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1.5.2 Strafrecht

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AmtsG Dieburg, Beschluss, 00.00.0000, AZ: 43 Cs - 8030 Js 20392/09, Publikationsart:
EInstellung nach § 153 a StPO mit Bußgeldzahlung i. H. v. € 1.000,--

1.5 Sanktionen bei Zuwiderhandeln
1.5.2 Strafrecht
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1. Der angeklagte EigentĂŒmer und MaßnahmetrĂ€ger veranlasste Baumaßnahmen auf der nördlichen TeilhĂ€lfte eines GrundstĂŒcks, obwohl er die bodendenkmalrechtliche, mit den ĂŒblichen zur ordnungsgemĂ€ĂŸen Dokumentation verpflichtenden Nebenbestimmungen versehenen Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG zuvor zurĂŒckgegeben hatte.
2. Im abgegrabenen (ausgekofferten) nördlichen Bereich des im Ă€lteren, mittelalterlichen Stadtbereich von Pfaffenhofen a. d. Ilm belegenen GrundstĂŒcks war nach den konkreten UmstĂ€nden ein Bodendenkmal anzunehmen. Insbesondere waren auch in dem einschlĂ€gigen Bebauungsplan entsprechende Hinweise auf die Erforderlichkeit bodendenkmalrechtlicher Erlaubnisse bei etwaigen Maßnahmen im Plangebiet enthalten und dem Angeklagten bekannt. Angesichts zweier frĂŒhgeschichtlicher Funde auf einem unmittelbar angrenzenden GrundstĂŒck muss man i. S. v. Art. 7 Abs. 1 BayDSchG davon ausgehen, dass sich auch auf benachbarten GrundstĂŒcken BodendenkmĂ€ler befinden könnten. Werden diese durch Bauarbeiten zerstört, werden die Beweise dafĂŒr beseitigt.
3. Geschieht dies zudem ohne bodendenkmalrechtliche Erlaubnis der zustĂ€ndigen Denkmalschutzbehörde, die zusĂ€tzlich zur erteilten Baugenehmigung erforderlich gewesen wĂ€re (vgl. Eberl, in Eberl/ Martin/ Greipl, Kommentar zum BayDSchG, 6. Aufl. 2007, Art. 7 Erl. Nr. 7), ist der Ordnungswidrigkeitstatbestand des Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 BayDSchG erfĂŒllt. Der Angeklagte handelte daher vorsĂ€tzlich i. S. v. Art. 23 Abs. 1 Nr. 3, Art. 1 Abs. 1, 4, Art. 3 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 BayDSchG, § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG. Dem steht nicht entgegen, dass er auf Ratschlag eines Rechtsanwalts handelte.
4. Der Angeklagte wusste, jedenfalls vermutete er oder hatte den UmstĂ€nden nach angenommen, dass sich im streitgegenstĂ€ndlichen nördlichen GrundstĂŒcksteil BodendenkmĂ€ler i. S. v. Art. 7 Abs. 1 BayDSchG befanden.
5. Schon in Folge der Anzeige des Angeklagten nach Art. 8 BayDSchG entlarvt sich dessen Behauptung, BodendenkmĂ€ler seien insbesondere wegen eines fehlenden Ausnahmefalles nach Art. 1 Abs. 4 BayDSchG ("in der Regel aus vor- und frĂŒhgeschichtlicher Zeit") nicht vorhanden, als prozesstaktisch motivierte Schutzbehauptung, um einer Ahndung seines Verhaltens entgehen zu können.
6. Der Angeklagte hat auf den fraglichen GrundstĂŒcken im nördlichen Teilbereich der FlĂ€che Erdarbeiten zu anderem Zweck als dem gezielten Graben nach BodendenkmĂ€lern, nĂ€mlich zum Errichten eines Wohn- und GeschĂ€ftsgebĂ€udes vornehmen lassen bzw. veranlasst. Eine Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG war erforderlich, nachdem der Angeklagte vermutete, zumindest aber nach den UmstĂ€nden annehmen musste, dass sich auf der nördlichen TeilflĂ€che der GrundstĂŒcke ein Bodendenkmal befand. BodendenkmĂ€ler sind nach der Legaldifinition des Art. 1 Abs. 4 BayDSchG bewegliche und unbewegliche DenkmĂ€ler die sich im Boden befinden oder befanden und in der Regel aus vor- oder frĂŒhgeschichtlicher Zeit stammen. DenkmĂ€ler in diesem Sinne sind gemĂ€ĂŸ Art. 1 Abs. 1 BayDSchG von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, kĂŒnstlerischen,
stÀdtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegen.
