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2.2.2 Abbruch eines Nicht-Einzeldenkmals, aber konstituierenden Ensemblebestandteils

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1. Eine Mehrheit von baulichen Anlagen ist nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG grundsätzlich nur dann als Ensemble geschützt, wenn sie prägende Einzelbaudenkmälern enthält.
2. Je geringer die Prägung des Ensembles durch Einzelbaudenkmäler ist, desto größer muss die prägende Wirkung der im Übrigen noch vorhandenen historischen Bausubstanz sein.
3. Beinhaltet die Mehrheit von baulichen Anlagen dagegen weder prägende Einzelbaudenkmäler noch historische Bausubstanz, kann ein Ensemble im Sinne des BayDSchG nur dann vorliegen, wenn die Orts-, Platz- oder Straßenbild der Mehrheit der baulichen Anlagen aus den in Art. 1 Absatz 1 BayDSchG genannten Gründen im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswürdig ist.
BayVG München, Urteil, 16.10.2017, AZ: M 8 K 15.1186, Publikationsart: BeckRS 2017, 141294 / BayVBl. 2018, 562-566 / LSK 2017, 141294

2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.2.2 Abbruch eines Nicht-Einzeldenkmals, aber konstituierenden Ensemblebestandteils
2.2.3 Abbruch eines „Nur“-Nicht-Einzeldenkmals im Ensemble
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1. Beim Abbruch eines Gebäudes innerhalb eines Ensembles, auch wenn es für sich genommen kein Baudenkmal darstellt, verbleibt es beim Prüfungsmaßstab des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG (amtlicher Leitsatz).
2. Bei sehr großen Ensemblebereichen kann zur Beurteilung eines Abbruchwunsches gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 DSchG auf einen näheren Umgriff abzustellen sein. (red. LS von RiBVerwG Dr. Andreas Decker).
3. Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes im Sinn von Art. 6 Abs. 2 S. 1 DSchG sprechen beim beabsichtigten Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes in der Regel für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands. (red. LS von RiBVerwG Dr. Andreas Decker).
4. Bei der Abwägung zwischen den Zielen des Denkmalschutzes und den Eigentümerinteressen gebührt dem grundrechtlich geschützten Eigentum kein grundsätzlicher Vorrang. (red. LS von RiBVerwG Dr. Andreas Decker)
BayVGH, Beschluss, 20.12.2016, AZ: 2 ZB 15.1869, Publikationsart: BayVBl 2017, 529-530 / http://www.landesanwaltschaft.bayern.de/media/landesanwaltschaft/entscheidungen/2016_12_20_we_denkmalschutz.pdf / http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2016-N-112336?hl=true
BayVGH - Beschluss v. 20.12.2016 - 2 ZB 15.1869 - anonym.pdf

2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.3 Nichtdenkmal im Ensemble
2.2 Abbruch
2.2.2 Abbruch eines Nicht-Einzeldenkmals, aber konstituierenden Ensemblebestandteils
2.2.4 Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes
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1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Konstruktion der Erlaubnispflicht bei Veränderungen an Ensembles im Bayerischen Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) bestehen nicht. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG stellt lediglich gegenüber Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSchG einschränkende Voraussetzungen auf, unter denen eine Erlaubnispflicht bei Veränderungen an Ensembles besteht.
2. Damit sollen insbesondere Maßnahmen, die sich nicht auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken können, insbesondere im Inneren eines Bauwerks, das nur Teil eines Ensembles, nicht aber für sich genommen ein Baudenkmal ist, von der Erlaubnispflicht ausgenommen werden (vgl. LT-Drs. 14/12042 S. 4).
3. Demgegenüber verbleibt es bei weitergehenden Veränderungen, zu denen bei Ensembles auch der Abbruch eines einzelnen zu dem Ensemble gehörenden Gebäudes gehört (vgl. Eberl/ Martin, Bayer. Denkmalschutzgesetz, 7. Auflage 2016, Art. 6 Rn. 10), bei der allgemeinen Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSchG. Dies gebietet die grundsätzliche Gleichstellung der Ensembles mit den Baudenkmälern gemäß Art. 1 Abs. 3 BayDSchG. Hiernach genießen Ensembles den gleichen Schutz wie die Einzelbaudenkmäler und sollen ensembleprägende Bestandteile, auch wenn sie keine Baudenkmäler sind, grundsätzlich erhalten werden (vgl. BayVGH, Urteil v. 03.08.2000, Az.: 2 B 97.1119, juris; Urteil v. 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.760, BayVBI 2008, 477).
