F. der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.05.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl EU Nr. L 156 S. 17), neu kodifiziert durch die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (UVP-Richtlinie) und der neueren Rechtsprechung des EuGH (vgl. v. a. Urteil vom 07.11.2013, Az.: C-72/12 [Altrip], juris Rn. 48; m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015, Az.: 8 A 959/10, juris Rn. 76) zu den klagbaren Rechtspositionen Einzelner bei der Bewertung von Umweltauswirkungen eines Projekts durch die zuständigen Stellen. Die betroffene Öffentlichkeit muss demnach, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können. Unabhängig davon, ob und wie weit der deutsche Gesetzgeber im Um-welt-Rechtsbehelfsgesetz diese Anforderungen umgesetzt hat, muss es den Antragstellern vorliegend in europarechtskonformer Auslegung des § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG möglich sein, die fehlerhafte Entscheidung anlässlich der UVPG-Vorprüfung gegen die Zulassungsentscheidung der Anlagen geltend zu machen.
BayVG Würzburg, Beschluss, 27.03.2015, AZ: W S 15.155, Publikationsart: http://www.vgh.bayern.de/media/vgwuerzburg/presse/15-00155b.pdf

1.2.8 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
2.3.7 Energieeffizienzmaßnahmen
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BayDSchG bedarf der Erlaubnis, wer ein Ensemble verändern will, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Die Funktion des Genehmigungserfordernisses als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt erfordert dabei eine weite Auslegung des die Genehmigungspflicht auslösenden Tatbestands (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.02.2008, Az.: 2 B 12.06, BRS 73 Nr. 204; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2005, Az.: 1 S 1674/04, ÖffBauR 2005, 140).
2. Ensembles genießen dabei den gleichen Schutz wie Einzelbaudenkmäler, ensembleprägende Bestandteile sollen grundsätzlich erhalten werden (BayVGH, Urteil vom 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.760, BayVBl 2008, 477). Der Schutzanspruch des Ensembles zielt insoweit allerdings stärker und vorrangiger auf das Erscheinungsbild, das die Bedeutung vermittelt und in seiner Anschaulichkeit zu bewahren ist (BayVGH, Urteil vom 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.760, a. a. O.).
3. Das Gebäude, das unstreitig nicht die Voraussetzungen, die es selbst zu einem Baudenkmal im Sinn des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG qualifizieren würden, erfüllt, ist danach nicht Teil des unterstellten Ensembles, das sich nach den amtlichen Ausführungen in der Bayerischen Denkmalliste durch eine einheitliche Bauweise auszeichnet, mit der den brandschutztechnischen Anforderungen nach dem großen Flächenbrand von 1863 Rechnung getragen wurde. Insoweit fehlt es ersichtlich schon an ausreichender historischer Bausubstanz, die das unterstellte Ensemble prägen könnte.
4. Bei einem flächenmäßig großen Ensemble ist für die Beurteilung der denkmalschützerischen Aspekte zutreffend auf den Nahbereich um das streitgegenständliche Gebäude abzustellen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 29.07.2013, Az.: 14 ZB 11.398, juris [Rn. 3]; Urteil vom 11.01.2011, Az.: 15 B 10.212, juris [Rn. 31]).
5. Ohne dass es dabei auf die vom BayVG München angeführte fehlende Prägung des unmittelbaren Nahbereichs durch die Einzelbaudenkmäler ankommt, da die Tatsache, dass insoweit kein Blickkontakt besteht, grundsätzlich den historischen Bezug des Gebäudes zum Ensemble und seine Funktion für dieses nicht entfallen lässt (vgl. BayVGH, Urteil vom 03.06.2000, Az.: 2 B 97.1119, juris [Rn. 19]), ist in diesem Nahbereich keine historische Bausubstanz mehr vorhanden, die das Ensemble prägen könnte. Ein insoweit erhaltungswürdiges Ort-, Platz- oder Straßenbild als ein Zeugnis geschichtlicher Ereignisse ist dort nicht mehr vorhanden.
6. Ein Einzelbaudenkmal ist in diesem Nahbereich selbst nicht vorhanden. Auch im Übrigen ist dieser Nahbereich, in dem zwar einzelne historische Bauten saniert wurden im Gegensatz zu anderen Bereichen des ausgewiesenen Ensembles, die durchgehend noch historische Bausubstanz aufweisen, maßgeblich geprägt von Neubauten bzw. von einem sanierten historischen Bau direkt neben dem Gebäude des Klägers, der sich insbesondere auf Grund der erkennbaren Erhöhung des Kniestocks nicht von einem Neubau unterscheidet. Auch der Blick in den Nahbereich aus westlicher Sicht ist geprägt durch den Neubau sowie die Gebäude . die - im Gegensatz zu den sonstigen giebelständigen Gebäuden im Nahbereich - traufseitig errichtet sind. Auch die Neubauten im dem Nahbereich ge-genüber liegenden Bereich‚ dessen Gebäude den Nahbereich jedoch wesentlich prägen, stehen nur teilweise giebelständig, wie das für die historische Bauweise kennzeichnend ist.
7. Da jedenfalls im Nahbereich keine ausreichende historische Bausubstanz mehr vorhanden ist, kommt es ungeachtet der von den Denkmalbehörden nicht zu beanstandenden Zielrichtung, im Ensemble – im Gegensatz zu der bisherigen Handhabung – möglichst alle relevanten Gebäude mit historischer Substanz zu erhalten, für den Fortbestand des unterstellten Ensembles – nicht mehr auf den
Erhalt des streitgegenständlichen Gebäudes an.
8. Des Weiteren stellt das Fehlen von prägenden Einzelbaudenkmälern in einem Ensemble die Ensemblequalität eines in der Denkmalliste eingetragenen Ensembles insgesamt in Frage. Nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG kann zu den Baudenkmälern auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltungswürdig ist, wobei die Eintragung in die Denkmalliste dabei nur deklaratorische Bedeutung hat (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG).
9. Zwar verlangt das BayDSchG nicht, dass es sich um Gebäude mit den gleichen Stilmerkmalen handeln muss, da auch verschiedene, einander ausschließende, nicht abgeschlossene Planungen bzw. „willkürliche Zusammenhänge“ als Zeugnis früherer Entwicklungen zu einem erhaltenswerten Orts-, Platz- oder Straßenbild und damit zu einem Ensemble führen können (vgl. Eberl in Eberl/Martin, BayDSchG, 7. Aufl. 2016, Art. 1 Rn. 54).
10. Jedoch bedarf es eines festzustellenden Funktionszusammenhangs oder eines gemeinsamen Grundprinzips, um den Gebäuden einen sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort zu vermitteln (vgl. Martin in Martin/ Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 3. Aufl. 2010, Teil C Rn. 44).
11. Entgegen den in der Bayerischen Denkmalliste beschriebenen amtlichen Erkenntnissen existieren in dem als Ensemble ausgewiesenen Gebiet keine die Bauweise nach der Brandkatastrophe von 1863 prägenden Einzelbaudenkmäler. Auch die Anwesen, die ebenfalls als Einzelbaudenkmäler in die Bayerische Denkmalliste eingetragen sind, vermögen das unterstellte Ensemble nicht zu prägen. Die beiden Anwesen, die die landwirtschaftlichen Anwesen im Werdenfelser Land mit flachgeneigten, ehemals mit Holzschindeln gedeckten Dächern repräsentieren, sind hingegen Zeugnis der vor dem großen Brand Ende des 18. Jh. und in der 2. Hälfte des 17. Jh. errichteten Bauernhäuser. Das gilt auch für das weitere Gebäude, das ebenfalls vor dem großen Brand errichtet wurde, im Übrigen aber wegen der Neuausführung von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss seinen Status als Einzelbaudenkmal verloren hat. Die Gebäude in einem weiteren Straßenzug des unterstellten Ensembles stellen ersichtlich den Vorbestand vor dem großen Brand dar, repräsentieren aber eben nicht die Bedeutung der einheitlichen Bebauung nach dem großen Brand von 1863 in den genannten Straßenzügen.
12. Fehlt es aber an Einzelbaudenkmälern, die den Charakter des Ensembles prägen, so kommt der Rechtsfrage, ob Gebäudemehrheiten, zu denen kein Einzelbaudenkmal (mehr) gehört, als Ensemble anzusehen sind, maßgebliche Bedeutung zu. Nach Auffassung des Senats setzt der Ensembleschutz das Ensemble prägende Einzelbaudenkmäler voraus.
13. Ensembles stellen unzweifelhaft zentrale Bestandteile des BayDSchG dar (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG). Sie umfassen räumliche Gesamtheiten aus denkmalgeschützten Anlagen und Anlagen, die für sich genommen nicht als Denkmäler einzustufen sind, aber zusammen insgesamt ein erhaltungswürdiges Orts-, Platz- oder Straßenbild als Erscheinungsform tiefer liegender baulicher Qualitäten ergeben.
14. Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG beschreibt eine städtebauliche Situation, in der durch mehrere einzelne Gebäude, die nicht alle für sich Baudenkmäler sein müssen, eine Gesamtheit entstanden ist, die als Ganzes von geschichtlicher, künstlerischer, städtebaulicher, wissenschaftlicher oder volkskundlicher Bedeutung ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 25.03.1993, Az.: 3 ObOWi 17/93, NVwZ 1994 828). Obwohl dafür der optische Eindruck der Gesamtheit, also das ganzheitliche Erscheinungsbild, entscheidend ist, kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht auf das Vorliegen von das Ensemble prägenden Einzelbaudenkmälern verzichtet werden, da sich der Gesamteindruck auf die Mehrheit von Anlagen in einem Ensemble und das öffentliche Erhaltungsinteresse bezieht.
15. Zudem formuliert Art. 1 Abs. 3 BayDSchG im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 1 Abs. 2 BayDSchG und der Fiktion in Art. 1 Abs. 2 Satz 3 BayDSchG, dass Ensembles zu den Baudenkmälern gehören können. Auch diese Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 2 BayDSchG spricht für die Annahme, dass in einem Ensemble eine nennenswerte Anzahl von Baudenkmälern nach Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1
BayDSchG (sog. Einzelbaudenkmäler) vorhanden sein müssen.
16. Gebäudemehrheiten, zu denen kein Einzelbaudenkmal mehr gehört, können zwar aus Gründen der Ortsbildpflege erhaltenswert sein, sie sind aber keine Ensemble (mehr), und zwar selbst dann nicht, wenn sie unter Beachtung eines historischen Stadt-, Platz- oder Straßengrundrisses errichtet wurden (vgl. dazu Martin in Martin/ Krautzberger, a. a. O. [Rn. 49]; Eberl in Eberl/ Martin, a. a. O., Art. 1 [Rn. 54, 54a, 56]). Dieses am Wortlaut orientierte Verständnis findet sich auch in der Rechtsprechung wieder (vgl. BayObLG. Beschluss vom 25.03.1993, Az.: 3 ObOWi 17/93, a. a. O.; BayVGH, Beschluss vom 22.01.2014, Az.: 1 ZB 11.2164, juris [Rn. 3]; Beschluss vom 29.07.2013, Az.: 14 ZB 11.398, juris [Rn. 3]; Beschluss vom 12.12.2012, Az.: 15 ZB 11.736, juris [Rn. 5]; Urteil vom 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.160, a, a, O.; Urteil vom 03.08.2000, Az.: 2 B 97.1119, juris [Rn. 18]; BVerwG, Urteil vom 22.02.1980, Az.: IV C 44.76, juris [Rn. 17], das zwar im Zusammenhang mit dem ortsrechtlichen Verbot zur Lichtreklame steht, aber zum Indiz des Ensembleschutzes für die Einheitlichkeit der historischen Altstadt ausführt und es dabei genügen hat lassen, dass die Altstadt von einigen künstlerisch wertvollen Gebäuden geprägt wird und insgesamt den Charakter einer mittelalterlichen Stadt bewahrt hat; BayVGH, Beschluss vom 09.12.2011, Az.: 15 ZB 09.3143, juris [Rn. 12] der ebenfalls im Zusammenhang mit einer Baugenehmigung für eine Werbeanlage auf das Urteil des BVerwG vom 22.02.1980, Az.: IV C 44.76, a. a. O. Bezug nimmt).