7. Der Eigenschaft als Bodendenkmal steht nicht entgegen, dass nur ein kleinerer Anteil der Funde im sĂŒdlichen Teilbereich der vorgeschichtlichen Zeit, d. h. vor Christi Geburt zuzurechnen sind. Vielmehr ist festzustellen, dass eben auch Funde aus vorgeschichtlicher Zeit vorlagen und damit allein ĂŒber diesen Umstand die Bodendenkmaleigenschaft der vorhandenen Funde begrĂŒndet wird.
8. Der Verwirklichung des Tatbestandes von Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 BayDSchG steht - anders als bei § 303, 303c StGB - nicht entgegen, dass die konkreten GegenstÀnde in nördlichen Teilbereich der FlÀche, welche ein Bodendenkmal
bilden, infolge der vom Angeklagten veranlassten Arbeiten nicht mehr bekannt sind. Ausreichend ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 BayDSchG, dass das Vorhandensein von BodendenkmĂ€lern vermutet oder nach den UmstĂ€nden angenommen werden muss. Damit schließen Art. 23 Abs. 1 Nr. 3, Art. 7 Abs. 1 BayDSchG gerade die StrafbarkeitslĂŒcke, die bei § 303, 303c, 304 StGB dadurch entsteht, dass die GegenstĂ€nde nach ihrer Beseitigung nicht mehr konkret bezeichnet werden können. Dies ist sachgerecht. Anderenfalls mĂŒsste der TĂ€ter wie hier der Angeklagte nur möglichst schnell alle Beweise beseitigen, um straflos bleiben zu können.
9. Die Regelungen in Art. 23 Abs. 1 Nr. 3, Art. 7 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 und Abs. 4, Art. 3 Abs. 1 BayDSchG enthalten zudem auch im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG hinreichend bestimmte und fĂŒr den durchschnittlichen BĂŒrger verstĂ€ndliche Vorgaben, welche Verhaltensweisen einzuhalten sind, um kein ordnungswidrigkeitsbewĂ€hrtes Verhalten zu begehen. Art. 23 DSchG regelt dabei einfach verstĂ€ndlich und nachvollziehbar, welche subjektiven und
objektiven Tatbestandsvoraussetzungen den Ordnungswidrigkeitentatbestand erfĂŒllen, namentlich die Vornahme von anderen Erdarbeiten als dem gezielten Graben nach BodendenkmĂ€lern auf einem GrundstĂŒck ohne entsprechende Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG in vorsĂ€tzlicher oder fahrlĂ€ssiger Begehungsweise. Auch Art. 7 Abs. 1 BayDSchG stellt hinreichend bestimmt und nachvollziehbar dar, wann eine Erlaubnis erforderlich ist, im vorliegenden Fall dann wer auf einem GrundstĂŒck, ohne gezielt nach BodendenkmĂ€lern zu graben, andere Erdarbeiten vornehmen will, ob wohl er weiß, vermutet oder den UmstĂ€nden nach annehmen muss, dass sich dort BodendenkmĂ€ler befinden.
10. Ferner ist der Begriff der (Boden-) DenkmĂ€ler ausreichend bestimmt. Art. 1 Abs. 1 und 4 BayDSchG enthalten insoweit klare Definitionen des Denkmal- und des Bodendenkmalbegriffes. Soweit sich der Angeklagte mit seinem Verhalten der Gefahr aussetzt, ob sein Tun nunmehr einem Bußgeld- oder Straftatbestand unterfĂ€llt oder gerade doch nicht, ist dies letztlich bei allen Straf- und BußgeldtatbestĂ€nden der Fall. Dies beruht letzten Endes darauf, dass es gesetzgebungstechnisch nicht möglich ist, jeden nur denkbaren Einzelfall konkret und individuell zu benennen. Vielmehr entspricht es gĂ€ngiger Rechts- und Gesetzeslage, dass im Rahmen der Gesetzgebung mit Hilfe von Verallgemeinerungen und Oberbegriffen versucht wird, alle denkbaren FĂ€lle abzudecken. Fehler bei der Subsumtion eines Verhaltens unter einen gesetzlichen Tatbestand berĂŒhren nicht die Wirksamkeit der entsprechenden Vorschriften, das entsprechende Risiko hat vielmehr der jeweils Angeklagte oder Betroffene zu tragen.