4. Der Abbruch eines Gebäudes innerhalb eines Ensembles kann sich immer auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken. Demgemäß verbleibt es beim Abbruch eines Gebäudes innerhalb eines Ensembles auch beim Prüfungsmaßstab des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG (vgl. BayVGH, Urteil v. 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.760, BayVBl 2008, 477). Hiernach kann die Erlaubnis versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
5. Die Ensemblequalität nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG steht auch im vorliegenden Fall nicht ernsthaft in Frage auch wenn bei sehr großen Ensemblebereichen zur Beurteilung eines Abbruchwunsches gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG auf einen näheren Umgriff abzustellen sein wird (vgl. BayVGH, Urteil v. 11.01.2011, Az.: 15 B 10.212, juris; BayVGH, Beschluss v. 29.07.2013, Az.: 14 ZB 11.398, http://www.landesanwaltschaft.bayern.de/media/landesanwaltschaft/entscheidungen/2013_07_29_we_bau_solaranlage_dach_ensemblebereich_beseitigung.pdf; BayVGH, Urteil v. 22.04.2016, Az.: 1 B 12.2353, https://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=167). Insoweit wird der vom Erstgericht in Betracht gezogene Umgriff seitens der Kläger jedoch nicht substantiiert in Frage gestellt.
6. Ebenso wenig kann der Bestand des Ensembles als solcher dezidiert bestritten werden. Einige neuere Bauten passen zwar nicht zum ursprünglichen Bild des Ensembles, diese Beeinträchtigungen wiegen jedoch nicht derart schwer, dass damit die grundsätzliche Schutzwürdigkeit des Ensembles in Frage gestellt wäre.
7. Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes im Sinn von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG sprechen beim beabsichtigten Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes in der Regel für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands (vgl. BayVGH, Urteil v. 27.09.2007, Az.: 1 B 00.2474, juris; BayVGH, Urteil v. 16.01.2012, Az.: 2 B 11.2408, BayVBl. 2012, 403; BayVGH, Beschluss v. 31.10.2012, Az.: 2 ZB 11.1575, juris).
8. Dies hat auch für den Abbruch eines Gebäudes in einem Ensemble zu gelten, weil Ensembles den gleichen Schutz wie Einzelbaudenkmäler genießen und ensembleprägende Bestandteile - auch wenn sie keine Baudenkmäler sind - grundsätzlich erhalten werden sollen (vgl. BayVGH, Urteil v. 03.08.2000, Az.: 2 B 97.1119, juris; BayVGH, Urteil v. 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.760, BayVBI 2008, 477).
9. Zwar kann man die Denkmalschutzbestimmungen je nach der Bedeutung der zum Ensemble gehörenden baulichen Anlagen unterschiedlich streng anwenden. Ausgangspunkt bleibt aber immer der Gedanke, dass das Denkmalschutzgesetz vor allem die historische Bausubstanz schützen will (vgl. BayVGH, Urteil v. 03.08.2000, Az.: 2 B 97.1119, juris).
10. Auf Grundlage der nachvollziehbaren sachverständigen Ausführungen des gesetzlichen sachverständigen, des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, ergibt sich, dass es sich bei dem strittigen Gebäude um eine bauliche Anlage mit besonderem Aussagewert handelt. Der in heimatstiligen Formen gestaltete Bau gehört mit seiner Entstehungszeit zu einer das Ensemble mitbestimmenden Bauphase und ist in seiner Ausgestaltung den Vorgaben der Villenkolonie angepasst.
11. Eine gesteigerte Bedeutung des Bauwerks für das Ensemble kann hingegen nicht verlangt werden. Würde man bereits an dieser Stelle der Prüfung zu sehr nach der Wertigkeit einzelner Gebäude des schutzwürdigen Ensembles differenzieren, könnte dies zu einer schleichenden Aushöhlung des Erscheinungsbilds des Ensembles führen, indem weniger bedeutsame Gebäude nach und nach abgebrochen würden. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob es als von hohem Zeugniswert für die Geschichte der bürgerlichen Baukunst angesehen werden kann.