17. Dagegen überzeugt das Argument, dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG könne nicht zwingend entnommen werden, dass mindestens eine der zu einem Ensemble gehörenden baulichen An-lagen ein Einzeldenkmal sein müsse, vielmehr nur erforderlich sei, dass das Orts-, Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltungswürdig sei, im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen nicht Gleich-ermaßen ist der Rückschluss auf eine in der 109. Sitzung des Landesdenkmalrats vom 18. Juli 1983 getroffene Entscheidung, in Ausnahmefällen positive Voten für Ensembleeintragungen nicht davon abhängig zu machen, dass sich im Ensemble zumindest ein Einzelbaudenkmal befindet, was ein Beleg für die weite Auslegung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG sei, nicht überzeugend.
18. Unabhängig von der Stellung des Landesdenkmalrats nach Art. 14 BayDSchG zeigt auch die Formulierung „in Ausnahmefällen“, dass in einem Ensemble notwendigerweise zumindest ein Einzelbaudenkmal vorhanden sein muss und der Ensembleschutz nicht von Anfang an als selbständige Kategorie neben dem Schutz von Einzelbaudenkmälern verstanden wurde. Bereits in den Empfehlungen vom 19.04.1977 im Zusammenhang mit Baumaßnahmen (IMS Nr. II B 4—9130—22, veröffentlicht in Simon/ Busse Anh. 422) führt der Landesdenkmalrat zu den charakteristischen Merkmalen eines Ensembles unter Nummer 1.1.1 „Städtebauliche Struktur“ aus, dass dazu u. a. auch das Stra-ßenschema, die Viertelsbildung, die Maßstäblichkeit der Bebauung sowie das Verhältnis der Baumassen zueinander, zu herausragenden Baudenkmälern und Blickpunkten und zu charakteristischen Vegetationsbereichen zählen und stellt damit ersichtlich darauf ab, dass in einem Ensemble prägende Einzelbaudenkmäler vorhanden sein müssen,
19. Eine Auslegung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG, wonach bauliche Anlagen als Gesamtheit (im Sinn von „nicht jede für sich“) erhaltungswürdig sind, kann aber auch nicht der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 7/2033 vom 14.02.1972, S. 9) entnommen werden. Darin wird wie folgt zu Art. 1 Abs. 2 BayDSchG (jetzt Art. 1 Abs. 3 BayDSchG) ausgeführt: „(...) Im Einklang mit den in vielen europäischen Ländern zu beobachtenden Bestrebungen des Denkmalschutzes nicht nur einzelne Gebäude zu erhalten, die gelegentlich inmitten von lauter modernen Neubauten wie Fremdkörper wirken können, sondern durch Erhaltung von Häusergruppen, von Straßenzügen und Plätzen ein besseres Abbild der Geschichte zu geben, legt Art. 1 Abs. 2 fest, dass auch eine Mehrheit von Gebäuden ein Baudenkmal sein kann (Ensembleschutz). Baudenkmal ist hier nicht oder jedenfalls nicht nur ein einzelnes Gebäude, sondern ein Platz oder eine Straße. (...)“. Anhaltspunkte dafür, dass der angestrebten Unterschutzstellung von Häusergruppen, Straßenzügen und Plätzen - unabhängig von der Frage, wie viele Einzelbaudenkmäler in einem Ensemble vorhanden sein müssen - ein gänzlicher Verzicht auf das Vorhandensein eines Einzelbaudenkmals entnommen werden könnten, liegen nicht vor.
20. Die von den Denkmalbehörden in den Blick genommen Auslegung orientiert sich vielmehr an der in anderen deutschen Ländern auf Grund von anderslautenden Gesetzesbestimmungen festgelegten Unterschutzstellung von Siedlungen ohne herausragendes Einzeldenkmal als Ensemble (vgl. dazu Eberl in Eberl/ Martin, a. a. O., Art. 1 Rn. 54, 54a, 56 m. w. N. sowie die Formulierungen in § 2 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 19 DSchG Baden-Württemberg, § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Brandenburg, § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG Hamburg, § 2 Abs. 3 Satz 1 DSchG Mecklenburg-Vorpommern, § 3 Abs. 3 Satz 1 DSchG Niedersachsen, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, § 5 DSchG Rheinland-Pfalz, § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Saarland, § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 21 DSchG Sachsen und § 2 Abs. 3 Nr. 3 DSchG Schleswig-Holstein). Von dieser Möglichkeit, ausdrücklich zu bestimmen, dass ein Ensemble auch dann vorliegt, wenn kein oder nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt, hat der bayerische Gesetzgeber bislang keinen Gebrauch gemacht.
21. Ferner ist nach Auffassung des Senats auch in den Blick zu nehmen, dass nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG - der mit Wirkung vom 01.08.2003 in das BayDSchG eingefügt wurde (vgl. GVBI S. 475) – die Erlaubnispflicht einer Veränderung baulicher Anlagen, die für sich genommen kein Baudenkmal sind, davon abhängt, dass die Veränderung sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann (vgl. BayVGH, Beschluss vom 12.12.2012, Az.: 15 ZB 11.736, juris [Rn. 3]). Diese Regelung dient zwar der Verwaltungsvereinfachung und sollte insbesondere für Nicht-Baudenkmäler in Ensembles die bis dahin grundsätzlich auch bei baulichen Änderungen im Inneren dieser Gebäude bestehende Genehmigungsbedürftigkeit entfallen lassen, sie lässt im Übrigen aber die Genehmigungsbedürftigkeit im Ensemble unverändert (vgl. LT-Drs. 14/12042 S. 4).
22. Das Erscheinungsbild des Ensembles wird aber durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild geprägt (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG), das wiederum nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen wie Fronten und/oder Giebeln besteht, sondern aus einem Gesamteindruck (vgl. Eberl in Eberl/ Martin, a. a. O., Art. 1 Rn. 61). Auch das spricht gewichtig dafür, dass das Anliegen des Denkmalschutzes, die Substanz der Objekte zu erhalten, nur dann zu rechtfertigen ist, wenn Einzelbaudenkmäler das Ensemble als Ganzes maßgeblich prägen.
23. Diese Auslegung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG orientiert sich schließlich auch an dem vom Gesetzgeber in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG angeordneten Substanzschutz, der in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 103 BV zu bringen ist. Das BVerfG hat dem Denkmalschutz einen hohen Stellenwert eingeräumt, zugleich aber eine ausreichende Berücksichtigung der Eigentümerbelange gefordert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226).
24. Die Lösung von Konfliktfällen erfolgt im Erlaubnisverfahren an Hand der Regelung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG. Danach kann die Erlaubnis versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Zwar gilt die Regelung ihrem Wortlaut nach nur für die auf einzelne Baudenkmäler bezogenen Fälle des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BayDSchG, doch ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber auch für den in dieser Regelung nicht genannten Fall der Erlaubnis zur Ensembleveränderung ebenfalls eine Versagungsmöglichkeit vorsehen wollte (vgl. dazu BayVGH, Beschluss von 12.12.2012, Az.:15 ZB 11.736, juris [Rn. 5]).
25. Wäre es Absicht des Gesetzgebers gewesen, das Bestehen eines Ensembles auch ohne ein Einzelbaudenkmal anzunehmen, hätte es nahegelegen, in Art. 6 Abs. 2 BayDSchG eine gesonderte Regelung für die Veränderung eines Gebäudes, das selbst kein Baudenkmal ist, jedoch Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Ensembles hat (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG), vorzusehen, um eine unverhältnismäßige Belastung der Eigentümer von Nicht-Baudenkmälern zu vermeiden, die aus der pauschalen Forderung nach Substanzerhaltung resultieren kann.
26. Ob der Landesgesetzgeber nun die Frage, ob es auch in Bayern - unbeschadet der seit 1973, d. h. sozusagen "von Anbeginn an" geübten Praxis - überhaupt „einzeldenkmalfreie Ensembles“ geben darf, gesetzgeberisch beantworten wird, bleibt abzuwarten. In Anschluss an die aktuelle Rechtsprechung des BayVGH zu Fragen der Zumutbarkeit des Denkmalerhalts würde dann eine „Renovierung“ des BayDSchG in Angriff zu nehmen sein.
BayVGH, Urteil, 22.04.2016, AZ: 1 B 12.2353, Publikationsart: http://www.landesanwaltschaft.bayern.de/media/landesanwaltschaft/entscheidungen/2016_04_22_we_denkmalschutzrecht.pdf / BayVBl 2016, 788-781 / NVwZ-RR 2017, 13 ff. / BeckRS 2016, 47035
1. Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (WFKMS vom 30.07.1999, Nr. XII/4-K 4604/1-20/27 967): "Es stellte sich die Frage, ob ein Ensemble im Sinne von Art. 1 Abs. 3 BayDSchG nur vorliegen könne, wenn mindestens eine der dazugehörigen baulichen Anlagen für sich genommen ein Baudenkmal ist. Zwar ist es richtig, dass der diesbezügliche Beschluss des Landesdenkmalrates keine rechtsverbindliche Wirkung hat. Auch die Eintragung der Ensembles in die Denkmalliste ist nicht rechtsbegründend. Das Staatsministerium hält den Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG jedoch nicht für eindeutig. Dem strengen Wortlaut nach verlangt Absatz 3 nur, dass das Orts-, Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltenswürdig ist. Dies lässt die Auslegung zu, dass nicht jede einzelne bauliche Anlage des Ensembles, sondern die baulichen Anlagen als Gesamtheit erhaltenswürdig sein müssen. Es erscheint durchaus denkbar, dass diese Erhaltenswürdigkeit (vgl. Absatz 1: wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder völkerkundlichen Bedeutung) sich nur und gerade aus der Gesamtbetrachtung des Ensembles ergibt. Ob das Orts-, Platz- und Straßenbild insgesamt erhaltenswürdig ist, kann dann nicht maßgeblich davon abhängen, ob ein Einzeldenkmal darunter ist - ansonsten wäre der Schutz nach Absatz 1 ausreichend. Im Ergebnis kann u. E. für die Festlegung als Ensemble daher nicht entscheidend sein, ob eines der Bestandteile des Ensembles Denkmaleigenschaft hat.." 2. Landesanwaltschaft Bayern: "Im Wege eines „obiter dictums“ hat sich der 1. Senat mit der vorliegenden Entscheidung eines in der Denkmalpflege seit langem schwelenden Streits angenommen. Die Frage, ob Art. 1 Abs. 3 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler vom 25.06.1973 (BayDSchG) für das Vorliegen eines Ensembles mindestens ein Einzelbaudenkmal enthalten muss oder ob – wie in anderen Landesdenkmalgesetzen – etwa auch Mustersiedlungen, Straßenzüge oder Platzsituationen ohne Einzeldenkmäler dem Schutz des Denkmalrecht unterliegen, ist in der Praxis der Ensembleausweisung durch das Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) zugunsten einer möglichst umfassenden Unterschutzstellung beantwortet worden. Nur so konnten etwa in München die Siedlung am Gößweinsteinplatz („Dornier-Siedlung“) oder die „Kriegersiedlung“ dem Regime des Denkmalschutzes und auch den damit verbundenen finanziellen Anreizen unterstellt werden. Dieser jahrzehntelang vom BLfD gepflegten Auslegung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG hat der 1. Senat eine klare Absage erteilt. Soweit er an dieser Stelle auf die Rechtsprechung der anderen, gleichfalls mit Fragen des Denkmalschutzes befassten Senate des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verweist (Rn. 21 [s. Anhang]), vermittelt die Lektüre der genannten Entscheidungen allerdings nicht den Eindruck, dass dort bereits eine abschließende Positionierung zur Auslegung des Landesdenkmalrechts stattgefunden hätte. Ob der Landesgesetzgeber dieses Urteil zum Anlass wird, sich zur Frage des 'einzeldenkmalfreien Ensembles' neu oder klarstellend zu äußern, bleibt abzuwarten." (http://www.landesanwaltschaft.bayern.de/media/landesanwaltschaft/entscheidungen/2016_04_22_we_denkmalschutzrecht.pdf)
BayVGH - Urteil v. 22.04.2016 - 1 B 12.2353 - anonym.pdf

1 Allgemeine Rechtsfragen
1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.2 Bedeutung
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.1.7 Folgen für das Eigentum
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.2 Erscheinungsbild
2.1.3 Nichtdenkmal im Ensemble
2.2.3 Abbruch eines „Nur“-Nicht-Einzeldenkmals im Ensemble
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
Diese Entscheidung per E-Mail versenden
1. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB ist auch auf Wetterradaranlagen anwendbar.
2. Nicht jede nachteilige Beeinflussung, die nicht ohne Weiteres beseitigt werden kann, ist zugleich eine "Störung der Funktionsfähigkeit" im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB. Eine rechtserhebliche Störung der Funktionsfähigkeit im Zusammenhang mit einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Vorhaben setzt voraus, dass die Erzielung der gewünschten Ergebnisse verhindert, verschlechtert, verzögert oder spürbar erschwert wird.
3. Ob eine Störung der Funktionsfähigkeit einer Radaranlage im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB vorliegt, ist gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar.
4. Eine nur in besonderen Ausnahmefällen zu befürchtende Störung der Funktionsfähigkeit einer Radaranlage im Sinn des § 35Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB kann der Genehmigung einer nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Windkraftanlage als öffentlicher Belang jedenfalls dann nicht entgegenstehen, wenn die Störung durch Beifügung von Nebenbestimmungen zur Genehmigung vermieden werden kann.
BayVGH, Urteil, 18.09.2015, AZ: 22 B 14.1263, Publikationsart: IBRRS 2016, 0550 / BeckRS 2015, 54740 / GewA 2016, 87 / ZUR 2016, 109 / LSK 2016, 050700 / BauR 2016, 243 / BayVBl 2016, 265 / UPR 2016, 199

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
2.4.2 Räumliche Nähe (Entfernung)
Diese Entscheidung per E-Mail versenden
1. Das nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB als ortsgebundener gewerblicher Betrieb privilegierte Trockenkiesabbauvorhaben (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Nov. 2014, § 35 Rn. 53) auf dem ca. 1,3 ha großen Grundstück FlNr. ... verletzt die Beigeladene nicht in ihrer nach Art. 28 Abs. 1 GG und Art. 11 Abs. 2, Art. 83 Abs. 1 BV garantierten Planungshoheit.
2. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Kiesabbauvorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich zulässig ist, weil ihm - jedenfalls unter dem Vorbehalt ggf. noch festzulegender Auflagen oder anderer Nebenbestimmungen in dem Vorbescheid (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.11.1997, Az.: 4 B 179/97, NVwZ-RR 1999, 74) - keine öffentlichen Belange entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist (§ 35 Abs. 1 BauGB).
3. Die Prüfung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB erfordert insoweit eine nachvollziehende Abwägung, bei der die Schutzwürdigkeit des jeweils betroffenen Belangs sowie die Intensität und die Auswirkungen des Eingriffs dem Interesse an der Realisierung des privilegierten Vorhabens gegenüberzustellen sind. Je höher der Wert des Denkmals einzuschätzen und je schwerwiegender das Erscheinungsbild betroffen ist, desto eher ist eine erhebliche Beeinträchtigung anzunehmen.
4. Andererseits ist aber auch das Gewicht, welches der Gesetzgeber einem privilegierten Vorhabens im Außenbereich beimisst, besonders in Rechnung zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2001, Az.: 4 C 3.01, BauR 2002, 751/753; BayVGH, Urteil vom 18.07.2013, Az.: 22 B 12.1741, BayVBl. 2014, 23 / juris [Rn. 25]; NdsOVG, Urteil vom 21.04.2010, Az.: 12 LB 44/09, BauR 2010, 1550 / juris [Rn. 55 f.]); denn an das „Entgegenstehen“ eines öffentlichen Belangs im Sinne des § 35Abs. 1 BauGB sind höhere Anforderungen zu stellen als an die bloße „Beeinträchtigung“ im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3BauGB. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB in planähnlicher Weise dem Außenbereich zugewiesen und ihnen damit einen Vorrang eingeräumt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.1967, Az.: IV C 86/66, BVerwGE 28, 148 / juris [Rn. 12]).
5. Es muss demnach eine besondere, erhebliche Beeinträchtigung eines Denkmals vorliegen, damit dieser Belang sich gegenüber dem Interesse an der Verwirklichung des privilegierten Vorhaben durchsetzt (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.07.2013, Az.: 22 B 12.174, BayVBl. 2014, 23 [Rn. 25]; Beschluss 30.04.2014, Az.: 22 ZB 14.680, BeckRS 2014, 51282 [Rn. 17]).
6. Wann eine solche besondere, erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Als erhebliche Beeinträchtigung eines Denkmals kann nicht nur eine Situation angesehen werden, in der ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird, sondern auch die Tatsache, dass die Wirkung des Denkmals als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element geschmälert wird.
7. Neue bauliche Anlagen müssen sich zwar weder völlig an vorhandene Baudenkmäler anpassen, noch unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich ist. Aber sie müssen sich an dem vom Denkmal gesetzten Maßstab messen lassen, dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen, so dass die besondere künstlerische, geschichtliche oder städtebauliche Bedeutung des Denkmals durch das Vorhaben nachhaltig geschmälert wird.
8. Die genannten Merkmale müssen in schwerwiegender Weise gegeben sein, damit von einer erheblichen Beeinträchtigung gesprochen werden kann (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, BayVBl 2014, 502 / juris [Rn. 32]; Urteil vom 18.07.2013, Az.: 22 B 12.1741, BayVBl 2014, 23 [Rn. 26]; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 06.08.2012, Az.: 2 L 6/10, BRS 79 Nr. 149 [Rn. 78 ff.]). Dabei ist auch der Denkmalwert eines Denkmals zu berücksichtigen. Bei einem Baudenkmal von herausragender Bedeutung kann eher eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.07.2013, Az.: 22 B 12.1741, BayVBl. 2014, 23 [Rn. 26]; Beschluss vom 20.05.2015, Az.: 22 ZB 14.2827, BeckRS 2015, 47066 [Rn. 13]).
9. Für den Umgebungsschutz ist vor allem die Freihaltung von Bebauung im Umfeld des Denkmals und die Erhaltung von Sichtbeziehungen auf das Kulturdenkmal und seine Umgebung von Bedeutung (vgl. BayVGH, Urteil vom 08.03.1982, Az.: 14.B 768/79, BRS 39, Nr. 81; Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, BayVBl. 2014, 502 / juris [Rn. 38 ff.]; Beschluss vom 20.05.2015, Az.: 22 ZB 14.2827, a. a. O. [Rn. 21]).
10. Nach diesen Maßstäben stehen dem Kiesabbauvorhaben Belange des Denkmalschutzes nicht entgegen. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Umgebungsschutzes der in die Denkmalliste eingetragenen Wallfahrtskapelle „Zum Heiligen Kreuz“ als auch hinsichtlich des Substanzschutzes.
11. Ein grober Verstoß gegen Belange des Denkmalschutzes kann nicht wegen der Nähe des Kiesabbauvorhabens zur Wallfahrtskapelle „Zum Heiligen Kreuz“ angenommen werden. Zwar handelt es sich bei der in die Denkmalliste eingetragenen Wallfahrtskapelle nach den auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellten Feststellungen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege als der zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung berufenen Fachbehörde (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG), dessen Einschätzungen insoweit tatsächliches Gewicht zukommt (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.07.2013, Az.: 22 B 12.1741, BayVBl 2014, 23 [Rn. 27]), um ein Baudenkmal von hoher Bedeutung.
12. Die in den 1680er Jahren errichtete und im Jahr 1687 eingeweihte barocke Kapelle wurde als Alleinanlage auf freiem Feld in nach allen Himmelsrichtungen exponierter Lage konzipiert und weist ein über drei Jahrhunderte tradiertes weitgehend ungestörtes Erscheinungsbild auf. In Folge ihrer exponierten Lage ist der Blick auf sie im näheren Umfeld nach Westen, Osten und Süden weitgehend unverstellt. Sie ist - soweit sie nicht durch eine von Süden nach Westen reichende hohe Baumgruppe in unmittelbarer Nähe der Kirche verdeckt wird - mit Ausnahme von Norden gut einsehbar und prägt optisch die Landschaft. Die Wallfahrt geht nach der Überlieferung auf zwei Wunderheilungen im 17. Jahrhundert an einem Feldkreuz zurück, welches den Anlass zur Errichtung der Kapelle gegeben hat und dessen Nachbildung sich heute in deren Inneren befindet (vgl. http://de.wikipedia. org/wiki/Zum_Heiligen_Kreuz_(P.)).
13. Der Senat folgt deshalb der Einschätzung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, dass der Umgebungsschutz substantieller Teil der Denkmaleigenschaft der Kapelle ist und der störungsfreie Erhalt ihrer unmittelbaren Umgebung aus denkmalpflegerischer Sicht erforderlich ist. Dabei wird unterstellt, dass die „unmittelbar“ schutzwürdige und damit grundsätzlich unverändert beizubehaltende und insbesondere auch von im Außenbereich privilegierter Bebauung freizuhaltende Umgebung über den hier in Rede stehenden Radius von 165 m hinausreicht.
14. Weiterhin ist davon auszugehen, dass durch das westlich in einer Entfernung von 165 m zur Kapelle geplante Kiesabbauvorhaben der Klägerin das Erscheinungsbild und damit die Denkmalwürdigkeit der Kapelle spürbar beeinträchtigt wird, weil durch das bis zu 3 m hohe Bauvorhaben die westliche Sicht von der Staatsstraße zur Wallfahrtskapelle zum Teil verdeckt wird. Damit geht, wenn auch nicht von allen Seiten und von Westen nur teilweise eine kulturhistorisch und landschaftlich bedeutsame Blickbeziehung auf die Kapelle verloren, wodurch die Wirkung des Baudenkmals deutlich geschmälert wird. Mindernd fällt insoweit allerdings ins Gewicht, dass die Staatsstraße in dem fraglichen Bereich über keinen Gehweg verfügt, so dass von dieser Einschränkung der Blickbeziehung im Wesentlichen rasch vorbeifahrende Kraftfahrzeuge auf einer begrenzten Strecke betroffen sein dürften. Keine Rolle spielt hingegen, dass das Erscheinungsbild dieser Umgebung bereits durch mehrere große landwirtschaftliche Gebäude beeinträchtigt wird, die an die Kapelle zum Teil noch näher heranreichen als das Kiesabbauvorhaben der Klägerin. Würde nämlich eine beachtliche Veränderung bei einem „vorbelasteten“ Baudenkmal wegen dieser Vorbelastung nicht als rechtserheblich eingestuft, könnte ein Baudenkmal schrittweise in seiner Gestalt und möglicherweise sogar in seinem Bestand preisgegeben werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 09.06.2004, Az.: 26 B 01.1959, NVwZ-RR 2005, 529 / juris [Rn. 19]; Beschluss vom 23.10.2012, Az.: 1 ZB 10.2062, juris [Rn. 14 jeweils zu Art. 6 DSchG]; BayVerfGH, Entscheidung vom 17.03.1999, Vf. 23-VI-98, VerfGHE 52, 4/6 f. zu Art. 141 Abs. 2 BV; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 06.08.2012, Az.: 2 L 6/10, BRS 79 Nr. 149 Rn. 78 f.).
15. Die bestehenden weitreichenden Einschränkungen der Sichtbeziehungen durch den vorhandenen Baumbestand und die landwirtschaftlichen Gebäude nördlich der Kapelle vermögen deshalb die Schutzwürdigkeit der verbleibenden Blickbeziehungen nicht verringern.
16. Zu Gunsten des Bauvorhabens fällt allerdings ausschlaggebend ins Gewicht, dass diese Beeinträchtigung nicht nachhaltig bestehen bleiben und der Kiesabbau zu keiner dauerhaften Veränderung der Bodengestalt oder Bodennutzung führen wird, sondern auf etwa 17 Jahre beschränkt ist, wobei die Fläche bereits nach 12 Jahren Zug um Zug wieder rekultiviert werden soll. Wenn es sich hierbei auch nicht um einen unerheblichen Zeitrahmen handelt, kann doch nicht gänzlich außer Acht gelassen werden, dass dieser Zeitraum auch im Verhältnis zu dem Alter der Kapelle von rund 330 Jahren und der nach Angaben des Vertreters des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege zu erwartenden Lebensdauer von weiteren mehreren Jahrhunderten nicht unverhältnismäßig erscheint. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Bodenabbau nach dem Vorbescheidsantrag nur stufenweise in drei Teilabschnitten auf jeweils einem Drittel der Grundstücksfläche durchgeführt werden soll. Eine für die Blickbeziehung zum Baudenkmal möglichst schonende Ausführung kann insoweit ebenso wie eine entsprechende zeitliche Begrenzung des Kiesabbaus ggf. durch Nebenbestimmungen (Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG) zum Vorbescheid sichergestellt werden.
17. Nach Auffassung des Senats ist der Beeinträchtigung der denkmalschutzrechtlichen Belange, insbesondere dem öffentlichen Belang an der Aufrechterhaltung der Sichtbeziehung von der Staatsstraße zur Wallfahrtskirche, im Rahmen der gebotenen Abwägung daher nicht ein solches Gewicht beizumessen, dass dieses das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Verwirklichung des privilegierten Kiesabbauvorhabens überwiegen und dem Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen würde.
18. Ebenso wenig kann ein (grober) Verstoß gegen Belange des Denkmalschutzes auf Grund der vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in den Raum gestellten Vermutung einer „Gefahr von Substanzschäden an der Kapelle in Folge möglicher Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Grundwasserverhältnisse“ angenommen werden. Der Senat hält eine derartige Gefahr, die das Landesamt lediglich auf die allgemeine Tatsache stützt, dass „historische Gebäude häufig nicht tief fundamentiert oder auf Holzrosten oder Holzpfählen gegründet seien“, nach derzeitigem Stand für unwahrscheinlich. Denn nach dem - insoweit maßgeblichen - Vorbescheidsantrag soll der Kiesabbau bis maximal 2 m über dem Grundwasser erfolgen, wobei von einem Grundwasserstand in einer Tiefe von 7 m bis 8 m ausgegangen wurde. Sollte sich im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens oder des endgültigen Genehmigungsverfahrens dennoch die Gefahr einer Substanzbeeinträchtigung an der Kapelle auf Grund von Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Grundwasserverhältnisse bestätigen, kann die Genehmigung ohne Weiteres auf der Grundlage des landesrechtlichen Denkmalschutzrechts (Art. 6 BayDSchG) mit entsprechenden Nebenbestimmungen zur Vermeidung einer solchen Schädigung versehen oder, sollten entsprechende Schädigungen unvermeidbar sein, ganz versagt werden.
BayVGH, Urteil, 16.06.2015, AZ: 15 B 13.424, Publikationsart: BeckRS 2015, 48022 / LSK 2016, 030068 / BayVBl 2016, 54 / NuR 2016, 129

1.2.3 Nebenbestimmungen, Nachträgliche Anordnungen
2 Baudenkmalpflege
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
2.4.2 Räumliche Nähe (Entfernung)
3 Bodendenkmalpflege
3.1.2 Erdhindernisse
3.2 Veränderungen, Zerstörungen, Pflichten
3.2.3 Abbau von Bodenschätzen
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1. Die ungestörte Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG) wird wohl kaum einmal durch den Anblick einer 1,8 km entfernten Windkraftanlage beeinträchtigt sein.
2. Vorliegend geht es aber nicht um die ungestörte Religionsausübung, sondern um Denkmal- und Eigentumsschutz (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG). Die vom Verwaltungsgericht ausgeführte Bedeutung der Kirche St. Sebastian ist nicht nur religiöser, sondern auch geschichtlicher, künstlerischer, städtebaulicher und volkstümlicher Art. Die Kirche hat als Grabstätte der Seligen Edigna jedenfalls auch geschichtliche Bedeutung und als Hauptverehrungsstätte dieser Frau auch volkstümliche Bedeutung, wenngleich beschränkt auf die nähere Umgebung. Die herausgehobene topographische Lage hat städtebauliche Bedeutung. Die Blickbeziehung von Bruck nach Puch ist jedenfalls auch von künstlerischer und städtebaulicher Bedeutung.
3. Bezüglich des Prüfkriteriums aus der Rechtsprechung des BayVGH, wonach es wesentlich auf den Denkmalwert eines Baudenkmals ankommt, wenn die Frage der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung beantwortet werden muss (Urteil vom 18.07.2013, Az.: 22 B 12.1741, BeckRS 2013, 54626 [Rn. 26 ff.]). Bei einem Baudenkmal von herausragender Bedeutung kann eher eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen werden und können eher gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Als etwas Besonderes werden die herausgehobene topographische Lage und die historische Blickbeziehung von Bruck nach Puch gesehen.
4. Nicht jedes Aufragen einer Windkraftanlage hinter einem Zwiebelturm stellt eine erhebliche Beeinträchtigung eines Baudenkmals dar und müsste aus gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes und aus Gründen des Schutzes des Denkmaleigentümers unterbleiben. Ob der Maßstab der Erheblichkeit überschritten ist, ist jeweils an Hand des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. auch BayVGH, Urteil vom 24.01.2013, Az.: 2 BV 11.631, BayVBl 2013, 471/472). Hinzutretende Anlagen müssen sich an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat, und dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpert (BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, BeckRS 2013, 54624 [Rn. 32]). Es braucht sich dabei nicht um einen extremen Ausnahmefall zu handeln.
5. Das BayVG München hat erstinstanzlich erkannt, dass das Wesen, das überlieferte Erscheinungsbild oder die künstlerische Wirkung in Gestalt der historischen Blickbeziehung Bruck - Puch besonders gestört werde. Die besondere Blickbeziehung von Osten bzw. Südosten werde erheblich beeinträchtigt. Die Windkraftanlage verdränge gleichsam die Kirche und lasse in schwerwiegender Weise die gebotene Achtung gegenüber den in dieser Kirche verkörperten Werten vermissen. Das BayVG München konnte sich hier in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Stellungnahmen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege stützen.
6. Die optischen Wirkungen der bereits errichteten Windkraftanlage in Mammendorf können hier nicht den Ausschlag geben, weil diese Windkraftanlage von der Kirche St. Sebastian „viel weiter entfernt“ ist. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege verwendete zwar nicht den Begriff der „landschaftprägenden Eigenschaft“, führte aber doch aus, dass von Bruck her die eiszeitliche Flussterrasse mit der krönenden Kirche besonders in Erscheinung trete. Die strittige Windkraftanlage werde daher von der fußläufigen Verbindung (von Osten her) neben dem Kirchturm und konkurrierend zu diesem markant in Erscheinung treten. Die strittige Windkraftanlage wirke sich so überaus störend auf die historische Blickbeziehung von Bruck nach Puch aus. Gerade auch die rotierenden Flügel befänden sich in krassem Gegensatz zur statischen Ruhe eines Kirchturms. Durch die Bewegung des Windrads nehme der Betrachter eine Beeinträchtigung noch viel stärker wahr, als es bei einer Beeinträchtigung z. B. durch einen Hochspannungsmast der Fall sei.
7. Dass die Untere Denkmalschutzbehörde, nämlich das Landratsamt (Art. 11 Abs. 1 BayDSchG), anderer Auffassung ist als das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, spielt mangels vergleichbarer fachlicher Kompetenz keine entscheidende Rolle. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ist „die“ staatliche Fachbehörde für alle Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege (Art. 12 Abs. 1 BayDSchG).
8. Das Vorhandensein eines historischen Pilgerwegs lässt sich aus dem Akteninhalt und den Stellungnahmen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege nicht eindeutig ableiten, am ehesten noch aus dem eingeholten Parteigutachten. Entscheidungserheblich ist dieser Umstand aber nicht.
9. Nach der Rechtsprechung des BayVGH ist es von wesentlicher Bedeutung, ob ein Baudenkmal bewusst in eine bestimmte Landschaft hinein komponiert wurde, ob seine Umgebung so gestaltet wurde, dass sie sich auf das Baudenkmal bezieht, um die mit ihm verfolgte künstlerische Absicht zu verdeutlichen und zu verstärken (BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, BeckRS 2013, 54624 [Rn. 40]). Es kommt insofern darauf an, ob ein Gebäude bei seiner erstmaligen Errichtung oder bei einer denkmalschutzrechtlich relevanten Umgestaltung so konzipiert wurde, dass es auf das Vorhandensein bestimmter Sichtachsen angelegt wurde (BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, a. a. O. [Rn. 41]). Es kann also sein, dass es nach dem zugrunde liegenden architektonischen Konzept gerade auf eine bestimmte Blickbeziehung zu einer Kirche bzw. einem Kirchturm besonders ankommt, z. B. von einem ganz bestimmten Zugangsweg aus. Es mag also der Kirchenbau so konzipiert worden sein, dass der Blick der Gläubigen beim Zugang zur Kirche auf den Kirchenbau als Verkörperung ihres Glaubens fällt und eben nicht auf eine Windkraftanlage.
10. In einem allgemeineren Sinn ist von einer derartigen Konzeption bei Annäherung von Osten und Südosten zur Kirche St. Sebastian auszugehen, insbesondere bei fußläufiger Annäherung aus diesem Bereich, also auf eine typische Annäherungsrichtung aus dem Tal nach Westen zur Anhöhe hin. Dies entspricht auch der historisch gewachsenen volkstümlichen, religiösen (Wallfahrten) und touristischen Zugangsrichtung zum Baudenkmal hin.
11. Etwaige Vorbelastungen, wie einen großen Baumarkt mit seinem großen Parkplatz, vermögen die Gründe des Denkmalschutzes nicht zu entwerten, solange es überhaupt noch etwas zu schützen gibt.
12. Die vorgebliche Lebensdauer von 30 Jahren der strittigen Windkraftanlage, die verwaltungsverfahrensrechtlich mit einer Rückbauverpflichtung verbunden wurde, klärt nicht, inwiefern ein Zeitraum von 30 Jahren für die durch den Denkmalschutz geschützte Allgemeinheit und für den vor erheblichen Beeinträchtigungen zu schützenden Denkmaleigentümer nur geringfügig sein sollte. An einem bereits bestehenden Windkraftanlagenstandort könnte sich nach dem Ende der Lebensdauer einer bestehenden Anlage auch ein sog. Repowering aufdrängen. Die Windenergienutzung ist vom Gesetzgeber nicht als nur vorübergehende Art der Energiegewinnung konzipiert.
13. Die Belange und die besondere Bedeutung der Windenergienutzung stehen weder der Annahme einer eigentumsrechtlich bedeutsamen erheblichen Beeinträchtigung entgegen noch können sie sich gegenüber den Belangen des Denkmal- und Eigentumsschutzes generell, sondern nur im konkreten Einzelfall durchsetzen, wie sich bereits aus § 35 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 Nr. 5 BauGB ergibt. Die Windenergienutzung muss im konkreten Fall durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls oder überwiegende private Interessen gerechtfertigt sein (BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, Az.: 4 C 3/08, Az.: BVerwGE 133, 347/353 [Rn. 14]). Derartige Gesichtspunkte werden dann aber nicht bei der Beurteilung der erheblichen Betroffenheit bzw. des Gewichts der Gründe des Denkmalschutzes, sondern bei der Ausübung des Versagungsermessens nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG zu berücksichtigen sein.
14. Die Frage, ob die erhebliche Beeinträchtigung eines Baudenkmals dem Eigentümer nach Art. 14 Abs. 1 GG zugemutet werden könne, wenn er in der Vergangenheit keine denkmalbedingten, über den normalen Bauunterhalt hinausgehenden Investitionen getätigt habe, die durch die Beeinträchtigung entwertet werden könnten, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt ist. Die klagende Denkmaleigentümerin wird durch Art. 4 BayDSchG in die Pflicht genommen, das Baudenkmal zu erhalten, zu pflegen und Schäden am Baudenkmal zu beseitigen, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Diese Inpflichtnahme hat dem BVerwG als Begründung für einen Schutz durch Art. 14 Abs. 1 GG genügt (BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, Az.: 4 C 3/08, a. a. O. [Rn. 14]; ebenso BayVGH, Urteil vom 24.01.2013, Az.: 2 BV 11.1631, BayVBl 2013, 471/472; HessVGH, Urteil vom 09.03.2010, Az.: 3 A 160/10, BeckRS 2010, 48970 [Rn. 64]).
BayVGH, Beschluss, 20.05.2015, AZ: 22 ZB 14.2827, Publikationsart: BeckRS 2015, 47066

1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2 Baudenkmalpflege
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1 Inhaltliche Nähe
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
2.4.2 Räumliche Nähe (Entfernung)
2.4.3 Überprüfbarkeit der Nähefeststellung
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1. Der Eigentümer eines Denkmals wird durch die Zulassung einer Windkraftanlage in der Nähe dieses Objekts nur dann in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 103 Abs. 1 BV verletzt, wenn diese Anlage die in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG genannten Rechtsgüter erheblich beeinträchtigt (im Anschluss an BayVGH, Urteil vom 24.01.2013, Az.: 2 BV 11.1631, juris).
2. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (Denkmalfachbehörde) ist die zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG berufene Fachbehörde.
3. Hierbei kommt den fachlichen Einschätzungen des Landesamts tatsächliches Gewicht zu; eine rechtliche Bindung für Immissionsschutzbehörden und Gerichte besteht jedoch nicht.
4. Es ist Aufgabe des Gerichts, Stellungnahmen des Landesamts nachvollziehend zu überprüfen (hier: kritische Bewertung des Gerichts hinsichtlich einer von der Fachbehörde angenommenen landschaftsprägenden Funktion eines Schlosses).
5. Zur denkmalgeschützten künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals kann seine Innen-Außen-Blickbeziehung gehören (hier nach konkreter Betrachtung aller Umstände i. E. aber verneint).
6. Im Falle einer Nachbaranfechtungsklage (hier: gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung) führt zudem die Anordnung der Zwangsverwaltung über das Grundstück des benachbarten Klägers nicht automatisch zum Verlust der Prozessführungsbefugnis.
7. In Anlehnung an BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, Az. 4 C 3.08, juris, ist auf Grund der Ausstrahlungswirkung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eine Verletzung des Denkmaleigentümers in einem subjektiven Recht im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO notwendig dann zu bejahen, wenn die gerichtliche Sachprüfung ergeben hat, dass das Denkmal durch ein Vorhaben in dessen Umgebung tatsächlich erheblich beeinträchtigt wird.
8. Aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG ergibt sich kein darüber hinausgehender landesrechtlicher Drittschutz.
9. Soweit nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG keine Gründe für die Versagung einer in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eingeschlossenen denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis in drittschutzrelevantem Umfang vorliegen, kann auch § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB der Erteilung dieser Genehmigung nicht als drittschützende Norm entgegenstehen.
10. Die vorliegende Entscheidung, bei der sich die denkmalbezogenen Belange – anders als im Fall BayVGH, Urteil vom 18.07.2013, Az. 22 B 12.1741, juris, im Ergebnis nicht gegenüber der privilegierten Windenergieanlage durchsetzen konnten, bestätigt, dass auch unter dem Gesichtspunkt des Denkmalschutzes der Energiewende künftig keine grundsätzlich unüberwindbaren Hürden entgegenstehen werden. Beide Entscheidungen vom 25.06.2013 und vom 18.07.2013 machen in der Zusammenschau deutlich, dass es im Spannungsverhältnis von Windenergienutzung und Nachbarschutz einerseits immer auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, andererseits aber auch auf die präzise erkannte und denkmalpflegerisch begründete Denkmaleigenschaft einschließlich der ggf. dem Denkmal substantiell inne wohnenden Einbettung in die Kulturlandschaft (Wirkungsraum) ankommen wird,
BayVGH, Urteil, 25.06.2013, AZ: 22 B 11.701, Publikationsart:
BayVGH - Urteil v. 25.06.2013 - 22 B 11.701.pdf

1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
2 Baudenkmalpflege
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1 Inhaltliche Nähe
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
2.4.2 Räumliche Nähe (Entfernung)
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1. Dem Denkmaleigentümer kann im Hinblick auf seine gesetzlichen Pflichten, das Denkmal zu erhalten und zu pflegen, sowie im Hinblick auf die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Rahmen des sogenannten Umgebungsschutzes nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG ein Abwehrrecht gegen eine Baumaßnahme in der Nähe des Baudenkmals zukommen, wenn sich diese auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals erheblich auswirkt.
2. Darüber hinaus lässt sich dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz jedoch kein allgemeiner Drittschutz zu Gunsten des Denkmaleigentümers entnehmen.
3. Die Entscheidung schließt an die Rechtsprechung des BVerwG (vgl. Urteil vom 21. April 2009, Az.: 4 C 3/08, juris) und des BayVGH (vgl. Beschluss vom 4. August 2011, Az.: 2 CS 11.997, juris) an.
4. Das BVerwG hat in diesem Zusammenhang richtungsweisend ausgeführt, der Eigentümer eines Kulturdenk-mals sei gemäß § 42 Abs. 2 VwGO befugt, die denkmalrechtliche Genehmigung des Vorhabens anzu-fechten, wenn ein Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens erheblich beeinträchtige.
5. Nur wenn dem Eigentümer ein Anfechtungsrecht eingeräumt werde, könne die Verhältnismäßigkeit der ihm aufer-legten Pflicht, das Kulturdenkmal zu erhalten und zu pflegen, gewahrt werden.
BayVGH, Urteil, 24.01.2013, AZ: 2 BV 11.1631, Publikationsart: Juris / http://www.landesanwaltschaft.bayern.de/images/PDFs/2013/2a1631b.pdf / BayVBl 2013, 470-472

2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.1 Grundsätze
2.3.10 Nachbarschutz
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1 Inhaltliche Nähe
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1. Eine bauliche Anlage stammt dann „aus vergangener Zeit“ i. S. v. Art. 1 I, II 1 BayDSchG, wenn es einer abgeschlossenen, historisch gewordenen Epoche zuzurechnen ist.
2. Von Gesetzes wegen verfolgt der Denkmalschutz nicht das Anliegen, auch schon in jüngerer oder gar jüngster Zeit entstandene bauliche Anliegen unverändert zu erhalten, die städtebaulich oder künstlerisch besonders gelungen erscheinen, so wünschenswert dies auch i. S. einer anspruchsvollen Baukultur sein mag. Eine derartige „begleitende“ oder „nacheilende“ Qualifizierung solcher Bauwerke als Baudenkmäler entspricht nicht der in der bayerischen Verfassung (Art. 141 II BV) verankerten originären Aufgabe des Denkmalschutzes, die, auf die kürzestmögliche Formel gebracht, lautet: „Lebendigerhaltung des historischen Erbes“.
3. Durch den im Rahmen des Architekturprojektes „Bauen im Bestand“ konzeptionell in den vorhandenen Denkmalbestand (Jugendstilvilla mit Park) „hineinkomponierten“ Holzpavillon mit Verbindungsbrücke zur Jugendstilvilla entstand dennoch kein neues „Gesamtdenkmal“. Allerdings liegt ein sog. „Nähefall“ nach Art. 6 I 2 BayDSchG vor.
BayVGH, Urteil, 28.05.2009, AZ: 2 B 08.1971, Publikationsart: NVwZ-RR 2009, 793-795 / BayVBl. 2010, 110-112 / juris / EzD 2.2.6.4 Nr. 47 (Anm. F. Koehl, S. 5-6)

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.3 „aus vergangener Zeit“
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1 Inhaltliche Nähe
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.4 Umgebender Park, Garten, etc.
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
2.4.2 Räumliche Nähe (Entfernung)
2.4.3 Überprüfbarkeit der Nähefeststellung
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1. Der mit der Grundlagenermittlung beauftragte Architekt muss mit dem Auftraggeber erörtern, ob dieser trotz ihm bekannter risikoreicher Bodenverhältnisse - hier: unzureichende Standsicherheit des Bauvorhabens wegen der Lage an einem abbruchgefährdeten Steilhang - an dem Bauvorhaben festhalten will.
2. Unterlässt der Architekt die gebotene Erörterung, ist er beweispflichtig dafür, dass der Auftraggeber an dem Bauvorhaben festgehalten hätte, wenn ihm die Gefährdung in ihrer ganzen Tragweite bewusst gemacht worden wäre.
3. Diese Grundsätze gelten auch für den Tragwerksplaner, weil auch er im Rahmen der von ihm vertraglich übernommenen Grundlagenermittlung standortbezogene Einflüsse unter Berücksichtigung der Bodenverhältnisse in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber klären muss. 4. Architekten und Statiker handeln somit pflichtwidrig, wenn sie Risiken, denen ein Bauvorhaben (hier an der Steilküste in Rügen) ausgesetzt ist, nicht mit dem Auftraggeber erörtern und zudem behördlich auferlegte Bodenuntersuchungen unterlassen.
5. Muss sich dem Auftraggeber auf Grund eigener Kenntnis tatsächlicher Umstände aufdrängen, dass die Planung des Architekten sowie die Statik des Tragwerksplaners eine bestimmte Gefahrenlage in Kauf nehmen, verstößt der Auftraggeber regelmäßig gegen die in seinem eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, wenn er die Augen vor der Gefahrenlage verschließt und das Bauvorhaben durchführt (Fortführung von BGH, Urteil vom 10.02.2011, Az.: VII ZR 8/10, BauR 2011, 869 / NZBau 2011, 360). Den Auftraggeber trifft daher ein Mitverschulden, wenn sich ihm auf Grund tatsächlicher Umstände aufdrängen muss, dass die Planung des Architekten sowie die Statik des Tragwerksplaners eine bestimmte Gefahrenlage in Kauf nehmen.
BGH, Urteil, 20.06.2013, AZ: VII ZR 4/12, Publikationsart: 1. http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2013&Seite=0&nr=64422&pos=6&anz=110 2. http://beck-aktuell.beck.de/node/1027156
BGH - Urteil v. 20.06.2013 - VII ZR 4.12.pdf

1.1.10 Denkmaleigenschaft und Zivilrecht
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten
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1. Vor der Ausführung eines Bauprojektes, dessen Bauort zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht in einem besonders geschützten FHH-Gebiet lag, wie hier im Fall des ohne Verträglichkeitsprüfung nach RL92/43/EWG (Habitatrichtlinie) errichteten Baus der Waldschlößchenbrücke in Dresden, kann eine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung erforderlich sein, wenn eine solche Prüfung die einzige geeignete Maßnahme darstellt, um erhebliche Verschlechterungen der Lebensräume oder Störungen von Arten zu verhindern.
2. Das BVerwG muss als Revisionsinstanz über die Klage der Naturschutzvereinigung "Grüne Liga Sachsen“ gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Dresden (jetzt: Landesdirektion Dresden) vom Februar 2004 zum Bau der Waldschlößchenbrücke entscheiden. Dem Planfeststellungsbeschluss lag nur eine Gefährdungsvorabschätzung zugrunde, aber keine den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 der RL92/43/EWG genügende Verträglichkeitsprüfung. Die EU-Kommission nahm das Gebiet Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg allerdings erst im Dezember 2004, also nach Erteilung der Genehmigung zum Brückenbau, in die Liste von (besonders geschützten) Gebieten mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 RL92/43/EWG) auf. Die Arbeiten zum Bau der Waldschlößchenbrücke begannen wiederum erst im November 2007. Fertig ist die Brücke seit 2013.  
3. Das BVerwG rief den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren an und wollte insbesondere wissen, ob vor Beginn des Brückenbaus eine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung erforderlich war, obwohl das Gebiet erst nach Genehmigung des Baus in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden war.  
4. Der EuGH entschied nun hierauf, dass sich dieses Erfordernis der nachträglichen Verträglichkeitsprüfung aus Art. 6 Abs. 2 RL92/43/EWG ergeben könne. wenn eine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung die einzige geeignete Maßnahme darstelle, um erhebliche Verschlechterungen der Lebensräume oder Störungen von Arten zu verhindern. Dies zu prüfen sei allerdings Sache des vorlegenden BVerwG.  
5. Falle eine nachträglich zur Fehlerheilung durchgeführte Verträglichkeitsprüfung negativ aus, könne Art. 6 Abs. 3 RL 92/43/EWG analog angewendet werden. Sollte sich bei Abwägung der Interessen ergeben, dass die Waldschlößchenbrücke doch wieder abzureißen wäre, müsste dieses Rückbauvorhaben nun selbst vor seiner Ausführung einer Verträglichkeitsprüfung unterzogen werden.
EuGH, Urteil, 14.01.2016, AZ: C‑399/14, Publikationsart: 1) Planfeststellungsbeschluss für die "Waldschlösschenbrücke" in Dresden: OVG Bautzen, Beschluss vom 12.11.2007, Az.: 5 BS 336/07, BeckRS 2007, 27767 2) Vorlagebeschluss: BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014, Az.: 9 C 6.12 BeckRS 2014, 54727 3) EuGH: Urteil vom 14.01.2016, Az.: Rs.  C‑399/14, http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=9ea7d2dc30ddb6bd8b9cc442414eb16af34f8c25cbd9.e34KaxiLc3qMb40Rch0SaxuSaxn0?text=&docid=173523&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=1125874

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.8 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
2 Baudenkmalpflege
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1 Inhaltliche Nähe
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. War ein planungsrechtlicher Vorbescheid zum Zeitpunkt der Erteilung einer Baugenehmigung einem Dritten gegenüber noch nicht bestandskräftig, so kann dieser die Baugenehmigung uneingeschränkt anfechten. Das Schicksal des Vorbescheids ist dann wegen der Zweitregelung des Inhalts in der Baugenehmigung für die Rechtstellung des Dritten ohne Bedeutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 1989, Az.: 4 C 14/85, NVwZ 1989, 863 / juris Rn. 15).
2. Ein Dritter, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seinem Rechtsbehelf allerdings nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt.
3. Dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Bauherrn, der in unmittelbarer Umgebung eines Denkmals eine bauliche Anlage errichten will, ist nach dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme nach Lage der Dinge ein erhöhtes Maß an Rücksichtnahme in Hinblick auf die Eigenart und das Erscheinungsbild des Denkmals zuzumuten.
4. Bei der Bewertung der Zumutbarkeit kann es darauf ankommen, ob sich in unmittelbarer Umgebung des Vorhabens gesteigert schutzwürdige bauliche Anlagen befinden.
5. Dies ist bei Baudenkmalen jedenfalls dann der Fall, wenn durch das Vorhaben die unmittelbare Umgebung des Denkmals verändert wird. 
6. Die Ziele des Denkmalschutzes lassen sich nur erreichen, wenn ggf. auch das Eigentum in der Umgebung eines denkmalgeschützten Gebäudes beschränkt wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. September 2012, Az.: OVG 10 S 21.12 / juris).
7. Trotz der Regelung von § 212a Abs. 1 BauGB überwiegt dann das Suspensivinteresse des Denkmaleigentümers das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit bzw. des Vorhabensträgers.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss, 11.03.2014, AZ: 10 S 13/12, Publikationsart: Grundeigentum 2014, 601-604 / LKV 2014, 227-231 / KommJur 2014, 272-276 / ZAP EN-Nr 289/2014 / BauR 2014, 1519 / juris / EzD 2.2.6.4 Nr. 92 (mit sehr zutreffender Anm. F. Koehl)

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.7 Bauvorbescheid
2 Baudenkmalpflege
2.3.10 Nachbarschutz
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
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1. Das VG Potsdam beachtete insoweit den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz des Klägers und entschied im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG, insbesondere dem vom Kläger, dessen bereits errichtete grenzständige Garage ein nachbarliches Denkmal und des Denkmals "Gutsanlage K." beeinträchtigen kann, in Bezug genommenen Beschluss vom 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, NJW 1999, 2877 ff.). Es ist insbesondere zu Recht davon ausgegangen, dass Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse nicht weitergehen dürfen, als der Schutzzweck reiche, dem die Regelung diene, und dabei der Kernbereich der Eigentumsgarantie, zu dem sowohl die Privatnützigkeit als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand gehören, nicht ausgehöhlt werden dürfe.
2. Es ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, diese Grenze sei vorliegend nicht erreicht; zwar umfasse die Baufreiheit des Art. 14 GG grundsätzlich das Recht, eine Garage zu bauen, sie sei hier jedoch zulässigerweise durch das DSchG Brandenburg und die Situationsgebundenheit des Grundstücks eingeschränkt.
3. Weder bei einer möglicherweise dauerhaft nicht zu realisierenden Möglichkeit, eine Garage zu nutzen, noch bei einem – im Falle einer Verlagerung des Standorts der Garage in den hinteren Grundstücksteil – gegebenenfalls eintretenden Wegfall der privaten Nutzbarkeit des Grundstücks zu Spiel- und Erholungszwecken, liegt entgegen der Ansicht des Klägers eine nicht gerechtfertigte Überbewertung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums vor.
4. Die Anwendung eines denkmalschutzrechtlichen Genehmigungstatbestandes führt laut BVerfG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, a. a. O.) im Regelfall nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Eigentümers im engeren Sinne, der es angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG grundsätzlich hinnehmen muss, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird, weil Art. 14 Abs. 1 GG nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt.
5. Hierunter fällt auch die Möglichkeit, ein Grundstück räumlich optimal ausnutzen zu können.
6. Die gesteigerte Sozialbindung ergibt sich in diesen Fällen aus der Situationsgebundenheit, z. B. der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks.
7. Dem steht nicht entgegen, dass die Gutsanlage für den Betrieb eines Hochzeitsunternehmens genutzt wird. Der Schutz der unmittelbaren Umgebung von Denkmalen soll gewährleisten, dass die jeweilige besondere Wirkung des Denkmals, die es als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Betrachter ausübt, nicht wesentlich geschmälert wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.06.2008, Az.: OVG 2 S 18.08).
8. Dass dieser Zweck vorliegend durch die konkrete Nutzung des Denkmals beeinträchtigt oder gar nicht gewährleistet wäre, legt der Kläger nicht dar. Nachdem eine sinnvolle Nutzung des klägerischen Grundstücks die Grenzgarage möglich erscheint, war die Versagung des Bauantrags aus denkmalschützerischen Gründen rechtmäßig.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss, 18.07.2012, AZ: 2 N 42/12, Publikationsart: juris / EzD 5.1 Nr. 18 (mit berechtigter Anm. F. Koehl)

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.5.3.5 Bauerweiterungen im Ensemble
1.5.3.6 Neuerrichtung im Ensemble
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.3 Nichtdenkmal im Ensemble
2.3.10 Nachbarschutz
2.4 Veränderungen in der Umgebung
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1. Die Antragsbefugnis des Eigentümers eines denkmalgeschützten Anwesens gegen Bauvorhaben des Nachbarn ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur zu verneinen, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung offensichtlich und eindeutig nicht in Betracht kommt.
2. In Ansehung von § 212a BauGB mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Hauptsacherechtsbehelfs gegen die Baugenehmigung muss de facto über die Vorhabensrealisierung bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden werden, zeigt doch die Erfahrung, dass einmal verwirklichte bauliche Anlagen nahezu niemals nachträglich wieder beseitigt werden. Die Gerichte sind daher regelmäßig schon im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Beweiserhebung gezwungen, soll davon abgesehen werden, die aufschiebende Wirkung schon bei der ohne allzu hohe Anforderungen zu bejahenden Antragsbefugnis des Denkmaleigentümers stets anzuordnen.
3. Ein Denkmalbereich in der Form eines Ensembles ist gegeben, wenn es sich bei den Gebäuden um eine historisch oder städtebaulich-gestalterisch gewachsene Einheit handelt, die einen gesteigerten Zeugniswert aufweist.
4. Die Denkmalwürdigkeit betrifft unter dem Aspekt der städtebaulichen Bedeutung die räumlich-kubische Einheit einschließlich der Baustruktur mit dem Verhältnis von Überbauung und Freifläche.
5. Eine erhebliche Beeinträchtigung denkmalschutzrechtlicher Interessen des Nachbarn ist gegeben, wenn die Belange des Denkmalschutzes in besonders qualifizierter Weise verletzt werden, d. h. wenn die Denkmalwürdigkeit besonders schwerwiegend beeinträchtigt wird.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss, 10.05.2012, AZ: 2 S 13/12, Publikationsart: BauR 2012, 1995 / EzD 2.2.6.4 Nr. 91 (mit Anm. F. Koehl) / juris

2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
2.3.10 Nachbarschutz
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Für die Frage einer (wesentlichen) Beeinträchtigung eines Ensembles i.S.v. § 8 DSchG HH ist nicht isoliert auf dessen einzelne Teile, sondern auf das Ensemble insgesamt abzustellen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 22.10.2013, Az.: 2 Bs 283/13, BauR 2014, 543). Denn nur Letzteres unterliegt dem Denkmalschutz, wobei es seinen Denkmalwert nicht schon durch die schlichte räumliche Ansammlung mehrerer Objekte, sondern erst durch die Verbindung der einzelnen Objekte durch eine übergreifende Komponente oder Idee bzw. ein einheitsstiftendes Merkmal erfährt, die bzw. das der eigentliche Träger der geschichtlichen Botschaft ist (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 16.05.2007, NordÖR 2007, 498; s. auch OVG Hamburg, Urt. v. 03.05.2017, Az.: 3 Bf 98/15, NordÖR 2017, 499).
2. Wirken sich Veränderungen in der Umgebung einer baulichen Anlage, die Teil eines Ensembles i.S.v. § 4 Abs. 3 DSchG HH ist, nachteilig auf diese bauliche Anlage aus, so kommt es entscheidend darauf an, ob der Beitrag, den gerade die betroffene Anlage zum Ensemble leistet, in einer Weise beeinträchtigt wird, die qualitativ wesentlich auf das Ensemble als solches "durchschlägt".
3. Das ist dann der Fall, wenn das Objekt als solches nicht mehr oder nur wesentlich eingeschränkt wahrnehmbar ist oder wenn ein neues Bauvorhaben den räumlichen Zusammenhang zwischen ihm und den weiteren Bestandteilen des Ensembles dergestalt unterbricht, dass ein Bezug zu den geschützten Flächen oder Objekten des Ensembles nicht mehr oder nur noch wesentlich eingeschränkt erkennbar ist, oder wenn eine Beeinträchtigung eines Ensemblebestandteils zugleich dazu führt, dass das Ensemble in seiner Gesamtheit gleichsam erdrückt, verdrängt oder übertönt wird oder es sonst an der gebotenen Achtung gegenüber den in dem Ensemble verkörperten Werten fehlt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 25.ß9.2014, Az.: 2 Bs 164/14, BauR 2015, 807; OVG Hamburg, Beschl. v. 22.10.2013, Az.: 2 Bs 283/13, BauR 2014, 543).
OVG Hamburg, Beschluss, 02.05.2018, AZ: 3 Bs 39.18, Publikationsart: NVwZ-RR 2018, 766 / BeckRS 2018, 10333 / DÖV 2018, 673 / IBR 2018, 1059 / LSK 2018, 10333 / ZfBR 2018, 697 / BauR 2018, 1391

2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.2 Erscheinungsbild
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.1 Grundsätze
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Eigenart und des Erscheinungsbilds eines Denkmals vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls.
2. Ihre Beurteilung setzt eine an den für die Denkmalwürdigkeit maßgeblichen Kriterien orientierte (kategorienadäquate) Betrachtung voraus.
3. Ob Bauvorhaben in der Umgebung eines Baudenkmals zu dessen wesentlicher Beeinträchtigung i. S. d. § 13 Abs. 2 DSchG HH führen, hängt somit von der Art des Denkmals, den Gründen seiner Unterschutzstellung und den historischen Bebauungszusammenhängen ab.
4. Eine später eingetretene städtebauliche Verdichtung kann im Einzelfall - z. B. bei einem ehemals freistehenden Landhaus - zu einem geringeren Schutz des Baudenkmals vor Neubauvorhaben in seiner Umgebung führen.
5. Seinen historischen und stadtgeschichtlichen Aussagewert büßt ein Baudenkmal nicht allein dadurch ein, dass in seiner unmittelbaren Umgebung ein Neubau entsteht, der sich in seinem äußeren Erscheinungsbild vom Baudenkmal deutlich unterscheidet, wenn dadurch das Erleben und die Erfahrbarkeit der bestehenden Bausubstanz, die Gegenstand des Denkmalschutzes ist, nicht negativ beeinflusst wird.
6. Im Rahmen des Ensembleschutzes des § 4 Abs. 3 DSchG HH verfügt der Eigentümer eines zum Ensemble gehörenden Objekts nur dann über einen eigenständigen etwaigen Anspruch auf denkmalrechtliches Einschreiten, wenn gerade der Beitrag, den sein Eigentumsobjekt zum Ensemble leistet, wesentlich beeinträchtigt wird.
OVG Hamburg, Beschluss, 25.09.2014, AZ: 2 Bs 164/14, Publikationsart: juris

2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.2 Erscheinungsbild
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.10 Nachbarschutz
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1 Inhaltliche Nähe
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
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Ein Nachbar kann sich mangels unmittelbarer Betroffenheit in eigenen Rechten nicht gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Windenergieanlage mit dem Vorbringen wenden, diese reduziere die Freiräume für weitere Emissionen und beschränke damit die Entwicklungsmöglichkeiten seines landwirtschaftlichen Betriebs.
OVG Niedersachsen, Beschluss, 16.07.2012, AZ: 12 LA 105/11, Publikationsart: Juris / ZNER 2012, 441-443

2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen die landesrechtlichen Denkmalschutzgesetze, um den Anforderungen an inhalts- und schrankenbestimmende Gesetze zu genügen, den Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals jedenfalls dann berechtigen, die denkmalrechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, wenn der Umgebungsschutz objektiv geboten ist und das Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt (sog. grundrechtlich gebotenes Mindestmaß denkmalrechtlichen Drittschutzes; vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, Az.: 4 C 3.08, BRS 74 Nr. 220).
2. Wann die Schwelle der Erheblichkeit überschritten ist, ist eine Frage des Einzelfalls.
3. Das Anfechtungsrecht des Denkmaleigentümers gegen ein Vorhaben in der engeren Umgebung des Denkmals hängt dabei von der Erheblichkeit der zu erwartenden Beeinträchtigung des im Erscheinungsbild zum Ausdruck kommenden Denkmalwerts des geschützten Denkmals ab.
4. Ob eine wirksame Unterschutzstellung vorliegt, und inwieweit die Eintragung, deren Inhalt und Begründung für die Ermittlung des Umfangs des denkmalrechtlichen Schutzes auch mit Blick auf einen Umgebungsschutz wesentlich ist (vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 08.03.2012, Az.:10 A 2037/11, BauR 2012, 1781), dem Vorhaben der Beigeladenen entgegensteht, bedarf der abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren.
5. Im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Prüfung ergeben sich jedoch gewichtige Anhaltspunkte für einen erheblichen Eingriff in den Umgebungsschutz des als Baudenkmal eingetragenen Herrenhauses, der einer Zulassung des Vorhabens nach den einschlägigen Maßstäben (vgl. § 9 Abs. 3 S. 1 DSchG NRW) entgegen stehen könnte. Ausweislich der Eintragungen in die Denkmalliste stellt der ehemalige Klosterhof als Ganzes ein Baudenkmal bestehend aus den verbliebenen Klostergebäuden, dem ehemaligen Immunitätsbereich sowie der diesen Bereich umfassenden Immunitätsmauer dar.
6. Somit erscheint es naheliegend, dass die streitgegenständliche massive Bebauung des innerhalb der Klostermauer liegenden Immunitätsbereiches zu einer erheblichen Beeinträchtigung des durch die Freifläche des Immunitätsbereiches geprägten Erscheinungsbildes des Herrenhauses führen wird. Eine substantiierte sachverständige Begutachtung, aus der sich ergibt, dass die Belange des Baudenkmalschutzes mit Blick auf das in Rede stehende Vorhaben der Beigeladenen in angemessener Weise berücksichtigt sind, konnte der Senat den vorliegenden Akten nicht entnehmen.
7. Unter Berücksichtigung dieser Prognose der Erfolgsaussichten in der Hauptsache fällt die Interessenabwägung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 80 a Abs. 3 VwGO zu Lasten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen aus. Der im Rahmen des Umgebungsschutzes geschützte Belang des Erscheinungsbildes eines Denkmals würde gerade durch die Fertigstellung der Bauvorhaben voraussichtlich in wesentlicher Weise beeinträchtigt.
8. Deshalb ist es auch der Beigeladenen zuzumuten, abweichend von der Wertung des § 212a BauGB den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss, 17.12.2013, AZ: 7 B 1155/13, Publikationsart: juris / EzD 2.2.6.4 Nr. 94 (mit zustimmender Anm. F. Koehl)

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.2 Bedeutung
1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
2 Baudenkmalpflege
2.3.10 Nachbarschutz
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.4 Umgebender Park, Garten, etc.
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
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1. Hinsichtlich der Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen bei der Auswahl von Vorrangflächen für die Windenergie trifft die Gemeinde eine materiell-rechtlich gebotene Dokumentationspflicht.
2. Bei der Annahme harter Tabuzonen ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten.
3. Ob eine Konzentrationsflächenplanung der Windenergie substantiell Raum verschafft, kann nicht isoliert anhand von Größenangaben beantwortet werden. Vorzunehmen ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung nach den Umständen des Einzelfalls und den örtlichen Gegebenheiten.
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil, 01.07.2013, AZ: 2 D 46/12.NE, Publikationsart: ZNER 2013, 443-449 / DVBl 2013, 1129-1134 / NuR 2013, 831-836 / ZfBR 2013, 696, 783-789 / BauR 2013, 1976-1984 & 2014, 597 / KommJur 2014, 106-112 / UPR 2014, 153-158 / BRS 81 Nr 46 (2013) / NVwZ-RR 2013, 956-957 / DÖV 2013, 994 / BauR 2014, 597 / juris / EzD 2.2.6.4 Nr. 93 (mit kritischer Anm. W. Eberl)
Bernhard Stüer/ Bernhard Garbrock, DVBl 2013, 1134-1136 / Matthias Niedzwicki, KommJur 2014, 92-94 / Norbert Portz/ Sarah Richter, Städte- und Gemeinderat 2013, Heft 12, 25-27 

1.3.1 Flächennutzungsplan
1.3.2 Bebauungsplan
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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1. Zur Substanz eines Denkmals rechnen aus dessen Umgebung die Flächen, die durch gestalterische Elemente einbezogen sind und dadurch an der spezifischen Aussage des Denkmals in geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Hinsicht teilhaben.
2. Nicht dagegen gehören zur Substanz eines Denkmals die Flächen seiner Umgebung, deren Bedeutung für das Denkmal lediglich darin besteht, daß sie von einer Bebauung oder sonstigen Veränderung freibleiben, um das Erscheinungsbild des Denkmals nicht zu beeinträchtigen.
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil, 10.11.1985, AZ: 9 G 47/81, Publikationsart: FHOeffR 38 Nr. 9013 / AgrarR 1986, 182 / RzF 87, § 45 I, 40. ErgLfg., Stand: Dez. 1986, S. 91

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.1 Eintragungspflicht
1.1.2 Bedeutung
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.4 Umgebender Park, Garten, etc.
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1.Ein generelles Erfordernis der Überprüfung der von dem Betreiber einer geplanten Windkraftanlage vorgelegten und seitens der Genehmigungsbehörde der streitigen Genehmigung zu Grunde gelegten Schallprognose durch einen unabhängigen Sachverständigen besteht weder im Genehmigungsverfahren noch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
2. Nach der Technischen Richtlinie für Windenergieanlagen, Teil 1:Bestimmung der Schallemissionswerte, soll bei akustischen Vermessungen durch zugelassene Messstellen zur Ermittlung des mittleren Schallleistungspegels mit Serienstreuung eines Anlagentyps dieser Schallleistungspegel für den Bereich standardisierter Windgeschwindigkeiten von 6 - 10 m/s in 10 Metern Höhe (bzw. bis zum Wert der Nennleistung) angegeben werden.
Die bei der akustischen Vermessung einer Windenergieanlage zu Grunde gelegten Windgeschwindigkeiten von 6 - 10 m/s in 10 Metern Höhe können nach einer entsprechenden Umrechnungsformel auf die tatsächlich an der Anlage wirksamen Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe umgerechnet werden.
3. Wer am Rande eines reinen Wohngebietes im Grenzbereich zum Außenbereich wohnt, kann grundsätzlich nur solche Immissionen aus dem Außenbereich abwehren, die mit der Wohnnutzung nicht mehr verträglich sind. Für den Lärmschutz von Eigentümern von Grundstücken, die in reinen Wohngebieten im Grenzbereich zum Außenbereich liegen, sind deshalb regelmäßig die Richtwerte der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete maßgeblich.
OVG Saarland, Beschluss, 11.09.2012, AZ: 3 B 103/12, Publikationsart: Juris

2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
2.4.2 Räumliche Nähe (Entfernung)
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1. War ein Vorbescheid bei der Erteilung der Baugenehmigung dem Dritten gegenüber noch nicht bestandskräftig, so kann er die Baugenehmigung uneingeschränkt anfechten. Das weitere Schicksal des Vorbescheids ist dann wegen der Zweitregelung des Inhalts in der Baugenehmigung für die Rechtsstellung des Dritten ohne Bedeutung. Gleiches gilt, wenn die Baugenehmigungsbehörde die denkmalrechtliche Zulässigkeit nicht in einem Vorbescheid nach § 74 BauO LSA, sondern in vorausgegangenen denkmalrechtlichen Genehmigungen nach § 14 DSchG ST festgestellt hat.
2. Ein Eingriff in ein Kulturdenkmal im Sinne von § 10 Abs. 1 S. 1 DSchG ST kann auch dann vorliegen, wenn die Umgebung eines Baudenkmals verändert wird (vgl. Beschl. d. Senats v. 05.03.2014, Az.: 2 M 164/13, BauR 2015, 641 [642], RdNr. 14 in juris).
3. Die vollständige Freihaltung von Flächen vor (Wohn-)Bebauung aus Gründen des Denkmalschutzes im beplanten oder unbeplanten Innenbereich ist auch mit Blick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs 1 GG nicht ausgeschlossen.
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss, 21.04.2015, AZ: 2 M 12/15, Publikationsart: juris / BauR 2015, 1470-1473 / NVwZ-RR 2015, 727-731 / BauR 2015, 1714

1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.7 Bauvorbescheid
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.1 Grundsätze
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1.2 Unbebautes Grundstück
2.4.1.4 Umgebender Park, Garten, etc.
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)