11. Art. 8 Abs. 1 BayDSchG normiert eine Anzeigepflicht fĂŒr den Fall, das BodendenkmĂ€ler aufgefunden, d. h. tatsĂ€chlich festgestellt werden. Diese Anzeigepflicht gilt dabei sowohl fĂŒr die gezielte Schatzsuche als auch fĂŒr Zufallsfunde, unabhĂ€ngig davon, ob diese Funde in Grabungsschutzgebieten
oder auf anderen GrundstĂŒcken gemacht werden und ebenfalls unabhĂ€ngig davon, ob die Funde bei Grabungen oder Erdarbeiten, die nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG erlaubnispfiichtig sind oder bei an der Arbeiten im Boden oder ohne Arbeiten zufĂ€llig, z. B. infolge Überschwemmung oder Erdrutsch, zu tage treten (Eberl, a. a. O., Art. 8 Rn. 2).
12. Art. 7 Abs. 1 BayDSchG normiert dagegen eine Erlaubnispflicht fĂŒr Grabungen nach BodendenkmĂ€lern oder Erdarbeiten zu anderen Zwecken, wenn diese im Bewusstsein des (möglichen) Vorhandenseins von BodendenkmĂ€lern ausgefĂŒhrt werden (Eberl, a. a. O., Art. 7 Rn. 1).
13. Die Vorschriften der Art. 7 und 8 DSchG haben mithin unterschiedliche Voraussetzungen sowie verschiedene Rechtsfolgen. Sie stehen selbststĂ€ndig nebeneinander, ergĂ€nzen einander aber auch. Wer Erdarbeiten auf einem GrundstĂŒck vornehmen will, bedarf zunĂ€chst keiner Erlaubnis nach Art. 7 BayDSchG. Wer aber auf einem GrundstĂŒck Grabungen nach BodendenkmĂ€lern vornehmen oder sonstige Erarbeiten durchfĂŒhren will, obwohl er weiß, vermutet oder annehmen muss, dass sich dort BodendenkmĂ€ler befinden, hat eine entsprechende Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG zu beantragen.
14. Werden auf diesem GrundstĂŒck dann tatsĂ€chlich BodendenkmĂ€ler aufgefunden, besteht - zusĂ€tzlich zur Erlaubnispflicht - eine Anzeigepflicht nach Art. 8 Abs. 1 BayDSchG. Die Anzeigepflicht nach Art. 8 BayDSchG besteht also unabhĂ€ngig davon, wann, wo, von wem, aus welchem Anlass BodendenkmĂ€ler aufgefunden wer den, gleichgĂŒltig ob bei gezielter Suche oder zufĂ€lligem Fund.
15. Werden dagegen Maßnahmen auf GrundstĂŒcken durchgefĂŒhrt, bei denen von vorneherein mit dem Auftreten von BodendenkmĂ€lern zu rechnen ist, ist schon vorab ein Erlaubnisverfahren zu durchlaufen, um den Schutz der BodendenkmĂ€ler schon möglichst frĂŒhzeitig durch dieses Erlaubnisverfahren zu gewĂ€hrleisten. Mithin beseitigt die Anzeige nach Art. 8 Abs. 1 BayDSchG nicht die Erlaubnispflicht nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG, da beide Vorschriften im hier vorliegenden Fall unabhĂ€ngig voneinander bzw. kumulativ nebeneinander gelten.
16. Mit der RĂŒckgabe der und dem Verzicht auf die Erlaubnis nach Art. 7 BayDSchG bei gleichzeitiger Anzeige nach Art. 8 BayDSchG konnte der Angeklagte folglich nicht die Erlaubnispflicht seiner Arbeiten umgehen.
17. Somit kannte der Angeklagte alle UmstĂ€nde, die zum objektiven Tatbestand des Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 BayDSchG gehören und handelte dennoch diesbezĂŒglich mit Wissen und Wollen.