12. Zudem rechtfertigt allein die Feststellung, dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen, für sich nicht die Ablehnung des Abbruchantrags. Vielmehr verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG gerade für diesen Fall eine Ermessensentscheidung.
13. Der Abbruch des klägerischen Anwesens würde im streitgegenständlichen Fall zu einem Ver-schwinden eines der noch wenigen aus der ersten Bebauungsphase stammenden und damit der originären Planung entsprechenden Bauwerke der Villenkolonie führen. Damit würde die Ensemblequalität der Villenkolonie eine weitere Beeinträchtigung erfahren, die auf Grund der bereits vorhandenen Nachkriegsbebauung eine erhebliche Vorbelastung erfahren hat.
14. Nicht bedeutsam ist hingegen die Frage eines nachfolgenden Neubaus, da es doch auf der Hand liegt, dass angesichts der Grundstückspreise ein Ersatzbau folgen wird.
15. Die wirtschaftlichen Interessen der Kläger wurden ferner nicht in unzulässiger Weise gegen-über den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zurückgesetzt. Bei der Abwägung zwischen den Zielen des Denkmalschutzes und den Eigentümerinteressen, gebührt dem grundrechtlich geschützten Eigentum kein grundsätzlicher Vorrang, denn Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (vgl. BVerfG, Beschluss v. 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226).
16. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass das noch bewohnte klägerische Wohnhaus nicht erhaltungs- und sanierungswürdig wäre, sind nicht ersichtlich. Eine unverhältnismäßige Belastung der Kläger ist mit Rücksicht auf den Umstand zu verneinen, dass die bisherige Nutzung des Gebäudes als Wohnhaus auch weiterhin ohne weiteres möglich ist. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass aus denkmalfachlicher Sicht durch einen Anbau an der nördlichen, gartenseitigen Seite des Anwesens unter Beachtung der der schon bestehenden Kubatur eine Vergrößerung und Modernisierung des Hauses möglich ist. Ebenso ist eine Umgestaltung des Gebäudes im Inneren möglich. Auch im Übrigen hat sich die Beklagte im Bescheid vom 19.02.2014 ausführlich und in nicht zu beanstandender Weise mit den Belangen der Kläger und des Denkmalschutzes sowie dem sonstigen öffentlichen Interesse im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung befasst.
17. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der Fall weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf. Die Voraussetzungen einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 BayDSchG sind in der Rechtsprechung auch hinsichtlich der Veränderung eines Ensembles hinreichend geklärt, Die Fragen des Vorliegens eines schützenswerten Ensembles sowie der Abwägung der widerstreitenden Interessen sind im Einzelfall vom Verwaltungsgericht zu entscheiden. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten sind insoweit im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
BayVGH, Beschluss, 20.12.2016, AZ: 2 ZB 15.1869, Publikationsart: http://www.landesanwaltschaft.bayern.de/media/landesanwaltschaft/entscheidungen/2016_12_20_we_denkmalschutz.pdf / BayVBl 2017, 529-530
BayVGH - Beschluss v. 20.12.2016 - 2 ZB 15.1869 - anonym.pdf

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.1.7 Folgen für das Eigentum
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.2 Erscheinungsbild
2.1.3 Nichtdenkmal im Ensemble
2.2 Abbruch
2.2.2 Abbruch eines Nicht-Einzeldenkmals, aber konstituierenden Ensemblebestandteils
2.2.4 Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
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1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Konstruktion der Erlaubnispflicht bei Veränderungen an Ensembles im Bayerischen Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) bestehen nicht. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG stellt lediglich gegenüber Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSchG einschränkende Voraussetzungen auf, unter denen eine Erlaubnispflicht bei Veränderungen an Ensembles besteht.
2. Damit sollen insbesondere Maßnahmen, die sich nicht auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken können, insbesondere im Inneren eines Bauwerks, das nur Teil eines Ensembles, nicht aber für sich genommen ein Baudenkmal ist, von der Erlaubnispflicht ausgenommen werden (vgl. LT-Drs. 14/12042 S. 4).
3. Demgegenüber verbleibt es bei weitergehenden Veränderungen, zu denen bei Ensembles auch der Abbruch eines einzelnen zu dem Ensemble gehörenden Gebäudes gehört (vgl. Eberl/ Martin, Bayer. Denkmalschutzgesetz, 7. Auflage 2016, Art. 6 Rn. 10), bei der allgemeinen Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSchG. Dies gebietet die grundsätzliche Gleichstellung der Ensembles mit den Baudenkmälern gemäß Art. 1 Abs. 3 BayDSchG. Hiernach genießen Ensembles den gleichen Schutz wie die Einzelbaudenkmäler und sollen ensembleprägende Bestandteile, auch wenn sie keine Baudenkmäler sind, grundsätzlich erhalten werden (vgl. BayVGH, Urteil v. 03.08.2000, Az.: 2 B 97.1119, juris; Urteil v. 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.760, BayVBI 2008, 477).
4. Der Abbruch eines Gebäudes innerhalb eines Ensembles kann sich immer auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken. Demgemäß verbleibt es beim Abbruch eines Gebäudes innerhalb eines Ensembles auch beim Prüfungsmaßstab des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG (vgl. BayVGH, Urteil v. 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.760, BayVBl 2008, 477). Hiernach kann die Erlaubnis versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
5. Die Ensemblequalität nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG steht auch im vorliegenden Fall nicht ernsthaft in Frage auch wenn bei sehr großen Ensemblebereichen zur Beurteilung eines Abbruchwunsches gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG auf einen näheren Umgriff abzustellen sein wird (vgl. BayVGH, Urteil v. 11.01.2011, Az.: 15 B 10.212, juris; BayVGH, Beschluss v. 29.07.2013, Az.: 14 ZB 11.398, http://www.landesanwaltschaft.bayern.de/media/landesanwaltschaft/entscheidungen/2013_07_29_we_bau_solaranlage_dach_ensemblebereich_beseitigung.pdf; BayVGH, Urteil v. 22.04.2016, Az.: 1 B 12.2353, https://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=167). Insoweit wird der vom Erstgericht in Betracht gezogene Umgriff seitens der Kläger jedoch nicht substantiiert in Frage gestellt.
6. Ebenso wenig kann der Bestand des Ensembles als solcher dezidiert bestritten werden. Einige neuere Bauten passen zwar nicht zum ursprünglichen Bild des Ensembles, diese Beeinträchtigungen wiegen jedoch nicht derart schwer, dass damit die grundsätzliche Schutzwürdigkeit des Ensembles in Frage gestellt wäre.
7. Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes im Sinn von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG sprechen beim beabsichtigten Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes in der Regel für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands (vgl. BayVGH, Urteil v. 27.09.2007, Az.: 1 B 00.2474, juris; BayVGH, Urteil v. 16.01.2012, Az.: 2 B 11.2408, BayVBl. 2012, 403; BayVGH, Beschluss v. 31.10.2012, Az.: 2 ZB 11.1575, juris).
8. Dies hat auch für den Abbruch eines Gebäudes in einem Ensemble zu gelten, weil Ensembles den gleichen Schutz wie Einzelbaudenkmäler genießen und ensembleprägende Bestandteile - auch wenn sie keine Baudenkmäler sind - grundsätzlich erhalten werden sollen (vgl. BayVGH, Urteil v. 03.08.2000, Az.: 2 B 97.1119, juris; BayVGH, Urteil v. 03.01.2008, Az.: 2 BV 07.760, BayVBI 2008, 477).
9. Zwar kann man die Denkmalschutzbestimmungen je nach der Bedeutung der zum Ensemble gehörenden baulichen Anlagen unterschiedlich streng anwenden. Ausgangspunkt bleibt aber immer der Gedanke, dass das Denkmalschutzgesetz vor allem die historische Bausubstanz schützen will (vgl. BayVGH, Urteil v. 03.08.2000, Az.: 2 B 97.1119, juris).
10. Auf Grundlage der nachvollziehbaren sachverständigen Ausführungen des gesetzlichen sachverständigen, des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, ergibt sich, dass es sich bei dem strittigen Gebäude um eine bauliche Anlage mit besonderem Aussagewert handelt. Der in heimatstiligen Formen gestaltete Bau gehört mit seiner Entstehungszeit zu einer das Ensemble mitbestimmenden Bauphase und ist in seiner Ausgestaltung den Vorgaben der Villenkolonie angepasst.
11. Eine gesteigerte Bedeutung des Bauwerks für das Ensemble kann hingegen nicht verlangt werden. Würde man bereits an dieser Stelle der Prüfung zu sehr nach der Wertigkeit einzelner Gebäude des schutzwürdigen Ensembles differenzieren, könnte dies zu einer schleichenden Aushöhlung des Erscheinungsbilds des Ensembles führen, indem weniger bedeutsame Gebäude nach und nach abgebrochen würden. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob es als von hohem Zeugniswert für die Geschichte der bürgerlichen Baukunst angesehen werden kann.
12. Zudem rechtfertigt allein die Feststellung, dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen, für sich nicht die Ablehnung des Abbruchantrags. Vielmehr verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG gerade für diesen Fall eine Ermessensentscheidung.
13. Der Abbruch des klägerischen Anwesens würde im streitgegenständlichen Fall zu einem Ver-schwinden eines der noch wenigen aus der ersten Bebauungsphase stammenden und damit der originären Planung entsprechenden Bauwerke der Villenkolonie führen. Damit würde die Ensemblequalität der Villenkolonie eine weitere Beeinträchtigung erfahren, die auf Grund der bereits vorhandenen Nachkriegsbebauung eine erhebliche Vorbelastung erfahren hat.
14. Nicht bedeutsam ist hingegen die Frage eines nachfolgenden Neubaus, da es doch auf der Hand liegt, dass angesichts der Grundstückspreise ein Ersatzbau folgen wird.
15. Die wirtschaftlichen Interessen der Kläger wurden ferner nicht in unzulässiger Weise gegen-über den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zurückgesetzt. Bei der Abwägung zwischen den Zielen des Denkmalschutzes und den Eigentümerinteressen, gebührt dem grundrechtlich geschützten Eigentum kein grundsätzlicher Vorrang, denn Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (vgl. BVerfG, Beschluss v. 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226).
16. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass das noch bewohnte klägerische Wohnhaus nicht erhaltungs- und sanierungswürdig wäre, sind nicht ersichtlich. Eine unverhältnismäßige Belastung der Kläger ist mit Rücksicht auf den Umstand zu verneinen, dass die bisherige Nutzung des Gebäudes als Wohnhaus auch weiterhin ohne weiteres möglich ist. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass aus denkmalfachlicher Sicht durch einen Anbau an der nördlichen, gartenseitigen Seite des Anwesens unter Beachtung der der schon bestehenden Kubatur eine Vergrößerung und Modernisierung des Hauses möglich ist. Ebenso ist eine Umgestaltung des Gebäudes im Inneren möglich. Auch im Übrigen hat sich die Beklagte im Bescheid vom 19.02.2014 ausführlich und in nicht zu beanstandender Weise mit den Belangen der Kläger und des Denkmalschutzes sowie dem sonstigen öffentlichen Interesse im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung befasst.
17. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der Fall weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf. Die Voraussetzungen einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 BayDSchG sind in der Rechtsprechung auch hinsichtlich der Veränderung eines Ensembles hinreichend geklärt, Die Fragen des Vorliegens eines schützenswerten Ensembles sowie der Abwägung der widerstreitenden Interessen sind im Einzelfall vom Verwaltungsgericht zu entscheiden. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten sind insoweit im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
BayVGH, Beschluss, 20.12.2016, AZ: 2 ZB 15.1869, Publikationsart: http://www.landesanwaltschaft.bayern.de/media/landesanwaltschaft/entscheidungen/2016_12_20_we_denkmalschutz.pdf / BayVBl 2017, 529-530
BayVGH - Beschluss v. 20.12.2016 - 2 ZB 15.1869 - anonym.pdf

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.1.7 Folgen für das Eigentum
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.1.1 Ensembleumfang
2.1.2 Erscheinungsbild
2.1.3 Nichtdenkmal im Ensemble
2.2 Abbruch
2.2.2 Abbruch eines Nicht-Einzeldenkmals, aber konstituierenden Ensemblebestandteils
2.2.4 Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)