18. Der Angeklagte handelte zwar auf Grund fehlerhaften anwaltlichen Ratschlags, doch war dieser Irrtum schon in Folge des ursprĂŒnglichen Hinweises der Unteren Denkmalschutzbehörde auf die Erforderlichkeit eines Antrags auf Erteilung einer bodendenkmalrechtlichen Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG vermeidbar. Im Falle derart entgegenstehender behördlicher Auffassung durfte der Angeklagte nicht unbesehen auf den anwaltlichen Ratschlag vertrauen.
19. Auch die subjektiven Voraussetzungen des Art. 7 BayDSchG sind erfĂŒllt. Der Angeklagte vermutete bzw. musste zumindest anhand der UmstĂ€nde annehmen, dass sich auch im nördlichen Teilbereich BodendenkmĂ€ler befinden. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Angeklagte die gesetzliche Definition eines Bodendenkmals kennt. Ausreichend ist vielmehr - da es sich insoweit um ein normatives Tatbestandsmerkmal handelt - eine zutreffende Bewertung in der LaiensphĂ€re des Angeklagten. Diese lag jedenfalls vor. Aufgrund der oben dargestellten UmstĂ€nde, namentlich den mehrfachen Hinweisen der Denkmalbehörden, seinem eigenen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach Art. 7 BayDSchG, dem Vorhandensein dieser Erlaubnis und ihrem Inhalt und dem Umstand, dass der Angeklagte bei RĂŒckgabe seiner Erlaubnis nach Art. 7 BayDSchG selbst das Vorhandensein von BodendenkmĂ€lern im nördlichen Teil gemĂ€ĂŸ Art. 8 BayDSchG ausdrĂŒcklich angezeigt hat, bestehen keine Zweifel, dass er eine zutreffende Wertung in der LaiensphĂ€re vorgenommen hat und somit die festgestellten GegenstĂ€nde unter dem Begriff des Bodendenkmals subsumiert hat.
20. Infolgedessen vermutete er - auch dies zeigt die ausdrĂŒckliche Anzeige nach Art. 8 BayDSchG - bzw. musste zumindest davon ausgehen, dass sich ebenfalls im nördlichen Teilbereich ein Bodendenkmal befand bzw. sich das Bodendenkmal des sĂŒdlichen Bereichs in den nördlichen Bereich fortsetzte.
21. Der Angeklagte nahm auf Grund anwaltlicher Beratung vielmehr an, er benötige keine Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG, vielmehr sei eine bloße Anzeige nach Art. 8 BayDSchG ausreichend. In dem Fall, so die Hoffnung des Angeklagten, mĂŒssten die zustĂ€ndigen Behörden selbst die Ausgrabungen durchfĂŒhren und finanzieren, der EigentĂŒmer habe lediglich entsprechende
Maßnahmen zu dulden. Durch dieses Konstrukt hoffte der Angeklagte folglich, sich entsprechender finanzieller Aufwendungen zu entledigen.
22. Infolge seiner anwaltlicher Beratung irrte sich der Angeklagte also nicht ĂŒber das Vorhandensein von BodendenkmĂ€lern, sondern ĂŒber die Genehmigungspflichtigkeit seiner Erdarbeiten auf dem nördlichen Teil der GrundstĂŒcksflĂ€chen.
23. Ein derartiger Irrtum ĂŒber die Genehmigungspflicht eines Verhaltens kann sowohl Tatbestands- als auch Verbotsirrtum sein (BayObLG, Beschl. v. 26.02.1992, Az.: 30b OWi 2/92, juris [Rn. 12]). Dies hĂ€ngt letzten Endes vom rechtlichen Charakter der erforderlichen Erlaubnis ab: Ist das vom Betreffenden vorgenommene Verhalten von der allgemeinen Handlungsfreiheit gedeckt, da sozialadĂ€quat, wertneutral oder nicht unerwĂŒnscht, und hat die Erlaubnis oder Genehmigung den Zweck, eine Kontrolle ĂŒber potenzielle Gefahren fĂŒr die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu ermöglichen (sog. prĂ€ventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), so ist die Genehmigung oder Erlaubnis Tatbestandsmerkmal, mithin ein Irrtum ĂŒber die Genehmigungs- oder Erlaubnispflicht Tatbestandsirrtum i. S. d. § 11 Abs. 1 OWiG; ist das zu beurteilende Verhalten dagegen grundsĂ€tzlich verboten, kann aber im Einzelfall auf Grund einer InteressenabwĂ€gung aufgehoben werden (sog. reprĂ€sives Verbot mit Befreiungsvorbehalt), so stellt die behördliche Erlaubnis einen Rechtfertigungsgrund dar (BayObLG, a. a. O.; BayObLG, Beschl. v. 25.03.1993, Az.: 30b OWI 17/93, juris [Rn. Nr. 29]).
24. Bei der Erlaubnis nach Art. 7 Abs. 1 DSchG handelt es sich um ein reprĂ€sives Verbot mit Befreiungsvorbehalt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 7 BayDSchG, insbesondere auch im systematischen Vergleich beispielsweise zu Art. 8 BayDSchG. Wer gezielt nach BodendenkmĂ€lern grĂ€bt oder Erdarbeiten auf einem GrundstĂŒck vornehmen will, obwohl er weiß, vermutet oder nach den UmstĂ€nden annehmen muss, dass sich dort BodendenkmĂ€ler befinden, der darf nach dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG nicht ohne weiteres auf dem GrundstĂŒck Grabungs- oder Erdarbeiten vornehmen. Liegen diese Voraussetzungen vor, dĂŒrfen derartige Grabungen oder Arbeiten vielmehr nur dann vorgenommen werden, wenn eine entsprechende Erlaubnis erteilt wird. Das gezielte Graben nach BodendenkmĂ€lern oder das Vornehmen von Erdarbeiten auf einem GrundstĂŒck, auf dem mit dem Vorhandensein von BodendenkmĂ€lern
zu rechnen ist, stellt somit nach der gesetzlichen Wertung grundsĂ€tzlich ein missbilligendes Verhalten dar, das dann gerechtfertigt wird, wenn es ĂŒber eine entsprechende Erlaubnis gedeckt ist.
25. Dabei ist die Erlaubnis gemĂ€ĂŸ Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG gerade dann zu versagen, wenn dies zum Schutz des Bodendenkmals erforderlich ist.
26. Anders ist dies beispielsweise dann, wenn jemand nicht gezielt nach BodendenkmĂ€lern grĂ€bt, sondern sonstige Erdarbeiten auf einem GrundstĂŒck vornimmt ohne zu wissen oder damit rechnen zu mĂŒssen, dass sich dort BodendenkmĂ€ler befinden. In diesem Fall ist ein derartiges Verhalten gerade nicht im Interesse der Allgemeinheit unerwĂŒnscht, sondern vielmehr wertneutral.
27. In diesem Fall, indem gerade nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG vorliegen, wĂ€re mithin keine Erlaubnis erforderlich. Kommen bei derartigen Arbeiten ĂŒberraschenderweise BodendenkmĂ€ler zum Vorschein, so fĂŒhrte dies auch nicht nachtrĂ€glich zu einer Genehmigungspflicht nach Art. 7 Abs. 1 BayDSchG, sondern in diesem Fall greift vielmehr die Anzeigepflicht des Art. 8 BayDSchG ein. Wortlaut und Gesetzessystematik ergeben folglich, dass die Frage nach der Erlaubnispflicht i. S. d. Art. 7 Abs. 1 BayDSchG keine Tatbestandsvoraussetzung des Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 BayDSchG
ist (insoweit anders als das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Genehmigung, welches sehr wohl Tatbestandsmerkmal ist). Die Erlaubnispflicht stellt vielmehr einen Rechtfertigungsgrund dar, der Irrtum ĂŒber die Erlaubnispflichtigkeit ist insoweit als Verbotsirrtum zu werten.
28. Unter BerĂŒcksichtigung der besonderen UmstĂ€nde des Einzelfalls ist die vollstĂ€ndige Zerstörung des Bodendenkmals abweichend von der gesetzlichen Obergrenze von € 250.000,-- mit einem Bußgeld in Höhe von € 60.000,-- zu belegen (hiervon abweichend, das Urteil insoweit aufhebend: LG Ingolstadt, Urt. v. 01.10.2015, Az.: 3 Ns 28 Js 9341/13).
29. Der Straftatbestand von § 304 Abs. 1 StGB ist hingegen nicht erfĂŒllt, da es sich bei dem Bodendenkmal nicht um ein öffentliches Denkmal i. S. v. § 304 Abs. 1 StGB handelt.
30. Öffentliche DenkmĂ€ler i. S. v. § 304 Abs. 1 StGB in Form von Kultur-, Bau- oder
BodendenkmĂ€lern sind Erinnerungszeichen und Bauwerke, die wegen ihrer geschichtlichen, wissenschaftlichen, kĂŒnstlerischen oder landeskundlichen Bedeutung, Eigenart oder Schönheit schĂŒtzenswert sind (Fischer, StGB, 61. Auflage 2014, § 304 Rn. 7). Dabei entspricht der strafrechtliche Denkmalbegriff dem Begriff des Denkmals nach dem jeweiligen Landes-Denkmalschutzgesetz (Fischer, a. a. C., § 304 Rn. 7; Saliger in Satzger/ Schluckebier/ Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 304 Rn. 4).
31. Zwar handelt es sich bei dem zerstörten Objekt um ein (Boden-) Denkmal im Sinne des BayDSchG und damit auch um ein Denkmal im Sinne des § 304 Abs. 1 StGB. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um ein öffentliches Denkmal, also ein der Öffentlichkeit zugĂ€ngliches Denkmal handelt (Fischer, a. a. O., § 304 Rn. 7; Stree/ Hecker in Schönke/ SchrĂ€der, StGB, 29. Auflage 2014, § 304 Rn. 5).
32. Aus der Gesamtschau aller von § 304 Abs. 1 StGB erfassten Objekte ist zu schließen, dass all diesen GegenstĂ€nden die Zweckbestimmung gemein ist, öffentlichen Interessen oder Belangen zu dienen (vgl. Eberl in Eberl/ Martin/ Greipl, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 6. Aufl. 2007, Art. 23 Rn. 2; Fischer, a. a. O., §
304 Rn. 2). Auf Grund eben dieser besonderen Zweckbestimmung fĂŒr allgemeine Belange rechtfertigt sich auch die in § 304 StGB erhöhte Strafdrohung gegenĂŒber § 303 StGB, der alle sonstigen tĂ€terfremden GegenstĂ€nde unabhĂ€ngig von einer öffentlichen Zweckbestimmung unter strafrechtlichen Schutz stellt.
33. Eine derartige Zweckbestimmung ist allerdings nicht erfolgt. Diese setzt eine Widmung durch den Berechtigten zu dem Zwecke voraus, dass der Gegenstand
oder das Objekt kĂŒnftig öffentlichem Nutzen zu dienen sein solle (Fischer, a. a. O., § 304 Rn. 3; Eberl, a. a. O., Art. 23 Rn. 2; Saliger, a. a. O., § 304 Rn. 2). Nicht ausreichend ist, dass die Sache ohne entsprechende Widmung rein faktisch dem öffentlichen Interesse dient (Wieck-Noodt in MĂŒKo StGB, Bd. 5, 2. Aufl. 2014, § 304 Rn. 8).
34. Eine derartige Widmung braucht allerdings nicht ausdrĂŒcklich zu erfolgen. Ausreichend ist vielmehr eine konkludente Widmung des Denkmals zu den genannten öffentlichen Zwecken. Da die Widmung den privatrechtlichen EigentĂŒmer zur Duldung der Besucher verpflichtet, handelt es sich um einen zustimmungsbedĂŒrftigen Verwaltungsakt (OLG Celle, Urt. v. 28.01.1974, Az.: 2 Ss 301/73, BeckRS 9998, 60365; Stelkens in Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 8.
Aufl., § 35 Rn. 321 fĂŒr straßenrechtliche Widmung), wobei die Zustimmung des EigentĂŒmers freiwillig erfolgen muss (Stelkens, a. a. O., § 35 Rn. 232).
35. Zudem ist das gesamte GrundstĂŒck mit einem Zaun umgeben gewesen, es habe sich nur um PrivathĂ€user und -grundstĂŒcke gehandelt. Insofern fehlt es bereits an einer tatsĂ€chlichen Nutzungsmöglichkeit bzw. ZugĂ€nglichkeit fĂŒr die Öffentlichkeit, d. h. beliebige dritte Personen (Fischer, a. a. O., § 304 Rn. 3 a. E.; Wieck-Noodt, a. a. O., § 304 Rn. 14).
AmtsG Pfaffenhofen a. d. Ilm, Urteil, 09.02.2015, AZ: 2 Cs 28 Js 9341/13, Publikationsart: n. v.
1) http://www.donaukurier.de/lokales/PFAFFENHOFEN/PFAFFENHOFEN-Ausheben-einer-Baugrube-mit-60-000-Euro-geahndet;art600,3016229 2) nachgehend: LG Ingolstadt, Urteil vom 01.10.2015, Az.: 3 Ns 28 Js 9341/13, http://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=171 (BestĂ€tigung des erstinstanzlichen Urteils, lediglich Reduktion des Bußgeldes wegen vermeidbarem Verbotsirrtum)

1.5 Sanktionen bei Zuwiderhandeln
1.5.1 Ordnungswidrigkeiten
1.5.2 Strafrecht
3 Bodendenkmalpflege
3.1 Unterschutzstellung
3.1.1 Umgrenzung, Ausdehnung, Begrenzung, Nachweis
3.2 VerÀnderungen, Zerstörungen, Pflichten
3.2.1 Schutz des kulturellen Erbes
3.2.2 Veranlassung, Kostentragungsverpflichtung, Öffentliche EigentĂŒmer
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1. § 264 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 StGB erfasst auch Subventionen (Bau-Fördermittel), die nicht nur Betrieben und Unternehmen, sondern auch Privatpersonen gewÀhrt werden können.
2. § 4 SubvG enthÀlt subventionserhebliche Regelungen im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB.
BGH, Beschluss, 28.05.2014, AZ: 3 StR 206/13, Publikationsart: NSW StGB § 264 / NSW SubvG § 4 / EBE/BGH 2014, BGH-Ls 323-325 /  NJW 2014, 3114-3116 / WM 2014, 2022-2024 / BB 2014, 2369 / EBE/BGH 2014, BGH-Ls 687/14 / NJW-Spezial 2014, 665-666 / ZAP EN-Nr 825/2014 / StraFo 2014, 477 / juris

1.5 Sanktionen bei Zuwiderhandeln
1.5.2 Strafrecht
1.7 Förderung
1.7.1 ZuschĂŒsse
1.7.2 Ausgleichs-/EntschÀdigungsfonds
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1. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung bzgl. eines denkmalgeschĂŒtzten GebĂ€udes ist auch im Hinblick auf die gesteigerte Sozialbindung nicht mehr zumutbar, wenn der EigentĂŒmer mit der gesetzlichen Erhaltungspflicht belastet wird, ohne dafĂŒr die Vorteile einer privaten Nutzung ziehen zu können, vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (243).
2. In die wirtschaftliche ZumutbarkeitsprĂŒfung können Ertragsmöglichkeiten anderer EigentĂŒmer von Teilen einer denkmalgeschĂŒtzten Gesamtanlage nicht einbezogen werden, sofern ein Ausgleich zwischen den EigentĂŒmern nicht gesichert ist.
3. Vorliegend hatte der BeschwerdefĂŒhrer den GrundstĂŒcksteil zu einem Zeitpunkt erworben, zu dem die Gesamtanlage bereits als Denkmalzone ausgewiesen war. Das erworbene GrundstĂŒck war also zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs bereits denkmalschutzrechtlich vorbelastet (vgl. fĂŒr den Fall von Belastungen auf Grund der Erforderlichkeit einer Altlastensanierung: BVerfG, Beschluss vom 16.02.2000, Az.: 1 BvR 242/91, u. a. BVerfGE 102, 1 (21 f.).
BVerfG, Beschluss, 14.04.2010, AZ: 1 BvR 2140/08, Publikationsart: BauR 2010, 1574-1576 / BayVBl 2010, 597-599 / BRS 76 Nr. 213 (2010) / BRS 77 Nr. 4 (1986-2011) / DÖV 2010, 613 / DWW 2011, 78 / KommJur 2010, 337-339 / NVwZ 2010, 957-958 / StĂ€dte- und Gemeinderat 2010, 34 / WM 2010, 1333-1334 / ZAP EN-Nr. 425/2010 / ZfIR 2010, 742
vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.10.2009, Az.: 2 BvL 5/09, NVwZ 2010, 247 ff. (zu § 304 StGB)

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.5 Sanktionen bei Zuwiderhandeln
1.5.1 Ordnungswidrigkeiten
1.5.2 Strafrecht
1.5.3 Beseitigung
1.5.3.6 Neuerrichtung im Ensemble
2.2.5 Sozialbindung, VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten