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1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten

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1. Nach Art. 55 I 2 BayVfGHG gehört zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird.
2. Die Popularklage ist unzulässig, wenn die geltend gemachte Verletzung einer Grundrechtsnorm nach Sachlage von vornherein nicht möglich ist, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird.
3. Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn ein Antragsteller lediglich behauptet, dass die angegriffene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt.
4. Der Verfassungsgerichtshof muss anhand von substanziiert bezeichneten Tatsachen und Vorgängen beurteilen können, ob der Schutzbereich der Grundrechtsnorm berührt ist.
5. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen.
6. Auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellende Darlegungen des Antragstellers sind besonders bei solchen Normen von Bedeutung, die keine abstrakt-generellen Rechtsvorschriften im klassischen Sinn sind, sondern konkret-individuelle Elemente enthalten, wie dies bei einem Bebauungsplan der Fall ist (vgl. VerfGH vom 21.02.1986, VerfGH 39, 17/21 f.; VerfGH vom 31.5.2006, VerfGH 59, 109/114; VerfGH vom 14.2.2008, VerfGH 61, 36/42 f.; VerfGH vom 13.8.2008, VerfGH 61, 205/209 f.; VerfGH vom 29.2.2012; VerfGH vom 4.5.2012).
7. Ob ein Bebauungsplan erforderlich ist, beurteilt sich nach § 1 III 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.
8. Was im Sinn des § 1 III 1 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen.
9. Das Gesetz ermächtigt die Gemeinde zu einer Städtebaupolitik, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Dazu gehört auch die Entscheidung, ob und in welchem Umfang sie im Gemeindegebiet Gemeinbedarfseinrichtungen (§ 9 I Nr. 5 BauGB) unterbringt.
10. Die Gemeinde braucht nicht einmal zwingend öffentliche Interessen zu verfolgen. Es muss sich lediglich um Belange handeln, die eine Bauleitplanung rechtfertigen können. Hierzu gehören vor allem die in § 1 VI BauGB aufgeführten öffentlichen (städtebaulichen) Belange.
11. Nicht erforderlich sind Bauleitpläne, wenn sie einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG vom 11.05.1999, BayVBl 2000, 23; BVerwG vom 06.06.2002, BVerwGE 116, 296/303; BVerwG vom 18.10.2006, BauR 2007, 331; BVerwG vom 26.03.2009, BVerwGE 133, 310/314; BVerwG vom 30.12.2009, ZfBR 2010, 272).
12. Gemeindliche Willkür i. S. v. Art. 118 I BV bei der Auslegung und Anwendung des § 1 III 1 BauGB setzen voraus, dass die städtebaulichen Erwägungen und Ziele der Gemeinde unhaltbar oder klar sachfremd und deshalb nicht mehr vertretbar wären.
13. Den Erwägungen der Gemeinde liegt eine städtebaulich vertretbare Planungskonzeption zugrunde. Die Entscheidung für eine bestimmte Planung und das Verwerfen einer anderen gehört wesensmäßig zur Ausübung planerischen Ermessens der Gemeinde (vgl. BVerwG vom 14.02.1975, BVerwGE 48, 56/60 ff.; BVerwG, BayVBl 2000, 23).
14. Gegen das Abwägungsgebot des § 1 VII BauGB wird nicht verstoßen, wenn aufgrund einer vertretbaren Bewertung der berührten öffentlichen und privaten Belange des § 1 VI BauGB im Fall der Kollision einzelner Belange bestimmte bevorzugt und andere zurückgesetzt werden. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten Belange gehört vielmehr zum Wesen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde (vgl. BVerwG vom 14.02.1975, BVerwGE 48, 56/64; BVerwG vom 07.07.1978, BVerwGE 56, 110/116).
15. Das in Art. 3 II BV enthaltene Nachhaltigkeitsprinzip, wonach der Staat die natürlichen Lebensgrundlagen und die kulturelle Überlieferung schützt, führt zu einer Schutzpflicht des Staates (vgl. VerfGH vom 27.09.1995, VerfGH 48, 119/125; VerfGH vom 15.07.2002, VerfGH 55, 98/119; VerfGH vom 31.05.2006, 59, 109/ 115).
BayVerfGH, Entscheidung, 23.08.2012, AZ: Vf. 4-VII-12, Publikationsart: BayVBl 2013, 17-19 / http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?doc.id=KVRE000651215&st=ent&showdoccase=1¶mfromHL=true

1.1.7 Folgen für das Eigentum
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.7 Aufgabenzuweisung
1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.1 Flächennutzungsplan
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
1.3.5 Erschließung im Außenbereich
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1. Der BayVerfGH prüft im Popularklageverfahren mögliche Verstöße gegen Bundesrecht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des in Art. 3 I 1 BV verankerten Rechtsstaatsprinzips, dies jedoch nicht umfassend, sondern nur daraufhin, ob der Normgeber des bayerischen Landesrechts offensichtlich den Bereich der Rechtsordnung des Bundes verlassen und Landesrecht eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis geschaffen hat.
2. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip ist außerdem erst dann zu bejahen, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht nicht nur offensichtlich zutage tritt, sondern auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (st. Rspr.; vgl. BayVerfGH, BayVBl 2011, 433 f. m. w. N.).
3. Insoweit ergeben sich Überschneidungen mit der vom Antragsteller in den Mittelpunkt gerückten Verletzung des Gleichheitssatzes in der Form des Willkürverbots (Art. 118 I BV). Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. Er lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Dabei bleibt es dem Ermessen des Normgebers überlassen zu bestimmen, in welcher Weise dem Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind, wenn für die getroffene Regelung jeder sachliche Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt. Der planerische Gestaltungsspielraum der Gemeinde bei der Aufstellung von Bauleitplänen ist dementsprechend weit.
4. Das Abwägungsgebot in § 1 VII BauGB verlangt, dass bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen werden. Neben den allein bundesrechtlich geregelten Vorgaben müssen auch Belange berücksichtigt werden, die im Landesrecht ausgestaltet sind (VerfGH vom 21.02.1986, BayVerfGH 39, 17/26 ff.; VerfGH vom 31.05.2006, VerfGH 59, 109/115).
5. Der landesrechtliche Normgeber, der aufgrund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig wird, hat jedenfalls dort, wo ihm ein bundesrechtlicher Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, auch die ihn bindende Bayerische Verfassung zu beachten. Gibt das Bundesrecht wie in § 1 VII BauGB dem landesrechtlichen Normgeber nur einen Rahmen, innerhalb dessen er verschiedene Lösungen wählen kann, ist das Landesverfassungsrecht innerhalb dieses Gestaltungsspielraums nicht verdrängt (st. Rspr.; vgl. VerfGH vom 10.02.1983, VerfGH 36, 1/7; VerfGH, BayVBl 2011, 433/434).
6. Das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (VerfGH vom 22.07.2008, BayVerfGH 61, 172/181; BVerwG vom 05.07.1974, BVerwGE 45, 309/314 f.).
7. Art. 141 I 4 BV bestimmt in den Grundzügen die wichtigsten Aufgaben, die sich aufgrund der Staatsfundamentalnorm des Art. 3 II BV im Hinblick auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen stellen (Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 4. Aufl. 1992, RdNr. 1 a zu Art. 141). Beide Normen sind keine bloßen Programmsätze, sondern enthalten bindendes objektives Verfassungsrecht, an dem die Handlungen und Unterlassungen von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu messen sind (VerfGH vom 23.08.1985, BayVerfGH 38, 112/116; BayVerfGH vom 17.03.2011).
8. Nach der Rechtsprechung des BayVerfGH kann ein Bebauungsplan gegen das Willkürverbot des Art. 118 I BV verstoßen, wenn eine Gemeinde bei der Abwägung nach § 1 VII BauGB die sich aus Art. 141 I 4 BV ergebenden Verpflichtungen, den Boden als natürliche Lebensgrundlage zu schützen sowie kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten, in krasser Weise verkennt.
9. Dies ist etwa der Fall, wenn wesensfremde Bebauung in hochwertiger landschaftlicher Umgebung und in exponierter Lage zugelassen wird, ohne dass gewichtige Gründe diese Planung rechtfertigen (siehe BayVerfGH 59, 109/116). Solche krassen Fehleinschätzungen und Gewichtungen weist die gegenständliche Planung ersichtlich nicht auf, und zwar weder bezogen auf das in den Mittelpunkt gestellte Schutzgut des Orts- und Landschaftsbildes noch im Hinblick auf die von der Stadt als Eingriffsrechtfertigung vorgebrachten Gründe.
BayVerfGH, Entscheidung, 29.03.2012, AZ: Vf. 5-VII-11, Publikationsart: BayVBl 2013, 14-17 / http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?doc.id=JURE120007008&st=ent&showdoccase=1¶mfromHL=true

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.7 Aufgabenzuweisung
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
1.3.5 Erschließung im Außenbereich
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1. Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten (§ 1 I BauGB). Nach § 1 III 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.
2. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der planerischen Konzeption einer Gemeinde. Das Gesetz ermächtigt die Gemeinde zu einer ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entsprechenden „Städtebaupolitik“.
3. Es liegt in ihrem planerischen Ermessen, welche Ziele sie sich dabei setzt. Allerdings muss die Planung von städtebaulichen Belangen getragen sein und städtebaulich sinnvolle Festsetzungen treffen. Reine Gefälligkeitsplanungen, die ohne sonstige städtebauliche Rechtfertigung nur den privaten Interessen Einzelner dienen, entsprechen nicht dem Gebot städtebaulicher Erforderlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil v. 11.05.1999, BayVBl 2000, 23).
4. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gang sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, BayVBl 2000, 23).
5. Der Wunsch eines Einzelnen, der Anlass für die Bauleitplanung war, ist dabei unschädlich.
6. Die angegriffene Planung verstößt nicht in verfassungsrechtlich beachtlicher Weise gegen § 1 a II 1 BauGB. Danach soll mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen.
7. Diese sog. Bodenschutz-Klausel enthält ebenfalls kein „Versiegelungsverbot“ und keine „Baulandsperre“ in dem Sinn, dass eine Weiterentwicklung nicht oder nur dann möglich ist, wenn innerörtliche Entwicklungsmöglichkeiten umfassend ausgeschöpft sind (Krautzberger in Battis/ Krautzberger/ Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, RdNr. 7 zu § 1 a).
8. Nach der Rechtsprechung des BayVerfGH kann ein Bebauungsplan gegen das Willkürverbot des Art. 118 I BV verstoßen, wenn eine Gemeinde bei der Abwägung nach § 1 VII BauGB die sich aus Art. 141 I 4 BV ergebenden Verpflichtungen, den Boden als natürliche Lebensgrundlage zu schützen und kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten, in krasser Weise verkennt (vgl. BayVerfGH, Entscheidung v. 31.05.2006, BayVerfGH 59, 109/114 ff.; BayVerfGH 61, 1/7 f.).
BayVerfGH, Entscheidung, 23.02.2010, AZ: Vf. 12-VII-09, Publikationsart: BayVBl 2011, 14-17 / http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?doc.id=JURE100061533&st=ent&showdoccase=1¶mfromHL=true

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
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1. Ein Bebauungsplan, der von einer Gemeinde als Satzung beschlossen ist, kann sowohl insgesamt als auch hinsichtlich einzelner Festsetzungen Gegenstand einer Popularklage gemäß Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 I Satz 1 VfGHG sein.
2. Die Erhebung der Popularklage ist an keine Frist gebunden.
3. Die Antragsbefugnis für eine Popularklage kann aber durch Verwirkung erlöschen. Dies insbesondere bei Rechtsvorschriften, die sich im Wesentlichen in einer konkreten und individuellen Planung erschöpfen.
4. Eine prozessuale Verwirkung, die regelmäßig einen längeren Zeitraum voraussetzt, müsste auf einer unredlichen, Treu und Glauben zuwiderlaufenden Verzögerung der Klageerhebung beruhen. Dies wäre u. a. dann gegeben, wenn Grundstückseigentümer, die ein Recht aus dem angegriffenen Bebauungsplan ableiten, mit einer Klageerhebung schlechterdings nicht mehr zu rechnen brauchten.
5. Eine substantiierte Grundrechtsrüge liegt dann vor, wenn ein Antragsteller anhand von substantiiert bezeichneten Tatsachen und Vorgängen zumindest behauptet, dass die angefochtene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt.
6. Art. 141 II BV bestimmt in den Grundzügen die wichtigsten Aufgaben, die sich auf Grund der Staatsfundamentalnorm des Art. 3 II BV im Hinblick auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, in dessen Kontext auch der Schutz und die Pflege der Denkmäler gehört, stellen. Dahinter steht die Einsicht, daß neben den natürlichen auch die kulturhistorischen Ressourcen ein unverzichtbarer Bestandteil der Lebensqualität sind und ein notwendiges Korrektiv zur Dynamik der zivilisatorischen Prozesse bilden.
7. Denkmäler sind nach der gesetzlichen, die Staatszielbestimmung des Art. 141 II BV konkretisierenden Definition des Art. 1 I BayDSchG von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Zudem handelt es sich bei dem vom Bebauungsplan überplanten Denkmal um ein sog. Integrales Denkmal, das Einzel(bau)denkmäler mit einem umfassenden Bodendenkmal vereint.
8. Die wertende Verbindung des Denkmals mit seiner landschaftlichen und städtebaulichen Einbindung entspricht einem allgemeinen denkmalschutzrechtlichen Prinzip, das der Umgebung des Denkmals und seinem dadurch mitbestimmten Erscheinungsbild auch rechtliche Relevanz verleiht (vgl. Art. 1 III, Art. 6 I 2, II 2 BayDSchG). Während einerseits das Denkmal auf seine Umgebung einwirkt, gestaltet auch umgekehrt die Umgebung das Erscheinungsbild des Denkmals und vermag so seine Bedeutung zu beeinflussen.
9. Art. 3 II BV sowie Art. 141 II BV sind keine bloßen Programmsätze, sondern enthalten bindendes objektives Verfassungsrecht, an dem die Handlungen und Unterlassungen von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu messen sind. Der landesrechtliche Normgeber hat auch dann, wenn er auf Grund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig wird, jedenfalls dort, wo ihm Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, auch die ihn bindende Landesverfassung zu beachten. Landesverfassungsrecht ist auch innerhalb eines bundesrechtlichen Rahmens, innerhalb dessen er verschiedene Lösungen wählen kann, innerhalb dieses Gestaltungsrahmens nicht verdrängt.
10. Eine Nichtbeachtung des in Art. 141 BV festgeschriebenen Verfassungsrechts bei der Abwägung im Verfahren zum Erlass eines Bebauungsplanes verletzt das Willkürverbot des Art. 118 I BV, wenn dafür kein sachlicher Grund besteht. Es bleibt zwar dem Ermessen des Normgebers überlassen zu bestimmen, im welcher Weise dem Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung getragen wird. Erst wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessen überschritten sind, wenn für die getroffene Regelung bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise jeder sachliche Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt.
11. Nach § 1 VI BauGB 1998 sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Gegen das rechtstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muß, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
12. Es ist in erster Linie Aufgabe der Gemeinde, die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln (vgl. nunmehr ausdrücklich § 2 III BauGB).
13. Der landesverfassungsrechtliche Schutz der Denkmäler erschöpft sich nicht im Abwägungsgebot von § 1 VI BauGB 1998 und steht nicht unter einem bundesrechtlichen Abwägungsvorbehalt. Die Art. 141 II BV konkretisierenden Regelungen des bayerischen Denkmalschutzgesetzes bleiben von § 1 VI BauGB unberührt.
14. Angesichts dieser herausragenden und überregionalen Bedeutung des Denkmals musste dem Schutz und der Pflege des Denkmals im Rahmen der Bauleitplanung und der nach § 1 VI BauGB 1998 vorzunehmenden Abwägung besonderes Gewicht zukommen. Das beabsichtigte Nutzungskonzept wäre deshalb in erster Linie an der Bedeutung des Denkmals und seiner weitestgehenden Bewahrung zu messen gewesen. Ausgangspunkt der Planung musste vorrangig der überlieferte Baubestand sein, Ziel in erster Linie der Erhalt der Anlage in Charakter, historischer Baukonstruktion und landschaftlicher Einbettung.
15. Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals kann nur durch die Inpflichtnahme des Eigentümers Rechnung getragen werden. Sein Eigentum unterliegt einer gesteigerten Sozialbindung (Art. 103 II BV), die sich aus der Situationsgebundenheit seines Grundbesitzes ergibt. Angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzes im Allgemeinen und der Bedeutung des Denkmals im Besonderen muß der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, daß ihm eine rentablere wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks verwehrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2. März 1999, Az.: 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226, 242).
16. Die Gemeinde wählte die umgekehrte Vorgehensweise. Zwar wurde die denkmalpflegerische Bedeutung nicht schon im Ansatz verkannt, doch wurde diese von vorneherein in den Dienst eines vorgegebenen und von ihr insbesondere wegen der Tourismusbelange gutgeheißenen Investorkonzepts gestellt. Durch die wiederholte abwägende Befassung mit dem Themenkreis des Denkmalschutzes zieht sich wie ein roter Faden die Erwägung, die Wirtschaftlichkeit des Projekts sei gefährdet, wenn es räumlich beschränkt werde.
17. Insgesamt ist mit dem Planungsvorgang dem besonders hohen Gewicht des Denkmalschutzes in keiner Weise Rechnung getragen worden. In keiner Phase des Planungsvorgangs haben sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Interessen des Eigentümers an dem konkreten Projekt und die daran anknüpfenden Tourismusbelange der Gemeinde auch nur annährend ein sachliches Gewicht aufweisen, das es hätte rechtfertigen können, planend in der vorgesehenen Weise tief in die Substanz des Denkmals einzugreifen.
18. Solche Mängel eines Bebauungsplans können von der Gemeinde nicht nachträglich gemäß §§ 233 II 1, 214, 215 BauGB behoben werden. Im ergänzenden Verfahren nach § 124 IV BauGB sind nur solche Mängel behebbar, die nicht den Kern der Abwägungsentscheidung betreffen. Eine Nachbesserung scheidet aus, wenn der Abwägungsmangel von solcher Art und Schwere ist, dass er die Planung als Ganzes von vornherein infrage stellt.
19. Ohne Bedeutung ist zudem das unbeschadet des Bebauungsplans erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis- bzw. bauordnungsrechtliche Genehmigungsverfahren. Der Bebauungsplan überplant den Außenbereich (§ 35 BauGB) und schafft dort das auf das Projekt zugeschnittene Baurecht. In einem solchen Fall sind die Belange des Denkmalschutzes im Wesentlichen bereits im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplans abwägend zu würdigen. Ansonsten wäre der Bauleitplanung unter den gegebenen Verhältnissen jede Grundlage entzogen.
20. Die verfassungsrechtliche Beanstandung wird auch durch die Billigung durch einen Bürgerentscheid nicht in Frage gestellt. Nach Art. 18 a XIII 1 BayGO hat dieser Bürgerentscheid die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats. Soweit der Bürgerentscheid Grundlage für eine baurechtliche Planungsentscheidung der Gemeinde ist, kann der darauf beruhende Satzungserlaß nicht anders beurteilt werden als wenn dieser allein auf ein Tätigwerden des Gemeinderats zurückgehen würde.
BayVerfGH, Entscheidung, 22.07.2008, AZ: Vf. 11-VII-07, Publikationsart: BayVBl 2009, 142-144 / EzD 1.2 Nr. 6 (Anm. W. Eberl, S. 9-10) / GVBl 2008, 579 / juris / NVwZ 2008, 1234-1236
nachgehend BVerfG, Beschlüsse 04.11.2008, Az.: 1 BvR 2296/08 & 1 BvR 2351/08, n. v.

1.1.7 Folgen für das Eigentum
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.7 Aufgabenzuweisung
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
1.3.5 Erschließung im Außenbereich
2.1.2 Erscheinungsbild
2.2.1.1 Grundsätze
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
3.2.1 Schutz des kulturellen Erbes
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1. Die streitgegenständliche Aufhebung der Baugenehmigung ist rechtmäßig, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides nach Art. 48 BayVwVfG gegeben sind und ein Verstoß gegen allgemeine Handlungsgrundsätze nicht erkennbar ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die von der Beklagten angegebene Rechtsgrundlage (Widerruf nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG) für die Aufhebung des Verwaltungsakts dürfte zwar unrichtig sein, da nach objektiver Sach- und Rechtslage die Denkmaleigenschaft des Gebäudes bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung vorlag, weshalb von keiner nachträglich eingetretenen Tatsache im Sinn des Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG gesprochen werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Auflage, § 49 Rdn. 45).
2. Die Baugenehmigung, die im Rahmen der Konzentrationswirkung die denkmalrechtliche Erlaubnis, die für den Abbruch erforderlich wäre, nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG i. V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO mit umfasst, war allerdings bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig, da die Erlaubnisfähigkeit nach Art. 6 BayDSchG nicht geprüft wurde.
3. Der Widerruf kann aber ohne weiteres in eine Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG umgedeutet werden, da ein rechtswidriger Verwaltungsakt im Vergleich zu einem rechtmäßigen Verwaltungsakt unter erleichterten tatbestandlichen Voraussetzungen aufgehoben werden kann.
4. Dazu, dass es sich bei dem Gebäude um ein Baudenkmal im Sinn des Art. 1 Abs. 1, 2 BayDSchG handelt, kann auf das zwischen den gleichen Beteiligten ergangene Urteil vom gleichen Tag (Az.: B 2 K 13.809) verwiesen werden.
5. Ein derartiges Baudenkmal kann allenfalls nach Durchlaufen eines denkmalrechtlichen Erlaubnisverfahrens beseitigt werden. Die Baugenehmigung regelt aufgrund der Unkenntnis der Beklagten im Rahmen der Konzentrationswirkung auch die denkmalrechtliche Erlaubnis für den Abbruch dieses Gebäudes. Diese von der Beklagten offensichtlich nicht gewollte und mangels durchgeführter denkmalfachlicher Prüfung nach Art. 6 BayDSchG auch rechtswidrige Regelung wurde durch die Rücknahme der Baugenehmigung zu Recht aufgehoben.
6. Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Bescheid umfangreich die Frage geprüft, ob ohne Aufhebung das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Sie hat damit von dem ihr eingeräumten Ermessen ordnungsgemäß Gebrauch gemacht.
BayVG Bayreuth, Urteil, 20.03.2014, AZ: B 2 K 14/79, Publikationsart: EzD 2.2.6.1 Nr. 55 mit Anm. J. Spennemann) / juris / BeckRS 2014, 50953 / http://www.denkmalnetzbayern.de/index.php/menueeintrag/index/id/17/seite_id/1238/parameter/YToyOntzOjE1OiJzZWl0ZW5fcGVyX3RlaWwiO2k6MTA7czo0OiJ0ZWlsIjtzOjE6IjIiO30=

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.1 Eintragungspflicht
1.1.2 Bedeutung
1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.4 Rücknahme eines Verwaltungsaktes
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
2.6 Ausstattung
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1. Art. 4 Abs. 4 BayDSchG bietet die Möglichkeit, gegen Maßnahmen einzuschreiten, die ein Denkmal gefährden. Die Bestimmung setzt voraus, dass die Baudenkmaleigenschaft feststeht.
2. Als Rechtsgrundlage für den Erlass einer präventiven Abrissuntersagung in Fällen, in denen gerade die Denkmaleigenschaft umstritten ist, kann zur Vermeidung der Schaffung vollendeter Tatsachen auf die Möglichkeit einer präventiven Abrissuntersagung nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2, Art. 6 BayDSchG i. V. m. Art. 75 Abs. 1 BayBO zurückgegriffen werden.
3. Art. 75 BayBO Einstellung von Arbeiten
(1) Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen. Das gilt auch dann, wenn
1. die Ausführung eines Bauvorhabens entgegen den Vorschriften des Art. 68 Abs. 5 begonnen wurde oder
2. bei der Ausführung
a) eines genehmigungsbedürftigen Bauvorhabens von den genehmigten Bauvorlagen,
b) eines genehmigungsfreigestellten Bauvorhabens von den eingereichten Unterlagen
abgewichen wird,
3. Bauprodukte verwendet werden, die entgegen Art. 15 Abs. 1 keine CE-Kennzeichnung oder kein Ü-Zeichen tragen,
4. Bauprodukte verwendet werden, die unberechtigt mit der CE-Kennzeichnung (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) oder dem Ü-Zeichen (Art. 20 Abs. 4) gekennzeichnet sind.
(2) Werden unzulässige Arbeiten trotz einer schriftlich oder mündlich verfügten Einstellung fortgesetzt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Baustelle versiegeln oder die an der Baustelle vorhandenen Bauprodukte, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtlichen Gewahrsam bringen.
4. Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.
5. Die Einstellung von Arbeiten setzt einen Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraus. Dabei kann es sich sowohl um einen Verstoß gegen verfahrensrechtliche als auch um einen solchen gegen materiell-rechtliche Regelungen handeln, und zwar grundsätzlich (soweit nicht die Subsidiaritätsklausel in Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO eingreift) unabhängig davon, ob sie dem spezifischen öffentlichen Baurecht oder anderen öffentlich-rechtlichen Rechtsbereichen angehören (vgl. Jäde, Bayerisches Bauordnungsrecht, 1. Auflage 2013, Rn. 433).
6. Eine Baueinstellung kommt sowohl bei genehmigungs- wie nicht genehmigungspflichtigen Bauvorhaben in Betracht. Bei genehmigungspflichtigen Vorhaben reicht für die Anordnung die formelle Baurechtswidrigkeit aus, also der Umstand, dass für das Vorhaben keine Genehmigung vorliegt. Die Baueinstellung beinhaltet folglich auch keine Aussage über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens, sondern soll nur sicherstellen, dass eine Prüfung und Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in dem dafür vorgesehenen Verfahren ordnungsgemäß erfolgt und bis dahin keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden (stRspr. vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.11.2001, Az.: 20 ZB 01.2648, juris).
7. Eine Abrissuntersagung beinhaltet nicht nur das Gebot, die beabsichtigte Beseitigung (einmalig) zu unterlassen, sondern auch ein sich täglich erneuerndes Verbot dies weiterhin zu unterlassen. Es handelt sich somit um einen Dauerverwaltungsakt. Aus der Eigenschaft der Abrissuntersagung als Dauerverwaltungsakt folgt, dass die Rechtmäßigkeit der Verfügung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ständig zu kontrollieren ist. Im Falle der Klage gegen die Abrissuntersagung ist daher nicht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, sondern der der letzten mündlichen Verhandlung für die Prüfung der Rechtmäßigkeit maßgebend.
8. Die Einstellung von Arbeiten bzw. eine Abrissuntersagung setzen einen Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraus, Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Die Beseitigung der Nebengebäude der Hofanlage verstößt gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, wenn es sich entweder um Einzelbaudenkmäler im Sinn von Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG handelt oder es sich um Gebäude handelt, die einem Ensemble nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG angehören und sich deren Beseitigung auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann, Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG.
9. Die Denkmaleigenschaft der Hofanlage war zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses und auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung umstritten. Der Beklagte stützt seinen Bescheid im Wesentlichen darauf, dass aus Sicht der unteren Denkmalschutzbehörde eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass es sich bei der Hofanlage als Zeugnis bergmännischer Siedlungsgeschichte um ein Denkmal handele, also die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG in geschichtlicher und städtebaulicher Hinsicht gegeben seien.
10. Im Hinblick auf die Zielrichtung des Art. 75 BayBO, kann ein vorbeugendes Abrissverbot jedoch auch bis zur endgültigen Klärung der Denkmaleigenschaft des bzw. der streitgegenständlichen Gebäude erlassen werden.
11. Im vorliegenden Fall dient die Baueinstellung bzw. das Abrissverbot als bauaufsichtliche Sofortmaßnahme der Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen. Sie ist deshalb nicht erst dann gerechtfertigt, wenn feststeht, dass die Bauarbeiten einem rechtswidrigen Vorhaben dienen. Vielmehr reicht für den Erlass der durch Tatsachen belegte „Anfangsverdacht“ eines formellen oder materiellen Rechtverstoßes aus. Bauarbeiten bzw. Beseitigungsmaßnahmen dürfen demgemäß schon dann unterbunden werden, wenn objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es wahrscheinlich machen, dass ein dem öffentlichen Recht formell oder materiell widersprechender Zustand geschaffen wird (vgl. BayVGH, Urteil vom 04.07.1973, Az.: 60 II 71, BayVBl 1974, 436; Beschluss vom 26.06.1996, Az.: 1 CS 95.4162, n. v.; Beschluss vom 14.10.2013, Az.: 9 CS 13.1407, juris [Rn. 15]; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.01.2012, Az.: 2 M 194.11, juris [Rn. 6]; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.12.1993, Az.: 3 S 507.93, juris [Rn. 7]).
12. Ob ein im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehender Zustand tatsächlich hergestellt wird, ist für die Rechtmäßigkeit einer Baueinstellung unerheblich. Diese Frage ist erst Gegenstand der behördlichen Prüfung, ob eine Baueinstellung aufrechtzuerhalten oder gegebenenfalls aufzuheben ist, denn gerade in einem solchen Fall ist ein erhebliches Interesse dafür gegeben, dass vor der Ausführung des Vorhabens und der dadurch bewirkten Schaffung von Verhältnissen, die nicht oder nur mehr schwer rückgängig zu machen sind, geklärt wird, ob das Vorhaben im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht oder nicht.
13. Demgemäß muss dem Bauherrn, wenn die Bauaufsichtsbehörde unter Darlegung von nicht schlechthin von der Hand zu weisenden Gründen geltend macht, ein Vorhaben sei genehmigungspflichtig, jedoch nicht genehmigt, zugemutet werden, mit der Ausführung seines Vorhabens zu warten, bis der Streit im Hauptsacheverfahren abschließend geklärt ist (vgl. Decker in: Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, Kommentar, 126. EL Oktober 2017, Art. 75, Rn. 48). Die Bauaufsichtsbehörde ist bei einer solchen Fallgestaltung allerdings gehalten, in der Folgezeit nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Einstellung von Arbeiten bzw. ein vorbeugendes Abrissverbot tatsächlich (noch) vorliegen oder die Untersagung aufzuheben ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 19.07.2007, Az.: 2 CS 06.3083, juris [Rn. 3]; OVG Sachsen Anhalt, Beschluss vom 31.01.2012, Az.: 2 M 194.11, juris [Rn. 6]).
14. Zu beachten ist vorliegend insbesondere, dass die Eintragung in die Denkmalliste nach der Fassung des BayDSchG nicht Voraussetzung für die Eigenschaft als Baudenkmal ist. Vielmehr ist in Art. 1 BayDSchG abschließend definiert, wann ein Baudenkmal vorliegt. Auf die Eintragung in die Denkmalliste wird dort nicht Bezug genommen. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG sollen Baudenkmäler lediglich nachrichtlich in ein Verzeichnis (Denkmalliste) aufgenommen werden. Die Erstellung der Denkmalliste und die „nachrichtliche“ Vornahme der Eintragung haben somit keine rechtsbegründende Wirkung. In Bayern gilt für Baudenkmäler vielmehr das deklaratorische System. Die Denkmalliste ist eine reine Orientierungs- und Subsumtionshilfe (vgl. Eberl/Martin, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Kommentar, 7. Auflage 2016, Art. 2 Rn. 2), hat aber keinerlei konstituierende Bedeutung für die Denkmaleigenschaft.
15. Daher kann die Tatsache, dass weder die Hofanlage als Ganzes noch einzelne Gebäude hier-von bislang als Denkmäler eingetragen sind, nicht zur Verneinung der Eigenschaft von Einzeldenkmälern oder als Ensemble herangezogen werden.
16. Vorliegend waren die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage im Zeitpunkt des Bescheidserlasses gegeben. Dass nach damals geltender Rechtslage, nämlich vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 4. April 2017 am 1. Mai 2017, eine Ensembleeigenschaft nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG a. F. nur vorliegen konnte, sofern auch ensembleprägende Einzeldenkmäler vorhanden sind, ist unerheblich.
17. Grund hierfür ist, dass sich der Begründung des Bescheids keinesfalls entnehmen lässt, dass er allein auf den Verdacht des Vorliegens einer Ensembleeigenschaft gestützt worden ist und zugleich vom vollständigen Fehlen von Einzeldenkmälern ausgegangen worden ist. Vielmehr wurde u. a. ausgeführt, dass die vom geplanten Abbruch betroffenen, in Teilen gemauerten Nebengebäude und der hölzerne Schuppenhof, die als Holzlegen und Unterstellmöglichkeiten als solche bis heute den Bewohnern der Anlage dienten, integraler Bestandteil der Gesamtanlage seien. Gerade die Schuppen würden die geschilderte Bedeutung der Wohnanlage ablesbar machen. Es handele sich hierbei gewissermaßen um Wirtschaftsgebäude „für den kleinen Mann“. Bemerkenswert sei in diesem Zusammenhang, dass die Holzfronten mit den Türen der Nebengebäude noch im Original erhalten seien.
18. Aus diesen Ausführungen hinsichtlich der Bedeutung der in Bezug genommenen Neben-gebäude und der hierbei noch im Original erhaltenen Teile lässt sich vielmehr schließen, dass auch von einer insoweit vorliegenden hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Einzeldenkmaleigenschaft ausgegangen worden ist, da die Geschichte der Gebäude und der Gesamtanlage insbesondere an den im Original erhaltenen Teilen ablesbar sei. Nach damaliger Rechtslage lag mithin ein ausreichender Denkmalverdacht vor.
19. Auf Grund der Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) vom 21.12.2016 sowie des durchgeführten Augenscheins der Kammer steht fest, dass es sich bei der Hofanlage in seiner Gesamtheit jedenfalls um ein Ensemble im Sinne des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG handelt. Das Gericht teilt die Auffassung, dass es sich hierbei um ein Zeugnis bergmännischer Siedlungsgeschichte handelt, das die Rahmenbedingungen ihrer Entstehungszeit und den sozialen Kontext der Bewohner anschaulich widergibt. Entgegen den klägerischen Ausführungen ist auch von der ursprünglichen Konzeption und Nutzung des Innenhofs noch ein noch ausreichendes Maß vorhanden. Obwohl die ursprüngliche Parzellierung aus dem Jahr 1950 nicht mehr vorhanden ist, wurde im Rahmen des Augenscheins festgestellt, dass noch kleingärtnerische Nutzung, also Nutzung im Rahmen des ursprünglichen Zwecks des Innenhofs, vorhanden ist. Ob sich in der Anlage auch Einzeldenkmäler befinden oder nicht, kann offen bleiben, da Art. 1 Abs. 3 BayDSchG in der seit 1. Mai 2017 geltenden Fassung ausdrücklich klarstellt, dass eine Mehrheit baulicher Anlagen ein Ensemble bilden kann, obwohl sich darunter keine Einzeldenkmäler befinden.
20. Voraussetzung für eine Baueinstellung ist darüber hinaus grundsätzlich, dass (Bau-) Arbeiten tatsächlich begonnen wurden. Begrifflich können noch nicht begonnene Maßnahmen nicht eingestellt werden. Für präventive Verbote enthält die BayBO keine unmittelbare Rechtsgrundlage. Wegen des präventiv-polizeilichen Zwecks einer vorbeugenden Abrissuntersagung (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen), kann jedoch in entsprechender Anwendung des Art. 75 Abs. 1 BayBO vorbeugend die Errichtung von Anlagen und die Ausführung von Bauarbeiten, z. B. der Abriss bereits dann verboten werden, wenn objektiv konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass alsbald mit rechtswidrigen Bauarbeiten begonnen wird (vgl. Decker in: Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, Kommentar, 126. EL Oktober 2017, Art. 75, Rn. 42; BayVGH, Beschluss vom 03.09.2001, Az.: 2 ZS 01.1506, juris [Rn. 2]).
21. Hier war zu befürchten, dass nicht mehr rückgängig zu machende Baumaßnahmen alsbald erfolgen würden, da die Klägerin auf telefonische Nachfrage des Landratsamts äußerte, dass die Abbruchfirma bereits beauftragt sei und der Vorgang nicht mehr gestoppt werden könne. Hierbei war der Erlass der Abbruchuntersagung auch hinsichtlich sämtlicher Nebengebäude gerechtfertigt, da im vorgenannten Telefonat die Klägerin auf Nachfrage nicht präzisieren konnte, welche Nebengebäude konkret abgebrochen werden sollten.
22. Auch wurde das gemäß Art. 75 BayBO i. V. m. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 und Art. 6 BayDSchG eingeräumte Ermessen im streitgegenständlichen Bescheid zum Erlasszeitpunkt in rechtmäßiger Weise ausgeübt. Da der Anfangsverdacht nicht allein auf das Vorliegen einer Ensembleeigenschaft ohne Einzeldenkmäler gestützt worden ist, liegt auch kein Ermessensfehler in der Gestalt vor, dass das Landratsamt von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen wäre.
23. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die streitgegenständliche Verfügung unmittelbar vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 4. April 2017 am 1. Mai 2017 rechtswidrig war, ist die zulässige Klage begründet. Zwar war der streitgegenständliche Bescheid im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig (s. o.). Im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten besagter Änderung des Denkmalschutzgesetzes jedoch war der Bescheid rechtswidrig (geworden) und wäre bei ordnungsgemäßer Überprüfung der Rechtmäßigkeit und pflichtgemäßer Ermessensausübung vom Landratsamt aufzuheben gewesen.
24. Die streitgegenständliche Verfügung war auf Grund ihrer Dauerwirkung, nämlich des sich täglich erneuernden Verbots der Veränderung, insbesondere des Abbruchs der Nebengebäude, regelmäßig vom Landratsamt dahingehend zu überprüfen, ob sie aufrechtzuerhalten oder ggf. aufzuheben ist.
25. Im vorliegenden Fall hätte im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten besagter Rechtsänderung, die streitgegenständliche Verfügung bereits aufgrund des verstrichenen langen Zeitraums seit Erlass, ohne dass eine abschließende Klärung der Denkmaleigenschaft erfolgt ist, aufgehoben worden sein müssen. Zwar hat der von der Verfügung Betroffene die Wirkungen der Verfügung grundsätzlich während der gesamten Dauer des Verfahrens bis zur abschließenden Klärung der Denkmaleigenschaft hinzunehmen. Je mehr Zeit allerdings verstreicht, ohne dass das Verfahren mit der gebotenen Zügigkeit und ohne nicht nachvollziehbare Verzögerungen weitergeführt wird, desto größer wird sein Interesse an der Aufhebung der Verfügung. Übermäßige Verfahrensdauer und nichtnachvollziehbare Verzögerungen dürfen letztlich nicht grenzenlos zu Lasten des von der Baueinstellung bzw. des vom Veränderungsverbot Betroffenen gehen.
26. Die Länge dieses Verfahrens ist vorliegend nicht nachvollziehbar. Es ist weder erkennbar noch seitens des Landratsamts oder des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) vorgetragen, weshalb das Verfahren zur Klärung der Denkmaleigenschaft sich derart verzögert hat. Jedenfalls spätestens im Zeitpunkt der hier relevanten Rechtsänderung, mithin 17 Monate nach Bescheidserlass, wäre das streitgegenständliche Veränderungsverbot aufzuheben gewesen, da die Aufrechterhaltung auf Grund des sich bis dahin über einen derart langen Zeitraum in nicht nachvollziehbarer Weise nicht erhärteten Verdachts ermessensfehlerhaft gewesen ist.
BayVG München, Urteil, 30.11.2017, AZ: M 11 K 15.5680, Publikationsart: BeckRS 2017, 140592
BayVG München - Urteil v. 30.11.2017 - M 11 K 15.5680 - anonym..pdf

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.1 Eintragungspflicht
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.7 Aufgabenzuweisung
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
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1. Art. 4 Abs. 4 BayDSchG bietet die Möglichkeit, gegen Maßnahmen einzuschreiten, die ein Denkmal gefährden. Die Bestimmung setzt voraus, dass die Baudenkmaleigenschaft feststeht.
2. Als Rechtsgrundlage für den Erlass einer präventiven Abrissuntersagung in Fällen, in denen gerade die Denkmaleigenschaft umstritten ist, kann zur Vermeidung der Schaffung vollendeter Tatsachen auf die Möglichkeit einer präventiven Abrissuntersagung nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2, Art. 6 BayDSchG i. V. m. Art. 75 Abs. 1 BayBO zurückgegriffen werden.
3. Art. 75 BayBO Einstellung von Arbeiten
(1) Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen. Das gilt auch dann, wenn
1. die Ausführung eines Bauvorhabens entgegen den Vorschriften des Art. 68 Abs. 5 begonnen wurde oder
2. bei der Ausführung
a) eines genehmigungsbedürftigen Bauvorhabens von den genehmigten Bauvorlagen,
b) eines genehmigungsfreigestellten Bauvorhabens von den eingereichten Unterlagen
abgewichen wird,
3. Bauprodukte verwendet werden, die entgegen Art. 15 Abs. 1 keine CE-Kennzeichnung oder kein Ü-Zeichen tragen,
4. Bauprodukte verwendet werden, die unberechtigt mit der CE-Kennzeichnung (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) oder dem Ü-Zeichen (Art. 20 Abs. 4) gekennzeichnet sind.
(2) Werden unzulässige Arbeiten trotz einer schriftlich oder mündlich verfügten Einstellung fortgesetzt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Baustelle versiegeln oder die an der Baustelle vorhandenen Bauprodukte, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtlichen Gewahrsam bringen.
4. Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.
5. Die Einstellung von Arbeiten setzt einen Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraus. Dabei kann es sich sowohl um einen Verstoß gegen verfahrensrechtliche als auch um einen solchen gegen materiell-rechtliche Regelungen handeln, und zwar grundsätzlich (soweit nicht die Subsidiaritätsklausel in Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO eingreift) unabhängig davon, ob sie dem spezifischen öffentlichen Baurecht oder anderen öffentlich-rechtlichen Rechtsbereichen angehören (vgl. Jäde, Bayerisches Bauordnungsrecht, 1. Auflage 2013, Rn. 433).
6. Eine Baueinstellung kommt sowohl bei genehmigungs- wie nicht genehmigungspflichtigen Bauvorhaben in Betracht. Bei genehmigungspflichtigen Vorhaben reicht für die Anordnung die formelle Baurechtswidrigkeit aus, also der Umstand, dass für das Vorhaben keine Genehmigung vorliegt. Die Baueinstellung beinhaltet folglich auch keine Aussage über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens, sondern soll nur sicherstellen, dass eine Prüfung und Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in dem dafür vorgesehenen Verfahren ordnungsgemäß erfolgt und bis dahin keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden (stRspr. vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.11.2001, Az.: 20 ZB 01.2648, juris).
7. Eine Abrissuntersagung beinhaltet nicht nur das Gebot, die beabsichtigte Beseitigung (einmalig) zu unterlassen, sondern auch ein sich täglich erneuerndes Verbot dies weiterhin zu unterlassen. Es handelt sich somit um einen Dauerverwaltungsakt. Aus der Eigenschaft der Abrissuntersagung als Dauerverwaltungsakt folgt, dass die Rechtmäßigkeit der Verfügung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ständig zu kontrollieren ist. Im Falle der Klage gegen die Abrissuntersagung ist daher nicht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, sondern der der letzten mündlichen Verhandlung für die Prüfung der Rechtmäßigkeit maßgebend.
8. Die Einstellung von Arbeiten bzw. eine Abrissuntersagung setzen einen Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraus, Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Die Beseitigung der Nebengebäude der Hofanlage verstößt gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, wenn es sich entweder um Einzelbaudenkmäler im Sinn von Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG handelt oder es sich um Gebäude handelt, die einem Ensemble nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG angehören und sich deren Beseitigung auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann, Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG.
9. Die Denkmaleigenschaft der Hofanlage war zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses und auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung umstritten. Der Beklagte stützt seinen Bescheid im Wesentlichen darauf, dass aus Sicht der unteren Denkmalschutzbehörde eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass es sich bei der Hofanlage als Zeugnis bergmännischer Siedlungsgeschichte um ein Denkmal handele, also die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG in geschichtlicher und städtebaulicher Hinsicht gegeben seien.
10. Im Hinblick auf die Zielrichtung des Art. 75 BayBO, kann ein vorbeugendes Abrissverbot jedoch auch bis zur endgültigen Klärung der Denkmaleigenschaft des bzw. der streitgegenständlichen Gebäude erlassen werden.
11. Im vorliegenden Fall dient die Baueinstellung bzw. das Abrissverbot als bauaufsichtliche Sofortmaßnahme der Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen. Sie ist deshalb nicht erst dann gerechtfertigt, wenn feststeht, dass die Bauarbeiten einem rechtswidrigen Vorhaben dienen. Vielmehr reicht für den Erlass der durch Tatsachen belegte „Anfangsverdacht“ eines formellen oder materiellen Rechtverstoßes aus. Bauarbeiten bzw. Beseitigungsmaßnahmen dürfen demgemäß schon dann unterbunden werden, wenn objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es wahrscheinlich machen, dass ein dem öffentlichen Recht formell oder materiell widersprechender Zustand geschaffen wird (vgl. BayVGH, Urteil vom 04.07.1973, Az.: 60 II 71, BayVBl 1974, 436; Beschluss vom 26.06.1996, Az.: 1 CS 95.4162, n. v.; Beschluss vom 14.10.2013, Az.: 9 CS 13.1407, juris [Rn. 15]; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.01.2012, Az.: 2 M 194.11, juris [Rn. 6]; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.12.1993, Az.: 3 S 507.93, juris [Rn. 7]).
12. Ob ein im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehender Zustand tatsächlich hergestellt wird, ist für die Rechtmäßigkeit einer Baueinstellung unerheblich. Diese Frage ist erst Gegenstand der behördlichen Prüfung, ob eine Baueinstellung aufrechtzuerhalten oder gegebenenfalls aufzuheben ist, denn gerade in einem solchen Fall ist ein erhebliches Interesse dafür gegeben, dass vor der Ausführung des Vorhabens und der dadurch bewirkten Schaffung von Verhältnissen, die nicht oder nur mehr schwer rückgängig zu machen sind, geklärt wird, ob das Vorhaben im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht oder nicht.
13. Demgemäß muss dem Bauherrn, wenn die Bauaufsichtsbehörde unter Darlegung von nicht schlechthin von der Hand zu weisenden Gründen geltend macht, ein Vorhaben sei genehmigungspflichtig, jedoch nicht genehmigt, zugemutet werden, mit der Ausführung seines Vorhabens zu warten, bis der Streit im Hauptsacheverfahren abschließend geklärt ist (vgl. Decker in: Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, Kommentar, 126. EL Oktober 2017, Art. 75, Rn. 48). Die Bauaufsichtsbehörde ist bei einer solchen Fallgestaltung allerdings gehalten, in der Folgezeit nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Einstellung von Arbeiten bzw. ein vorbeugendes Abrissverbot tatsächlich (noch) vorliegen oder die Untersagung aufzuheben ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 19.07.2007, Az.: 2 CS 06.3083, juris [Rn. 3]; OVG Sachsen Anhalt, Beschluss vom 31.01.2012, Az.: 2 M 194.11, juris [Rn. 6]).
14. Zu beachten ist vorliegend insbesondere, dass die Eintragung in die Denkmalliste nach der Fassung des BayDSchG nicht Voraussetzung für die Eigenschaft als Baudenkmal ist. Vielmehr ist in Art. 1 BayDSchG abschließend definiert, wann ein Baudenkmal vorliegt. Auf die Eintragung in die Denkmalliste wird dort nicht Bezug genommen. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG sollen Baudenkmäler lediglich nachrichtlich in ein Verzeichnis (Denkmalliste) aufgenommen werden. Die Erstellung der Denkmalliste und die „nachrichtliche“ Vornahme der Eintragung haben somit keine rechtsbegründende Wirkung. In Bayern gilt für Baudenkmäler vielmehr das deklaratorische System. Die Denkmalliste ist eine reine Orientierungs- und Subsumtionshilfe (vgl. Eberl/Martin, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Kommentar, 7. Auflage 2016, Art. 2 Rn. 2), hat aber keinerlei konstituierende Bedeutung für die Denkmaleigenschaft.
15. Daher kann die Tatsache, dass weder die Hofanlage als Ganzes noch einzelne Gebäude hier-von bislang als Denkmäler eingetragen sind, nicht zur Verneinung der Eigenschaft von Einzeldenkmälern oder als Ensemble herangezogen werden.
16. Vorliegend waren die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage im Zeitpunkt des Bescheidserlasses gegeben. Dass nach damals geltender Rechtslage, nämlich vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 4. April 2017 am 1. Mai 2017, eine Ensembleeigenschaft nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG a. F. nur vorliegen konnte, sofern auch ensembleprägende Einzeldenkmäler vorhanden sind, ist unerheblich.
17. Grund hierfür ist, dass sich der Begründung des Bescheids keinesfalls entnehmen lässt, dass er allein auf den Verdacht des Vorliegens einer Ensembleeigenschaft gestützt worden ist und zugleich vom vollständigen Fehlen von Einzeldenkmälern ausgegangen worden ist. Vielmehr wurde u. a. ausgeführt, dass die vom geplanten Abbruch betroffenen, in Teilen gemauerten Nebengebäude und der hölzerne Schuppenhof, die als Holzlegen und Unterstellmöglichkeiten als solche bis heute den Bewohnern der Anlage dienten, integraler Bestandteil der Gesamtanlage seien. Gerade die Schuppen würden die geschilderte Bedeutung der Wohnanlage ablesbar machen. Es handele sich hierbei gewissermaßen um Wirtschaftsgebäude „für den kleinen Mann“. Bemerkenswert sei in diesem Zusammenhang, dass die Holzfronten mit den Türen der Nebengebäude noch im Original erhalten seien.
18. Aus diesen Ausführungen hinsichtlich der Bedeutung der in Bezug genommenen Neben-gebäude und der hierbei noch im Original erhaltenen Teile lässt sich vielmehr schließen, dass auch von einer insoweit vorliegenden hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Einzeldenkmaleigenschaft ausgegangen worden ist, da die Geschichte der Gebäude und der Gesamtanlage insbesondere an den im Original erhaltenen Teilen ablesbar sei. Nach damaliger Rechtslage lag mithin ein ausreichender Denkmalverdacht vor.
19. Auf Grund der Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) vom 21.12.2016 sowie des durchgeführten Augenscheins der Kammer steht fest, dass es sich bei der Hofanlage in seiner Gesamtheit jedenfalls um ein Ensemble im Sinne des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG handelt. Das Gericht teilt die Auffassung, dass es sich hierbei um ein Zeugnis bergmännischer Siedlungsgeschichte handelt, das die Rahmenbedingungen ihrer Entstehungszeit und den sozialen Kontext der Bewohner anschaulich widergibt. Entgegen den klägerischen Ausführungen ist auch von der ursprünglichen Konzeption und Nutzung des Innenhofs noch ein noch ausreichendes Maß vorhanden. Obwohl die ursprüngliche Parzellierung aus dem Jahr 1950 nicht mehr vorhanden ist, wurde im Rahmen des Augenscheins festgestellt, dass noch kleingärtnerische Nutzung, also Nutzung im Rahmen des ursprünglichen Zwecks des Innenhofs, vorhanden ist. Ob sich in der Anlage auch Einzeldenkmäler befinden oder nicht, kann offen bleiben, da Art. 1 Abs. 3 BayDSchG in der seit 1. Mai 2017 geltenden Fassung ausdrücklich klarstellt, dass eine Mehrheit baulicher Anlagen ein Ensemble bilden kann, obwohl sich darunter keine Einzeldenkmäler befinden.
20. Voraussetzung für eine Baueinstellung ist darüber hinaus grundsätzlich, dass (Bau-) Arbeiten tatsächlich begonnen wurden. Begrifflich können noch nicht begonnene Maßnahmen nicht eingestellt werden. Für präventive Verbote enthält die BayBO keine unmittelbare Rechtsgrundlage. Wegen des präventiv-polizeilichen Zwecks einer vorbeugenden Abrissuntersagung (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen), kann jedoch in entsprechender Anwendung des Art. 75 Abs. 1 BayBO vorbeugend die Errichtung von Anlagen und die Ausführung von Bauarbeiten, z. B. der Abriss bereits dann verboten werden, wenn objektiv konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass alsbald mit rechtswidrigen Bauarbeiten begonnen wird (vgl. Decker in: Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, Kommentar, 126. EL Oktober 2017, Art. 75, Rn. 42; BayVGH, Beschluss vom 03.09.2001, Az.: 2 ZS 01.1506, juris [Rn. 2]).
21. Hier war zu befürchten, dass nicht mehr rückgängig zu machende Baumaßnahmen alsbald erfolgen würden, da die Klägerin auf telefonische Nachfrage des Landratsamts äußerte, dass die Abbruchfirma bereits beauftragt sei und der Vorgang nicht mehr gestoppt werden könne. Hierbei war der Erlass der Abbruchuntersagung auch hinsichtlich sämtlicher Nebengebäude gerechtfertigt, da im vorgenannten Telefonat die Klägerin auf Nachfrage nicht präzisieren konnte, welche Nebengebäude konkret abgebrochen werden sollten.
22. Auch wurde das gemäß Art. 75 BayBO i. V. m. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 und Art. 6 BayDSchG eingeräumte Ermessen im streitgegenständlichen Bescheid zum Erlasszeitpunkt in rechtmäßiger Weise ausgeübt. Da der Anfangsverdacht nicht allein auf das Vorliegen einer Ensembleeigenschaft ohne Einzeldenkmäler gestützt worden ist, liegt auch kein Ermessensfehler in der Gestalt vor, dass das Landratsamt von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen wäre.
23. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die streitgegenständliche Verfügung unmittelbar vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 4. April 2017 am 1. Mai 2017 rechtswidrig war, ist die zulässige Klage begründet. Zwar war der streitgegenständliche Bescheid im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig (s. o.). Im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten besagter Änderung des Denkmalschutzgesetzes jedoch war der Bescheid rechtswidrig (geworden) und wäre bei ordnungsgemäßer Überprüfung der Rechtmäßigkeit und pflichtgemäßer Ermessensausübung vom Landratsamt aufzuheben gewesen.
24. Die streitgegenständliche Verfügung war auf Grund ihrer Dauerwirkung, nämlich des sich täglich erneuernden Verbots der Veränderung, insbesondere des Abbruchs der Nebengebäude, regelmäßig vom Landratsamt dahingehend zu überprüfen, ob sie aufrechtzuerhalten oder ggf. aufzuheben ist.
25. Im vorliegenden Fall hätte im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten besagter Rechtsänderung, die streitgegenständliche Verfügung bereits aufgrund des verstrichenen langen Zeitraums seit Erlass, ohne dass eine abschließende Klärung der Denkmaleigenschaft erfolgt ist, aufgehoben worden sein müssen. Zwar hat der von der Verfügung Betroffene die Wirkungen der Verfügung grundsätzlich während der gesamten Dauer des Verfahrens bis zur abschließenden Klärung der Denkmaleigenschaft hinzunehmen. Je mehr Zeit allerdings verstreicht, ohne dass das Verfahren mit der gebotenen Zügigkeit und ohne nicht nachvollziehbare Verzögerungen weitergeführt wird, desto größer wird sein Interesse an der Aufhebung der Verfügung. Übermäßige Verfahrensdauer und nichtnachvollziehbare Verzögerungen dürfen letztlich nicht grenzenlos zu Lasten des von der Baueinstellung bzw. des vom Veränderungsverbot Betroffenen gehen.
26. Die Länge dieses Verfahrens ist vorliegend nicht nachvollziehbar. Es ist weder erkennbar noch seitens des Landratsamts oder des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) vorgetragen, weshalb das Verfahren zur Klärung der Denkmaleigenschaft sich derart verzögert hat. Jedenfalls spätestens im Zeitpunkt der hier relevanten Rechtsänderung, mithin 17 Monate nach Bescheidserlass, wäre das streitgegenständliche Veränderungsverbot aufzuheben gewesen, da die Aufrechterhaltung auf Grund des sich bis dahin über einen derart langen Zeitraum in nicht nachvollziehbarer Weise nicht erhärteten Verdachts ermessensfehlerhaft gewesen ist.
BayVG München, Urteil, 30.11.2017, AZ: M 11 K 15.5680, Publikationsart: BeckRS 2017, 140592

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.1 Eintragungspflicht
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.7 Aufgabenzuweisung
2 Baudenkmalpflege
2.1 Ensemble
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
Diese Entscheidung per E-Mail versenden
1. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis der nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSchG erforderlichen denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis für den Abbruch des betonierten, Teil eines NS-Rüstungswerks seienden Wasserreservoirs.
2. Bei dem Wasserreservoir handelt es sich um ein Baudenkmal i. S. d. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG, da es eine bauliche Anlage aus vergangener Zeit ist, die von Menschen geschaffen wurde und deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.
3. Das Wasserreservoir ist Teil eines integralen Denkmals, das die obertägigen und untertägigen Reste des ehemaligen Rüstungswerks im Bereich des Mühldorfer Harts und damit Bau- und Bodendenkmäler umfasst (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 22.07.2008, Az.: Vf. 11-VII-07, https://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=1 / juris [Rn. 45 ff.]).
4. Das Reservoir gehört zu den baulichen Anlagen des Rüstungswerks im Mühldorfer Hart und veranschaulicht das Terrorregime des Nationalsozialismus, die „Topographie des Terrors“ und die „Vernichtung durch Arbeit“ in einzigartiger Weise. Dabei dokumentiert es den Versuch der Nationalsozialisten, innerhalb kürzester Zeit durch Zwangsarbeiter rücksichtslos einen Rüstungsgroßbetrieb zu errichten. Das Wasserreservoir steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ehemaligen Rüstungswerk im Mühldorfer Hart, von dem insbesondere die Ruine einer halbunterirdischen Flugzeugmontagehalle noch erhalten ist. Die räumliche Entfernung des Reservoirs zu dieser Ruine spricht nicht gegen die Denkmaleigenschaft des Wasserbeckens, sondern verdeutlicht vielmehr die immensen Ausmaße des Rüstungswerks.
5. Dass westlich der als Ruine vorhandenen Flugzeugträgerhalle in größerer Entfernung zum Wasserreservoir weitere Ruinen vorhanden sind, beseitigt nicht die Denkmaleigenschaft des Reservoirs, sondern bestätigt umso mehr die Bedeutung zur Veranschaulichung der Dimension des ehemaligen Rüstungswerks. Das Vorhandensein größerer und ggf. auch besser erhaltener Teile des integralen Denkmals ändert nichts an der Eigenschaft des Reservoirs als Baudenkmal, sondern unterstreicht nur dessen Bedeutung.
6. Dass das Wasserreservoir sehr eingewachsen ist und die Spuren der Zeit trägt, ändert ebenfalls nichts daran, dass es sich um ein Denkmal handelt. Denn der Erhaltungszustand des Bauwerks hat grundsätzlich keinen Einfluss auf seine Denkmaleigenschaft (vgl. BayVGH, Urteil v. 18.10.2010, Az.: 1 B 06.63, juris [Rn. 32 zur Beseitigung eines ehemaligen Gasthofs]). Hinzu kommt, dass es sich um ein Denkmal handelt, das als Mahnmal an die vergangene NS-Zeit erinnert und dessen Wiederaufbau - anders als etwa bei einem erhaltenswerten, alten Wohnhaus - gerade keinen Sinn machen würde. Allein durch sein Vorhandensein im jetzigen Zustand ist das Wasserreservoir denkmalwürdig und dient als Mahnung an die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus. Daher ist es gerade auch in seinem derzeitigen, durch die Jahrzehnte gezeichneten und verwitterten Zustand als Denkmal erhaltenswert.
7. Dass das Wasserreservoir nicht öffentlich zugänglich ist, ändert ebenfalls nichts an seiner Denkmaleigenschaft. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass sich Denkmäler auf Privatgrund befinden. Das Wasserreservoir liegt zudem am Rande des Privatgrundstücks in unmittelbarer Nähe zu einem öffentlich genutzten Weg, so dass es von östlicher und südlicher Seite betrachtet werden kann. Der interessierte Besucher kann sich somit von dem öffentlich genutzten Weg aus einen guten Überblick über das Reservoir und dessen Zusammenhang zum gesamten Rüstungswerk verschaffen. Hinzu kommt, dass der interessierte Besucher gerade durch einen Fußmarsch von der Ruine der Flugzeughalle zum Wasserreservoir auch die immensen Größenausmaße der ehemaligen Bunkeranlage nachvollziehen kann.
8. Die Denkmaleigenschaft ist auch nicht aufgrund des Abrisses mehrerer zur Gesamtanlage gehörender Bunker und des Zwangsarbeiterlagers in den 1990er Jahren entfallen. Den Genehmigungen von damals kommt keine Wirkung dahingehend zu, dass, wenn schon der Abbruch der Bunkeranlagen denkmalrechtlich genehmigt wurde, erst Recht der Abbruch des Wasserreservoirs genehmigt werden müsste.
9. Dass das Wasserreservoir nicht zusammen mit der Flugzeugmontagehalle in den geplanten „Gedenkort einbezogen werden soll, ändert ebenfalls nichts an seiner Denkmaleigenschaft. Denn es ist zwischen einem Gedenkort einerseits und der Denkmaleigenschaft eines Bauwerks andererseits zu unterscheiden. Es obliegt der Entscheidung des Freistaats Bayern, welchen Bereich er tatsächlich als Gedenkort ausgestalten will. Diese Entscheidung ist von einer Vielzahl an Faktoren, insbesondere auch von der Zugänglichkeit, der tatsächlichen Verfügbarkeit und der Geeignetheit eines Denkmals als Gedenkort, abhängig. Dabei ist es keine Voraussetzung zur Bejahung der Denkmaleigenschaft, dass das Bauwerk als Gedenkort ausgewiesen ist.
10. Es sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes i. S. d. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG gegen den Abriss des Wasserreservoirs und für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands. Sie ergeben sich unabhängig davon, wie die Bedeutung des Baudenkmals bei der Abwägung zwischen den für und gegen einen Abbruch sprechenden Gründen zu gewichten ist, aus den dargelegten Gründen, die die Denkmaleigenschaft des Reservoirs begründen.
11. Die „gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes“ stellen einen uneingeschränkt gerichtlicher Überprüfung unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff dar (BayVGH, Beschluss vom 31.10.2012, Az.: 2 ZB 11.1575, juris [Rn. 4 m. w. N.]).
12. Fehlen gewichtige Gründe, so ist ein Versagungsermessen nicht eröffnet, d. h. es bestünde ein Anspruch der Klägerin auf die Erteilung der Erlaubnis. Dabei sind die gewichtigen Gründe nicht dahingehend zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen müsste. Vielmehr ergibt sie sich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denk-maleigenschaft beruht (BayVGH, Urteil v. 27.09.2007, Az.: 1 B 00.2474, juris [Rn. 70]).
13. Für den Regelfall ist daher bei Baudenkmälern davon auszugehen, dass stets ein Erhaltungsinteresse anzuerkennen ist und damit gewichtige Gründe für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes indiziert sind. Gewichtige Gründe liegen allenfalls bei völlig un-bedeutenden Baudenkmälern nicht vor (BayVGH, Beschluss v. 31.10.2012, Az.: 2 ZB 11.1575, juris [Rn. 4]; BayVGH, Urteil v. 18.10.2010, Az.: 1 B 06.63, juris [Rn. 35]).
14. Der klägerische Antrag darf nicht alleine aus den festgestellten gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes abgelehnt werden. Vielmehr verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG eine Ermessensentscheidung. Nach Art. 40 BayVwVfG ist das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Zweck des Erlaubnisvorbehaltes in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG ist vor allem, durch eine präventive Kontrolle den Hauptzielen des Gesetzes, einer möglichst unveränderten Erhaltung (Art. 4 BayDSchG) und einer möglichst zweckentsprechenden Nutzung (Art. 5 BayDSchG) der Denkmäler gegen Maßnahmen, die diesen Zielen typischerweise zuwiderlaufen, im Rahmen des dem Denkmaleigentümer Zumutbaren Rechnung zu tragen.
15. Die Behörde trifft mithin eine rechtsgestaltende Entscheidung, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie die widerstreitenden öffentlichen Belange und die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite ausgleichen muss. Hierfür müssen alle vom Vorhaben betroffenen Belange berücksichtigt und miteinander und gegeneinander abgewogen werden (BayVGH, Urteil v. 27.09.2007, Az.: 1 B 00.2474, juris [Rn. 87 m. w. N.]; BayVG München, Urteil v. 20.04.2015, Az.: M 8 K 14.635, juris [Rn. 42]).
16. Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen (BayVGH, Urteil v. 11.01.2011, Az.: 15 B 10.212, juris [Rn. 26]).
17. Bei der Ermessensausübung ist maßgeblich die Bedeutung des Baudenkmals zu berücksichtigen sowie Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis zu setzen. Je gravierender der Eingriff aus denkmalfachlicher Sicht ist, desto größere Bedeutung kommt danach bei der Abwägung den für einen unveränderten Erhalt sprechenden gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zu, was im Einzelfall auch zur Folge haben kann, dass sich das Versagungsermessen zu einer Versagungspflicht verdichtet (BayVG München, Urteil v. 20.04.2015, Az.: M 8 K 14.635, juris [Rn. 43]).
18. Ferner ist Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG so auszulegen und anzuwenden, dass den aus Art. 14 Grundgesetz (GG) folgenden Anforderungen an ein Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmendes Gesetz entsprochen wird. Hierfür muss die Prüfung, ob dem Denkmaleigentümer die (unveränderte) Beibehaltung des bisherigen Zustands mit den Erhaltungs- und Nutzungspflichten gemäß Art. 4 und Art. 5 BayDSchG zuzumuten ist, zumindest dem Grunde nach im Erlaubnisverfahren erfolgen. Im Fall der Unzumutbarkeit muss die Erlaubnis erteilt werden. Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist nicht auf die besondere Situation des jeweiligen Eigentümers, sondern auf den „für Denkmalbelange aufgeschlossenen Eigentümer“ abzustellen (BayVGH, Urteil v. 18.10.2010, Az.: 1 B 06.63, juris [Rn. 38]; BVerfG, Beschluss v. 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226).
19. Der Beklagte hat sein Ermessen, das nach § 114 VwGO nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegt, rechtmäßig ausgeübt und unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Interessen der Klägerin und der Allgemeinheit von der Erteilung einer Abbrucherlaubnis in ermessensgerechter und damit rechtmäßiger Weise abgesehen. Die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ist auch verhältnismäßig.
20. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass keine größeren Erhaltungsmaßnahmen von der Klägerin gefordert werden und ihr damit kein größerer finanzieller Aufwand zur Erhaltung des Denkmals, insb. keine Sanierung des Reservoirs abverlangt wird, auch wenn jedoch Pflegemaßnahmen wie etwa das Zurückschneiden der wuchernden Vegetation auf der Grundstücksfläche von rund 3.500 m² in Betracht kämen. Das Baudenkmal soll in einem Zustand erhalten werden, dass es für den Betrachter erlebbar bleibe. Diese Vorgaben der Bayerischen Denkmalfachbehörde BLfD sind nachvollziehbar, da Sanierungsmaßnahmen unter Würdigung des geschichtlichen Hintergrunds nicht sinnvoll erscheinen. Das Wasserreservoir dient zusammen mit der gesamten Anlage als Zeuge des nationalsozialistischen Terrors und damit als Mahnmal für die Allge-meinheit.
21. Auch die objektiv fehlende Nutzbarkeit des Wasserreservoirs ändert angesichts seiner immensen geschichtlichen Bedeutung nichts. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass selbst bei einer Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Abbrucherlaubnis der Platz, auf dem sich das Wasserreservoir befindet, nicht wie angedacht als Lagerfläche genutzt werden könnte, da das Grundstück sich im Außenbereich befindet, wo ein Lagerplatz nicht zulässig ist, so dass somit im Entscheidungszeitpunkt auch kein Lagerplatz „verloren“ gehen kann. Daher liegt in der Ablehnung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis auch keine unzumutbare Beeinträchtigung des Eigentums.
22. Aber auch unabhängig von der baurechtlichen Zulässigkeit des Lagerplatzes ist die Versagung der Erlaubnis unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG nicht unverhältnismäßig. Die Gesamtfläche des streitgegenständlichen Grundstücks beträgt knapp 11.000 m², die gesamte Fläche des Betriebs der Klägerin inklusive des streitgegenständlichen Grundstücks beträgt etwa 53.000 m². Selbst wenn der beabsichtigten Lagerung auf dem streitgegenständlichen Grundstück baurechtlich nichts entgegenstünde, wäre die der Klägerin auf Grund des Denkmals nicht als Lagerfläche zur Verfügung stehende Fläche mit etwa 2.900 m² im Verhältnis dazu relativ gering, so dass es auch von daher nicht unverhältnismäßig erscheint, den Bereich des Denkmals als Lagerfläche auszunehmen. Bei den etwa 2.900 m² ist nicht nur das Wasserreservoir selbst mit seinen etwa 1.700 m², sondern die gesamte Fläche ab dem Wasserreservoir bis hin zur Grundstücksgrenze berücksichtigt.
23. Im Übrigen würde auch dann die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein, wenn die nicht als Lager zur Verfügung stehende Fläche mindestens 4.000 m² betragen würde. Denn von Art. 14 GG ist nicht stets die wirtschaftlichste Verwendung des Privateigentums geschützt. Auch wenn das Wasserreservoir auf dem streitgegenständlichen Grundstück bestehen bleibt, kann sie - sofern die baurechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen – dieses Grundstück als Lagerfläche benutzten. Allein der Bereich, auf dem das Denkmal steht, ist hiervon ausgenommen.
24. Berücksichtigt man gegenüber den Interessen der Klägerin die erhebliche geschichtliche Bedeutung des Denkmals, folgt hieraus keine Unverhältnismäßigkeit der Erhaltung des Wasserreservoirs. Es ist Zeitzeuge des Terrorregimes zu NS-Zeiten und dient als mahnende Erinnerung an diese Zeit. Es verdeutlicht das Ausmaß des ehemaligen Rüstungswerks und damit auch der „Topographie des Terrors“. Würde es abgerissen, würde ein wichtiger Teil der erhaltenswerten, da einzigartigen - aus heutiger Sicht erschreckenden - Bunkeranlage fehlen.
25. Photos zur Dokumentation des Wasserreservoirs können die Substanz der baulichen Anlage nicht ersetzen und sind im Hinblick auf die Erlebbarkeit des Denkmals nicht mit dessen Vorhandensein vergleichbar. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Ausmaße des Wasserreservoirs selbst. Schon das Wasserreservoir für sich genommen ist von eindrucksvollem Ausmaß. Hinzu kommt, dass es Teil eines integralen Denkmals ist (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 22.07.2008, Az.: Vf. 11-VII-07, https://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=1 / juris [Rn. 45 ff.]).
BayVG München, Urteil , 05.04.2016, AZ: M 1 K 15.1167, Publikationsart: BeckRS 2016, 48469 / juris

1 Allgemeine Rechtsfragen
1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.1 Eintragungspflicht
1.1.2 Bedeutung
1.1.3 „aus vergangener Zeit“
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.1.7 Folgen für das Eigentum
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
1.3.2 Bebauungsplan
2 Baudenkmalpflege
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.1.1 Grundsätze
2.2.4 Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten
3 Bodendenkmalpflege
3.1 Unterschutzstellung
3.1.1 Umgrenzung, Ausdehnung, Begrenzung, Nachweis
3.2 Veränderungen, Zerstörungen, Pflichten
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1. Die Klage auf Verpflichtung zur Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis zur Entfernung und Verbringung der streitgegenständlichen Kommunionbänke wäre wohl erfolgreich gewesen, da die geltendgemachten Gründe, zur Neugestaltung der liturgischen Abläufe während der Gottesdienste mehr Platz zu benötigen als zur Erbauungszeit vorgesehen, wohl kirchliche Belange bezüglich dieses unmittelbar gottesdienstlichen Zweckenden dienenden Baudenkmals darstellen.
2. Nach Art. 26 Abs. 2 Satz 3 BayDSchG dürfte deshalb das Letztentscheidungsrecht, ob die Neugestaltung des Altarraumes mit oder ohne die Kommunionbänke erfolgt, bei der kirchlichen Oberbehörde und nicht bei den staatlichen Denkmalschutzbehörden gelegen haben.
BayVG München, Beschluss, 03.12.2012, AZ: M 11 K 10.5745, Publikationsart:

1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2.2.1.3 Kirchliches Eigentum
2.3 Sonstige Veränderungen
2.6 Ausstattung
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1. Baudenkmäler sind bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Dabei genügt bereits das Vorliegen eines der gesetzlichen Merkmale, um die Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage anzunehmen.
2. Eine derartige Bedeutung kommt einem Bauwerk zu, wenn es historische Ereignisse oder Entwicklungen heute und für zukünftige Generationen anschaulich macht.
3. Ob dies der Fall ist, ist in der Regel anhand des Wissens- und Erkenntnisstandes von Sachverständigen zu beantworten.
4. Insoweit ist vorrangig von den Sachverständigenangaben und Ausführungen der fachlich entsprechend ausgebildeten Konservatoren des im Freistaat Bayern hierzu gesetzlich berufenen Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege auszugehen.
5. Eine denkmalgerechte Sanierung erfordert nicht die Angleichung an das Niveau eines Neubaus.
6. Bei der Berücksichtigung der Zumutbarkeit der Erhaltung bleiben etwaige Spekulationsinteressen des Eigentümers außer Betracht.
7. Bei der vorzunehmenden Vergleichsrechnung sind nicht die vollen Sanierungsosten anzusetzen, sondern nur die denkmalschutzrechtlich bedingte Erhöhung anzusetzen. Zudem sind alle Zuschüsse oder Erleichterungen in Ansatz zu bringen. Auch sind in der Vergleichsrechnung bei der Gegenüberstellung von Erhaltungsaufwand und Rendite nicht die Erwerbskosten des Grundstücks, wie es die Klägerin getan hat, einzubeziehen.
8. Folgte man der Argumentation der Klägerin, dann würde jeder, der ein Grundstück in spekulativer Erwartung seiner höheren Bebaubarkeit zu einem überhöhten Preis kauft, mit dem Hinweis auf die deshalb fehlende Rendite und Art. 14 GG ein „Baurecht“ bis zu der Grenze durchsetzen können, ab der eine angemessene Rendite zu erzielen wäre. Ein geradezu abwegiges Ergebnis.
9. Die spekulative Absicht der Klägerin ergibt sich zudem daraus, dass der Erwerb erfolgte, obwohl die beklagten „desolaten Zustände“ bereits im Zeitpunkt des Erwerbs vorhanden waren.
10. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die Herausnahme von „antiken“ Inneneinbauten, die den Denkmalwert des Gebäudes reduzierte, für die aber Liebhaber bereit sind, erhebliche Preise zu zahlen.
11. Unter diesem Blickwinkel ist die im Bußgeldverfahren festgesetzte Geldbuße eher moderat.
12. Im Hinblick auf die Denkmaleigenschaft ist zu prüfen, ob nicht auch Abweichungen bzw. Befreiungen von sonst bauordnungsrechtlich einzuhaltenden Vorschriften gewährt werden können.
BayVG München, Urteil, 23.06.2005, AZ: M 11 S 04.308, Publikationsart: - juris/ - DSI (Denkmalschutz-Informationen des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz) 2005 Heft III, S. 69 ff. (mit Anm. W. K. Göhner)
BayVG München - Urteil v. 23.06.2005 - M 11 K 04.308.pdf

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.4.2 Betretungsrecht
1.5.3 Beseitigung
2 Baudenkmalpflege
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.1.1 Grundsätze
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten
2.5.1 Sicherungsanordnung (Art. 4 II DSchG; Instandsetzungs-, Erhaltungsanordnung; Untersuchungspflicht)
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1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
2. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der beantragte Abbruch des ehemaligen, aus zwei Becken bestehenden Wasserreservoirs mit den Ausmaßen 44 m x 22 m, das zu einem ehemaligen Rüstungswerk aus der NS-Zeit gehört und dessen Reste in der Denk-malliste sowohl als Baudenkmal als auch als Bodendenkmal eingetragen sind, einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSchG bedarf, da dieses Teil eines Baudenkmals im Sinn von Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG ist. Der Erhalt des Baudenkmals „Ehemaliges Rüstungswerk im M...“, zu dem das Wasserreservoir zu zählen ist, liegt wegen seiner geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit.
3. Baudenkmäler sind bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG), deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt (Art. 1 Abs. 1 BayDSchG).
4. Eine „Bedeutung“ in diesem Sinn erfordert zwar nicht, dass das Gebäude Hervorragendes oder Einzigartiges repräsentiert. Sie setzt jedoch voraus, dass das Gebäude in besonderer Weise geeignet ist, geschichtlich, künstlerisch, städtebaulich, wissenschaftlich oder volkskundlich Relevantes zu dokumentieren (BayVGH, Urteil vom 16.07.2015, Az.: 1 B 11.2137, juris [Rn. 17]).
5. Denkmalpflege und Denkmalschutz zielen darauf, historische Zusammenhänge in Gestalt einer baulichen Anlage oder einer Mehrheit baulicher Anlagen in der Gegenwart zu veranschaulichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.05.2001, Az.: 4 CN 4.00, BVerwGE 114, 247). Die den Denkmalwert begründende geschichtliche Bedeutung muss nicht unmittelbar am Objekt ablesbar sein, es kann ausreichen, wenn das Objekt zusammen mit anderen Quellen seinem Betrachter die geschichtlichen Zusammenhänge vor Augen führen kann (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 16.05.2007, Az.: 2 Bf 298.02, NVwZ-RR 2008, 300). Es kommt dabei nicht auf den Erkenntnisstand eines unbefangenen Betrachters, sondern auf den Wissens- und Erkenntnisstand von sachverständigen Betrachtern an (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13.05.2015, Az.: 1 ZB 13.1334, BayVBl 2016, 456).
6. Diese Voraussetzungen sind für das Denkmal „Ehemaliges Rüstungswerk im M...“, zu dem das Wasserreservoir zu zählen ist, gegeben. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, veranschaulicht die Anlage das Terrorregime des Nationalsozialismus und die damit verbundene „Vernichtung durch Arbeit“, indem es das Bestreben dokumentiert, durch Zwangsarbeiter rücksichtslos innerhalb kürzester Zeit einen Rüstungsgroßbetrieb zu errichten. Der Zulassungsantrag kann diese Beurteilung nicht mit überzeugenden Argumenten in Zweifel ziehen.
7. Soweit in der Zulassungsbegründung behauptet wird, das Wasserreservoir sei eine rein technische Anlage ohne erkennbare geschichtliche und wissenschaftliche Relevanz, geht die Klägerin zu Unrecht davon aus, dass sich die Denkmaleigenschaft allein aus dem Wasserreservoir herleiten muss. Denn das Wasserreservoir ist Teil eines Baudenkmals, das den gesamten Bereich des ehemaligen Rüstungswerks und die hiervon verbliebenen Reste umfasst. Die Denkmalbedeutung erwächst aus dem Bezug des Wasserreservoirs auf den Gesamtkomplex (vgl. Stellungnahme des Bayerisches Landesamts für Denkmalpflege vom 01.07.2014; Bl. 201 der Behördenakte).
8. Ergibt sich die Denkmalbedeutung aus einem Gesamtkomplex baulicher Anlagen, so sind diese als einheitliches Denkmal zu behandeln (vgl. Martin in Martin/ Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, S. 187 [Rn. 164]). Auch voneinander räumlich getrennte, als Einzelanlagen sichtbare bauliche Anlagen können in ihrer Mehrheit ein Baudenkmal im Sinn von Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG darstellen, wenn die Denkmaleigenschaft gerade durch den Zusammenhang der baulichen Anlagen anzunehmen ist (so auch zum vergleichbaren Denkmalbegriff des nordrhein-westfälischen Denkmalrechts: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.12.1999, Az.: 10 A 606.99, juris [Rn. 29]).
9. Dementsprechend wurde das gesamte ehemalige Rüstungswerk als einheitliches Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen. Durch die Dimension des Wasserreservoirs selbst und die Entfernungen zu den übrigen Bunkerresten wird das Ausmaß des ehemaligen Rüstungswerks deutlich und damit auch die geschichtliche Bedeutung des Denkmals. Das Verwaltungsgericht hat zu diesen Dimensionen ausgeführt, dass die Anlagen den Versuch der Nationalsozialisten verdeutlichen, innerhalb kürzester Zeit durch Zwangsarbeiter rücksichtslos einen Rüstungsgroßbetrieb zu errichten. Darin liegt die geschichtliche Bedeutung der Anlage.
10. Diese Bedeutung wird unabhängig vom derzeitigen Erhaltungszustand und dem Umstand erkennbar, dass aus Sicht der Klägerin bedeutendere Teile des Gesamtkomplexes beseitigt wurden. Nachdem es für die Denkmaleigenschaft auf die Beurteilung durch einen sachverständigen Betrachter ankommt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13.5.2015, Az.: 1 ZB 13.1334, BayVBl 2016, 456), schmälert das Fehlen früher vorhandener, möglicherweise für den Laien besser verständlicher Anlagenteile den Denkmalwert des verbliebenen Denkmals nicht. Vielmehr ist der Erhalt der noch vorhandenen Reste der Gesamtanlage auch wegen des Verlusts anderer Teile nötig, um die räumliche Ausdehnung weiter zu dokumentieren.
11. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit früheren Beseitigungen besteht angesichts der erforderlichen Beurteilung des Einzelfalls nicht (vgl. BayVGH, Beschluss vom 04.09.2012, Az.: 2 ZB 11.587, juris [Rn. 14]).
12. Der Zulassungsantrag vermag auch insofern keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen, als geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht habe ohne nähere Prüfung angenommen, das Wasserreservoir sei schon für die Errichtung der Flugzeugmontagehalle genutzt worden, da es durch eine Lorentrasse mit dieser verbunden gewesen sei. Eine solche Aussage enthält das angegriffene Urteil nicht. Vielmehr wird in dem Urteil lediglich die Vermutung geäußert, dass das Wasserreservoir auch beim Bau der Flugzeugmontagehalle genutzt worden sein könnte (vgl. BayVG München, Urteil vom 05.04.2016, Az.: 1 K 15.1167, https://www.w-goehner.de/rechtsprechungsuebersicht/direktlink.php?id=216: „liegt es nahe, dass das Wasser aus dem Reservoir zur Errichtung der Bunkeranlage verwendet wurde“ [Urteilsausfertigung Seite 6 unten]). Das Verwaltungsgericht hat die konkrete Funktion des Reservoirs indes ausdrücklich offen gelassen, da es auch für den Fall der bloßen Nutzung als Löschwasserbecken die Denkmaleigenschaft bejaht hat (Urteilsausfertigung Seite 7).
13. Es ist für die Denkmaleigenschaft des Gesamtkomplexes sowie des streitgegenständlichen Teils nicht relevant, wenn die Mauern des Wasserreservoirs eingewachsen und auch von öffentlichen Wegen nicht einsehbar sind. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG schützt „das überlieferte Erscheinungsbild“ eines Baudenkmals unabhängig davon, ob sich der Betrachter auf öffentlichem Grund oder Privatgrund befindet. Auf die Einsehbarkeit vom öffentlichen Grund aus kommt es daher nicht an (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13.05.2015, Az.: 1 ZB 13.1334, BayVBl 2016, 456; BayVGH, Beschluss vom 12.06.2017, Az.: 2 ZB 16.342, juris [Rn. 5]).
14. Ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts lassen sich auch nicht mit der Nichtbeanstandung der Ermessensentscheidung des Beklagten begründen. Sie ergeben sich nicht auf Grund der Behauptung, das Verwaltungsgericht habe die Bedeutung der im Jahr 1995 erteilten Erlaubnis zum Abbruch des Wasserreservoirs nicht hinreichend behandelt. Die Berücksichtigung einer früheren, mittlerweile abgelaufenen Genehmigung kommt im Rahmen der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des Erlaubnisanspruchs nicht in Betracht, da es keinen Anspruch auf Wiederholung einer früheren Beurteilung gibt, wenn die Genehmigung keine Wirkung mehr entfaltet. Eine Bindungswirkung der durch Fristablauf erloschenen Genehmigung scheidet ebenso wie ein Vertrauensschutz aus (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG; vgl. zur Baugenehmigung: BayVGH, Beschluss vom 16.03.2017, Az.: 9 ZB 15.948, BayVBl 2017, 710; Decker in Simon/ Busse, BayBO, Stand Oktober 2017, Art. 69 Rn. 71 m. w. N.).
15. Die behauptete unzureichende oder unzutreffende Berücksichtigung der Erweiterungsmöglichkeiten der Klägerin kann Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ebenfalls nicht begründen. Das Verwaltungsgericht trifft selbst keine Ermessensentscheidung, sondern überprüft lediglich die durch den Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid getroffene Ermessensentscheidung. Eine Abwägung sämtlicher Interessen im Urteil ist daher nicht angezeigt. Im streitgegenständlichen Bescheid wurde das Gewicht der Erweiterungsinteressen der Klägerin umfangreich behandelt.
16. Das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich dargelegt, dass die dort vorgenommene Interessensgewichtung nicht zu beanstanden sei (Urteilsausfertigung Seite 11). Es ist zudem auch nicht tragend davon ausgegangen, dass eine Erweiterung der Lagerfläche des Betriebs der Klägerin baurechtlich nicht zu realisieren sei. Ausdrücklich hat es vielmehr ausgeführt, dass die Versagung der Erlaubnis auch unabhängig von der baurechtlichen Zulässigkeit des Lagerplatzes nicht unverhältnismäßig sei (Urteilsausfertigung Seite 13 oben).
17. Zu Recht wird im Urteil bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Gesamtfläche des Betriebs der Klägerin inklusive des Baugrundstücks etwa 53.000 m² beträgt, während die durch das Denkmal insgesamt in Anspruch genommene Fläche mit ca. 2.000 m² und einer noch geringeren Fläche des Wasserreservoirs im Verhältnis hierzu gering ist. Ob das Vorhaben der Klägerin, künftig das Lager auf die Fläche des Denkmals zu erweitern, realisiert werden kann, brauchte deshalb nicht geklärt zu werden.
18. Darüber hinaus kann auch der Senat keine besondere Schutzwürdigkeit der Erweiterungsinteressen der Klägerin erkennen, da die Klägerin das Baugrundstück erworben hat, obwohl dem Voreigentümer zuletzt mit Bescheid vom 11.04.1996 die Erlaubnis zum Abbruch versagt worden war.
BayVGH, Beschluss, 11.01.2018, AZ: 1 ZB 16.1358, Publikationsart: BeckRS 2018, 487
vgl. BayVG München, Urteil vom 05.04.2016, Az.: 1 K 15.1167, BeckRS 2016, 48469
BayVGH - Beschluss v. 11.01.2018 - 1 ZB 16.1358 - anonym..pdf

1 Allgemeine Rechtsfragen
1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.1 Eintragungspflicht
1.1.2 Bedeutung
1.1.3 „aus vergangener Zeit“
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.1.7 Folgen für das Eigentum
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.3 Bauplanungsrecht, Bauleitplanung, Bauordnungsrecht
2 Baudenkmalpflege
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.1.1 Grundsätze
2.2.4 Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten
3 Bodendenkmalpflege
3.1 Unterschutzstellung
3.1.1 Umgrenzung, Ausdehnung, Begrenzung, Nachweis
3.2 Veränderungen, Zerstörungen, Pflichten
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1. Sind wegen des Zustands einer Sache, sei dies eine bewegliche Sache oder auch ein Grundstück, Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt notwendig, sind diese gegen die Person zu richten, die auf Grund eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses unmittelbar auf die Sache einwirken kann.
2. Mit dem Begriff des Zustands einer Sache ist dabei deren Beschaffenheit gemeint, etwa auch die Baufälligkeit eines Bauwerks.
3. Es ist nicht erforderlich ist, dass die Gefahr von einer dauerhaften Eigenschaft der Sache ausgeht; vielmehr reicht auch eine nur vorübergehende Eigenschaft (z. B. gelockerter Ziegel) aus.
4. Ob diejenige Person, die auf Grund ihrer Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt zur effektiven Gefahrenabwehr in der Lage ist, zugleich auch einer entsprechenden zivilrechtlichen Verpflichtung unterliegt, ist im maßgeblichen Interesse der Effektivität der Gefahrenabwehr ohne Bedeutung.
5. Die Zustandsstörerhaftung des Inhabers der tatsächlichen Gewalt beschränkt sich aber auf Fälle, in denen die Sache die ursächliche Quelle der Gefahren ist und diese unmittelbar mit dem Zustand der Sache in Verbindung stehen.
6. Daher kann die Betreiberin einer Seniorenresidenz bei einem sicherheitsgefährdenden Zustand einer einsturzgefährdeten Mauer entlang des Grundstücks, auf dem sich die Residenz befindet, anstatt dem Eigentümer als Zustandsstörerin in Anspruch genommen werden.
BayVGH, Beschluss, 04.04.2016, AZ: 10 ZB 2380/14, Publikationsart: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2016-N-45084?hl=true

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten
2.5.1 Sicherungsanordnung (Art. 4 II DSchG; Instandsetzungs-, Erhaltungsanordnung; Untersuchungspflicht)
2.5.2 Duldungsanordnung (Art. 4 III DSchG; Ersatzvornahmeanordnung)
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1. Ob die Erhaltung eines Baudenkmals für den Eigentümer wirtschaftlich zumutbar ist, haben die Verwaltungsgerichte bei Vorlage einer nachprüfbaren Wirtschaftlichkeitsberechnung durch den Eigentümer im Rahmen des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO ggf. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufzuklären.
2. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung ist nicht nur der sog. denkmalbedingte Mehraufwand, sondern der gesamte Instandhaltungsaufwand zu erfassen (insoweit Aufgabe von BayVGH, Urteil vom 18.10.2010, juris / BayVBl 2011, 308).
3. Neben der Instandhaltungspauschale ist in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 2 II. der Zweiten Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (II. BV; http://www.gesetze-im-internet.de/bvo_2/BJNR017190957.html) für die Wertminderung des Gebäudes eine Abschreibung in Höhe von 1% des Sanierungsaufwands zu berücksichtigen.
4. Im Übrigen wird die mit Urteil vom 27.09.2007 (Az. 1 B 00.2474, juris) für Bayern entwickelte, in den wesentlichen Grundzügen gefestigte Rechtsprechung zur Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit eines Denkmalerhalts fortgeschrieben.
5. Der BayVGH unterstreicht den in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig vertretenen Grundsatz, dass die Zumutbarkeit durch eine Gegenüberstellung des zum Denkmalerhalt erforderlichen Aufwands und der aus dem Objekt zu erzielenden Erträge (s. Rn. 15) zu beurteilen ist und nicht etwa anhand eines Vergleichs der Sanierungskosten zum möglichen Verkaufserlös.
6. Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte vertieft der BayVGH aber die Vorgaben für das anzuwendende Berechnungsschema des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (vgl. Rn. 29).
7. Maßgeblich für die Berechnung der Ertragskraft des Denkmals ist ferner ein prognostischer Zeitraum von ca. 15 Jahren (s. Rn. 16).
8. Als Aufwand sind nicht die prognostizierten Sanierungskosten, sondern lediglich die zu ihrer Finanzierung erforderlichen Mittel bzw. die entgangenen Kapitalerträge (s. Rn. 20) einzustellen; demgegenüber schlagen auf der Ertragsseite die aus dem Objekt erzielbaren Einkünfte (nach Art eines Ertragswertverfahrens) sowie mögliche Steuervorteile zu Buche.
9. Dabei kommen prinzipiell nicht nur die Finanzierungskosten für den sog. denkmalpflegerischen Mehraufwand, sondern die Finanzierungskosten für sämtliche zum Erhalt und zur Nutzung (s. Rn. 21) des Objekts erforderlichen Kosten in Ansatz (s. Rn. 17).
10. Auf der Aufwandsseite können allerdings Finanzierungskosten für solche Maßnahmen keine Berücksichtigung finden, die erforderlich werden, weil der Eigentümer Erhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, zu denen er nach Art. 4 Abs. 1 BayDSchG unter Berücksichtigung der individuellen Zumutbarkeit (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.10.2010, Az. 1 B 06.63, juris) verpflichtet war (s. Rn. 18).
11. Aufwendungen für Maßnahmen, zu denen der Eigentümer aus sicherheitsrechtlichen Gründen (Art. 54 Abs. 2 und 4 BayBO) verpflichtet war, können unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Eigentümers nicht in Ansatz gebracht werden (s. Rn. 18).
12. Bewirtschaftungskosten in Sinne des § 24 Abs. 1 II. BV, nämlich Abschreibungen (s. u.), Verwaltungs-, Betriebs- und Instandhaltungskosten, sowie das Mietausfallwagnis sind als Aufwand zu berücksichtigen, soweit sie nicht auf den Mieter umgelegt werden können; ihre Höhe orientiert sich an den §§ 24 ff. II. BV (s. Rn. 21).
13. Statt Abschreibungen muss in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 2 II. BV ein jährlicher Wertverlust in Höhe von 1% der berücksichtigungsfähigen Sanierungskosten angesetzt werden (s. Rn. 23).
14. Im Fall der Eigennutzung kommen Verwaltungskosten und Mietausfallwagnis nicht in Ansatz (s. Rn. 21).
15. Tilgungsleistungen gehen in die Berechnung nicht ein (s. Rn. 20).
16. Einmalige Förderleistungen der öffentlichen Hand mindern den Aufwand nur dann, wenn sie bindend zugesagt sind (Rn. 19).
17. Auf der Ertragsseite sind die tatsächlichen oder die in der Region üblicherweise erzielbaren Mieteinnahmen oder im Fall der Eigennutzung der Gebrauchswert (jeweils ohne verbrauchsabhängige Nebenkosten, vgl. Rn. 21, 26) einzustellen (s. Rn. 26).
18. Erträge sind auch Steuervorteile für Baudenkmäler nach § 7i oder § 10f EStG.
19. Erfreulicher Weise gibt die Entscheidung neben der Klärung einer Fülle von Detailfragen auch eine präzise und praxisnahe Verteilung der Darlegungs- und Aufklärungspflichten zwischen Denkmalbehörden und Denkmaleigentümer vor (s. Rn. 16). Demnach obliegt es dem Denkmaleigentümer, nach Möglichkeit in Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ein Konzept für eine zeitgemäße Nutzung des Denkmals vorzulegen und den daraus resultierenden Aufwand sowie den mit dem Objekt zu erzielenden Ertrag in einer alle relevanten Faktoren in nachvollziehbarer Weise ermittelnden und bewertenden Wirtschaftlichkeitsberechnung darzulegen (so bereits BayVGH, Urteil vom 27.09.2007, Az. 1 B 00.2474, juris). Erst diese Unterlagen ermöglichen der Verwaltungsbehörde und ggf. dem Gericht die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der Abbrucherlaubnis nach Art. 6 Abs. 2 BayDSchG.
20. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind sämtliche Fragen im Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeitsberechnung durch das jeweilige Verwaltungsgericht abschließend zu klären (vgl. oben Leitsatz 1, s. Rn. 16).
21. Eine materielle Beweislast trifft den Denkmaleigentümer auch für die steuerlichen Fragen. Trägt der Denkmaleigentümer dazu nicht vor, ist vom Spitzensteuersatz von 45% nach § 32a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG auszugehen (s. Rn. 27).
22. Abschließend weist die Entscheidung mögliche Aspekte, die sich aus der persönlichen Situation eines Denkmaleigentümers ergeben können, der - auch im Falle eines positiven Saldos der Wirtschaftlichkeitsberechnung noch zu treffenden - Ermessensentscheidung zu (s. Rn. 31).
BayVGH, Urteil, 12.08.2015, AZ: 1 B 12.79, Publikationsart: juris / BayVBl 2016, 20-23 / IBRRS 2015, 2436
1. rechtskräftig (seit 22.09.2015) 2. Kurzrezension der Landesanwaltschaft Bayern (s. Anhang) 3. Rezension Dr. Jörg Spennemann (BayVBl 2016, 23-25)
BayVGH - Urteil v. 12.08.2015 - 1 B 12.79.pdf

1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.7 Aufgabenzuweisung
2 Baudenkmalpflege
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.1.1 Grundsätze
2.2.4 Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
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1. Baudenkmäler, die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG ohne Erlaubnis nicht beseitigt werden dürfen, sind bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG), deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt (Art. 1 Abs. 1
BayDSchG).
2. Eine „Bedeutung" in diesem Sinn erfordert zwar nicht, dass das Gebäude Hervorragendes oder Einzigartiges repräsentiert. Sie setzt jedoch voraus, dass das Gebäude in besonderer Weise geeignet ist, geschichtlich, künstlerisch, städtebaulich, wissenschaftlich oder volkskundlich Relevantes zu dokumentieren. 3. Es genügt also nicht, wenn das Gebäude - wie jedes alte Haus - eine Geschichte hat oder irgendeinen geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Aspekt aufweist.
4. Vorausgesetzt wird weiter, dass die Bedeutung - ggf. mit sachverständiger Hilfe - auch noch an der vorhandenen Substanz ablesbar und nicht nur gedanklich rekonstruierbar ist (vgl. BayVGH, Urteil v. 21.10.2004, Az.: 15 B 02.943, VGH n. F. 58, 17).
5. Dass die beiden streitgegenständlichen baulichen Anlagen im Zeitpunkt der Verfügung der Beklagten nicht in der Denkmalliste aufgeführt und sie im Bebauungsplan Nr. 206 vom 18. Februar 1998 nicht als Baudenkmäler, sondern als abzubrechende Gebäude dargestellt worden waren, ist ohne Bedeutung für die Bewertung der Denkmaleigenschaft. Zum einen werden Denkmäler [in Bayern - nur nachrichtlich in die Denkmalliste aufgenommen (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG), zum anderen ist der Bebauungsplan im Bereich des „Sondergebiets F.“ funktionslos geworden, weil die dort einst vorgesehene Erweiterung entgegen der ursprünglichen Annahme an ihrem bisherigen Standort erfolgen konnte.
6. Das zwischen 1906 und 1908 errichtete Gebäude ist baugeschichtlich von
besonderer Bedeutung. Seine Erhaltung liegt daher im Interesse der Allgemeinheit.
7. Es repräsentiert eine Anfang des 20. Jahrhunderts innovative Bauweise mit Eisenbeton, von der in Bayern nur noch wenige Exemplare erhalten sind. Das gleichmäßige Stützenraster des Eisenbetonskelettbaus verwendet ein um die Jahrhundertwende von Francois Hennebique entwickeltes, monolithisches Tragsystem, das aus Stützen, Unterzügen und Decken besteht. Lediglich das Dachgeschoss des Gebäudes ist wegen der geringeren Traglasten in herkömmlicher Holzkonstruktion erstellt.
8. Zahlreiche Veränderungen der Nutzer über ein Jahrhundert sowohl im Innern als auch durch Anbauten ändern nichts daran, dass das Eisenbetonskelett, das die baugeschichtliche Bedeutung des Gebäudes begründet, nahezu vollständig erhalten ist. Dadurch wurde das gleichmäßige Stützenraster im Wesentlichen unberührt gelassen. Die baugeschichtliche Bedeutung wird auch nicht dadurch gemindert, dass die ursprüngliche Rieseleinrichtung des Getreidelagers komplett entfernt worden ist.
9. Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Verwaltungsgerichts kann das Gebäude trotz des Alters des Betonskeletts und der vorhandenen Schäden auch in Zukunft erhalten werden. Nach der überzeugenden Darstellung des von der Beklagten beauftragten Ingenieurbüros stellt die auf dem Alterungsprozess von Beton beruhende Carbonatisierung die Erhaltungsfähigkeit des Betonskeletts nicht in Frage. Im Innern des Gebäudes kann die Korrosion jedoch vermieden werden, wenn die Luftfeuchtigkeit nicht über 65% ansteigt, was beim Körnermagazin durch die Sanierung des Daches und der äußeren Ausfachungen einschließlich der Fenster sichergestellt werden kann.
10. Soweit darauf hingewiesen wird, dass nach den Anlagen F und J der DIN EN 206-1 Beton eine Dauerhaftigkeit von lediglich 50 Jahren aufweise und deshalb die Tragfähigkeit und Gebrauchseigenschaft des Betonskeletts nicht mehr gewährleistet sei, verkennt man, dass die Norm nicht den Zeitraum beschreibt, in dem Beton erhalten werden kann, sondern nur eine Mindestdauer für nach diesen Vorschriften hergestellten Beton definiert, ohne dass in dieser Zeit statisch-konstruktive Maßnahmen erforderlich werden.
11. Da das Betonskelett in seiner Substanz nicht gefährdet ist, liegt der Erhalt des Baudenkmals aus baugeschichtlichen Gründen im Interesse der Allgemeinheit.
12. Auch die Geschützremise, das zweite zwecks Abbruch in Rede stehende Gebäude, ist wegen ihrer geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung ein Baudenkmal.
13. Der ziegelgemauerte, zweigeschossige Satteldachbau mit seinen Stichbogenfenstern und dem erhalten gebliebenen Tragwerksystem aus Holz gehört zu den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts üblichen Backsteinbauten
der bayerischen Militärverwaltung.
14. Die Beseitigung der Auffahrtrampen zum Obergeschoss, die Schließung und Veränderung von Fenster- und Türöffnungen sowie der Einbau eines Treppenhauses beeinträchtigen zwar den historischen Bestand, können die Denkmaleigenschaft aber nicht in Frage stellen, weil die ursprüngliche Verwendung des Gebäudes zu militärischen Zwecken aufgrund seiner Bauweise und Lage im historischen Festungsbereich weiterhin erkennbar ist.
15. Dass es sich um einen schlichten Zweckbau handelt, ändert an der Denkmalqualität nichts, zumal die Geschützremise die letzte ihrer Art in Ingolstadt ist und dem Gebäude daher ein gewisser Seltenheitswert zukommt.
16. Darüber hinaus ist die Geschützremise auch aus städtebaulichen Gründen erhaltenswert. Die Remise schließt die östliche Einfahrt in die Altstadt nach dem Passieren des gut erhaltenen „Kavalier Heydeck“ ab und steht daher in prominenter Sichtbeziehung und funktionalem Zusammenhang mit dem aus
Verteidigungsbauwerken bestehenden äußeren Ring der Festungsanlage, wie sie
sich im ausgehenden 19. Jahrhundert dargestellt hat.
17. Da die Klägerin beabsichtigte, den gesamten, aus mehr als den beiden streitgegenständlichen Baudenkmälern bestehenden Gebäudekomplex abzubrechen, hat die Beklagte zu Recht in entsprechender Anwendung von Art. 4 Abs. 4 BayDSchG ein Veränderungsverbot für die beiden Baudenkmäler bis zur Klärung der Denkmaleigenschaft dieser Gebäude angeordnet.
18. Da aber von Beginn an klar war, dass dem hallenartigen Verbindungsbau zwischen den beiden Gebäuden und dem südlichen Anbau an die Geschützremise keine Denkmalqualität zukommen kann, deren Beseitigung vielmehr mit den Interessen des Denkmalschutzes vereinbar ist, war ein Veränderungsverbot für diese Gebäudeteile nicht erforderlich. Denn das erlassene Verbot aller die beiden Baudenkmäler beeinträchtigenden Maßnahmen stellte auch bei Abbruch der übrigen Gebäudeteile einen ausreichenden Schutz der beiden denkmalwürdigen Gebäude sicher.
BayVGH, Urteil, 16.07.2015, AZ: 1 B 11.2137, Publikationsart: BeckRS 2015, 51959
BayVGH - Urteil v. 16.07.2015 - 1 B 11.2137 - anonym..pdf

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.1 Eintragungspflicht
1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.3 Nebenbestimmungen, Nachträgliche Anordnungen
1.3.2 Bebauungsplan
2 Baudenkmalpflege
2.2 Abbruch
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.1.1 Grundsätze
2.2.4 Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
2.3.1 Grundsätze
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten
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1. Die ungestörte Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG) wird wohl kaum einmal durch den Anblick einer 1,8 km entfernten Windkraftanlage beeinträchtigt sein.
2. Vorliegend geht es aber nicht um die ungestörte Religionsausübung, sondern um Denkmal- und Eigentumsschutz (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG). Die vom Verwaltungsgericht ausgeführte Bedeutung der Kirche St. Sebastian ist nicht nur religiöser, sondern auch geschichtlicher, künstlerischer, städtebaulicher und volkstümlicher Art. Die Kirche hat als Grabstätte der Seligen Edigna jedenfalls auch geschichtliche Bedeutung und als Hauptverehrungsstätte dieser Frau auch volkstümliche Bedeutung, wenngleich beschränkt auf die nähere Umgebung. Die herausgehobene topographische Lage hat städtebauliche Bedeutung. Die Blickbeziehung von Bruck nach Puch ist jedenfalls auch von künstlerischer und städtebaulicher Bedeutung.
3. Bezüglich des Prüfkriteriums aus der Rechtsprechung des BayVGH, wonach es wesentlich auf den Denkmalwert eines Baudenkmals ankommt, wenn die Frage der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung beantwortet werden muss (Urteil vom 18.07.2013, Az.: 22 B 12.1741, BeckRS 2013, 54626 [Rn. 26 ff.]). Bei einem Baudenkmal von herausragender Bedeutung kann eher eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen werden und können eher gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Als etwas Besonderes werden die herausgehobene topographische Lage und die historische Blickbeziehung von Bruck nach Puch gesehen.
4. Nicht jedes Aufragen einer Windkraftanlage hinter einem Zwiebelturm stellt eine erhebliche Beeinträchtigung eines Baudenkmals dar und müsste aus gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes und aus Gründen des Schutzes des Denkmaleigentümers unterbleiben. Ob der Maßstab der Erheblichkeit überschritten ist, ist jeweils an Hand des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. auch BayVGH, Urteil vom 24.01.2013, Az.: 2 BV 11.631, BayVBl 2013, 471/472). Hinzutretende Anlagen müssen sich an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat, und dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpert (BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, BeckRS 2013, 54624 [Rn. 32]). Es braucht sich dabei nicht um einen extremen Ausnahmefall zu handeln.
5. Das BayVG München hat erstinstanzlich erkannt, dass das Wesen, das überlieferte Erscheinungsbild oder die künstlerische Wirkung in Gestalt der historischen Blickbeziehung Bruck - Puch besonders gestört werde. Die besondere Blickbeziehung von Osten bzw. Südosten werde erheblich beeinträchtigt. Die Windkraftanlage verdränge gleichsam die Kirche und lasse in schwerwiegender Weise die gebotene Achtung gegenüber den in dieser Kirche verkörperten Werten vermissen. Das BayVG München konnte sich hier in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Stellungnahmen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege stützen.
6. Die optischen Wirkungen der bereits errichteten Windkraftanlage in Mammendorf können hier nicht den Ausschlag geben, weil diese Windkraftanlage von der Kirche St. Sebastian „viel weiter entfernt“ ist. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege verwendete zwar nicht den Begriff der „landschaftprägenden Eigenschaft“, führte aber doch aus, dass von Bruck her die eiszeitliche Flussterrasse mit der krönenden Kirche besonders in Erscheinung trete. Die strittige Windkraftanlage werde daher von der fußläufigen Verbindung (von Osten her) neben dem Kirchturm und konkurrierend zu diesem markant in Erscheinung treten. Die strittige Windkraftanlage wirke sich so überaus störend auf die historische Blickbeziehung von Bruck nach Puch aus. Gerade auch die rotierenden Flügel befänden sich in krassem Gegensatz zur statischen Ruhe eines Kirchturms. Durch die Bewegung des Windrads nehme der Betrachter eine Beeinträchtigung noch viel stärker wahr, als es bei einer Beeinträchtigung z. B. durch einen Hochspannungsmast der Fall sei.
7. Dass die Untere Denkmalschutzbehörde, nämlich das Landratsamt (Art. 11 Abs. 1 BayDSchG), anderer Auffassung ist als das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, spielt mangels vergleichbarer fachlicher Kompetenz keine entscheidende Rolle. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ist „die“ staatliche Fachbehörde für alle Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege (Art. 12 Abs. 1 BayDSchG).
8. Das Vorhandensein eines historischen Pilgerwegs lässt sich aus dem Akteninhalt und den Stellungnahmen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege nicht eindeutig ableiten, am ehesten noch aus dem eingeholten Parteigutachten. Entscheidungserheblich ist dieser Umstand aber nicht.
9. Nach der Rechtsprechung des BayVGH ist es von wesentlicher Bedeutung, ob ein Baudenkmal bewusst in eine bestimmte Landschaft hinein komponiert wurde, ob seine Umgebung so gestaltet wurde, dass sie sich auf das Baudenkmal bezieht, um die mit ihm verfolgte künstlerische Absicht zu verdeutlichen und zu verstärken (BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, BeckRS 2013, 54624 [Rn. 40]). Es kommt insofern darauf an, ob ein Gebäude bei seiner erstmaligen Errichtung oder bei einer denkmalschutzrechtlich relevanten Umgestaltung so konzipiert wurde, dass es auf das Vorhandensein bestimmter Sichtachsen angelegt wurde (BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, Az.: 22 B 11.701, a. a. O. [Rn. 41]). Es kann also sein, dass es nach dem zugrunde liegenden architektonischen Konzept gerade auf eine bestimmte Blickbeziehung zu einer Kirche bzw. einem Kirchturm besonders ankommt, z. B. von einem ganz bestimmten Zugangsweg aus. Es mag also der Kirchenbau so konzipiert worden sein, dass der Blick der Gläubigen beim Zugang zur Kirche auf den Kirchenbau als Verkörperung ihres Glaubens fällt und eben nicht auf eine Windkraftanlage.
10. In einem allgemeineren Sinn ist von einer derartigen Konzeption bei Annäherung von Osten und Südosten zur Kirche St. Sebastian auszugehen, insbesondere bei fußläufiger Annäherung aus diesem Bereich, also auf eine typische Annäherungsrichtung aus dem Tal nach Westen zur Anhöhe hin. Dies entspricht auch der historisch gewachsenen volkstümlichen, religiösen (Wallfahrten) und touristischen Zugangsrichtung zum Baudenkmal hin.
11. Etwaige Vorbelastungen, wie einen großen Baumarkt mit seinem großen Parkplatz, vermögen die Gründe des Denkmalschutzes nicht zu entwerten, solange es überhaupt noch etwas zu schützen gibt.
12. Die vorgebliche Lebensdauer von 30 Jahren der strittigen Windkraftanlage, die verwaltungsverfahrensrechtlich mit einer Rückbauverpflichtung verbunden wurde, klärt nicht, inwiefern ein Zeitraum von 30 Jahren für die durch den Denkmalschutz geschützte Allgemeinheit und für den vor erheblichen Beeinträchtigungen zu schützenden Denkmaleigentümer nur geringfügig sein sollte. An einem bereits bestehenden Windkraftanlagenstandort könnte sich nach dem Ende der Lebensdauer einer bestehenden Anlage auch ein sog. Repowering aufdrängen. Die Windenergienutzung ist vom Gesetzgeber nicht als nur vorübergehende Art der Energiegewinnung konzipiert.
13. Die Belange und die besondere Bedeutung der Windenergienutzung stehen weder der Annahme einer eigentumsrechtlich bedeutsamen erheblichen Beeinträchtigung entgegen noch können sie sich gegenüber den Belangen des Denkmal- und Eigentumsschutzes generell, sondern nur im konkreten Einzelfall durchsetzen, wie sich bereits aus § 35 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 Nr. 5 BauGB ergibt. Die Windenergienutzung muss im konkreten Fall durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls oder überwiegende private Interessen gerechtfertigt sein (BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, Az.: 4 C 3/08, Az.: BVerwGE 133, 347/353 [Rn. 14]). Derartige Gesichtspunkte werden dann aber nicht bei der Beurteilung der erheblichen Betroffenheit bzw. des Gewichts der Gründe des Denkmalschutzes, sondern bei der Ausübung des Versagungsermessens nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG zu berücksichtigen sein.
14. Die Frage, ob die erhebliche Beeinträchtigung eines Baudenkmals dem Eigentümer nach Art. 14 Abs. 1 GG zugemutet werden könne, wenn er in der Vergangenheit keine denkmalbedingten, über den normalen Bauunterhalt hinausgehenden Investitionen getätigt habe, die durch die Beeinträchtigung entwertet werden könnten, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt ist. Die klagende Denkmaleigentümerin wird durch Art. 4 BayDSchG in die Pflicht genommen, das Baudenkmal zu erhalten, zu pflegen und Schäden am Baudenkmal zu beseitigen, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Diese Inpflichtnahme hat dem BVerwG als Begründung für einen Schutz durch Art. 14 Abs. 1 GG genügt (BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, Az.: 4 C 3/08, a. a. O. [Rn. 14]; ebenso BayVGH, Urteil vom 24.01.2013, Az.: 2 BV 11.1631, BayVBl 2013, 471/472; HessVGH, Urteil vom 09.03.2010, Az.: 3 A 160/10, BeckRS 2010, 48970 [Rn. 64]).
BayVGH, Beschluss, 20.05.2015, AZ: 22 ZB 14.2827, Publikationsart: BeckRS 2015, 47066

1.1.2 Bedeutung
1.1.4 Denkmalwürdigkeit
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2 Baudenkmalpflege
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1 Inhaltliche Nähe
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.6 Bewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
2.4.2 Räumliche Nähe (Entfernung)
2.4.3 Überprüfbarkeit der Nähefeststellung
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1. Der Einbau eines geplanten Aufzugs in das schmale Treppenauge der Treppenanlage würde einen gravierenden Eingriff über alle Geschosse des denkmalgeschützten Gebäudes hinweg darstellen.
2. Der geplante Eingriff ist als schwerwiegend einzustufen, weil das vorhandene Treppenauge massiv aufgeweitet werden müsste und damit das Erscheinungsbild der Treppenanlage grundlegend verändert würde.
3. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege sprechen daher gewichtige Gründe des Denkmalschutzes i. S. v. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes des strittigen Treppenhauses.
4. Die womöglich zu Unrecht in der Vergangenheit genehmigten Umbau und Teilentfernung der Treppenanlage im obersten 4. Obergeschoss stehen dem nicht entgegen.
5. Die Ermessensentscheidung ist rechtsfehlerfrei. Die Abwägung erfolgte unter Berücksichtigung der wesentlichen Gesichtspunkte, insbesondere auch der Frage nach der Schaffung von Barrierefreiheit (vgl. BayVGH, Urteil vom 16.01.2012, Az.: 2 B 11.2408, BayVBl 2012, 788).
BayVGH, Beschluss, 05.02.2015, AZ: 2 ZB 13.2319, Publikationsart:

1 Allgemeine Rechtsfragen
1.1.5 Veränderungsfolgen
1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2.2.4 Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
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1. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung bzgl. eines denkmalgeschützten Gebäudes ist auch im Hinblick auf die gesteigerte Sozialbindung nicht mehr zumutbar, wenn der Eigentümer mit der gesetzlichen Erhaltungspflicht belastet wird, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung ziehen zu können, vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (243).
2. In die wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung können Ertragsmöglichkeiten anderer Eigentümer von Teilen einer denkmalgeschützten Gesamtanlage nicht einbezogen werden, sofern ein Ausgleich zwischen den Eigentümern nicht gesichert ist.
3. Vorliegend hatte der Beschwerdeführer den Grundstücksteil zu einem Zeitpunkt erworben, zu dem die Gesamtanlage bereits als Denkmalzone ausgewiesen war. Das erworbene Grundstück war also zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs bereits denkmalschutzrechtlich vorbelastet (vgl. für den Fall von Belastungen auf Grund der Erforderlichkeit einer Altlastensanierung: BVerfG, Beschluss vom 16.02.2000, Az.: 1 BvR 242/91, u. a. BVerfGE 102, 1 (21 f.).
BVerfG, Beschluss, 14.04.2010, AZ: 1 BvR 2140/08, Publikationsart: BauR 2010, 1574-1576 / BayVBl 2010, 597-599 / BRS 76 Nr. 213 (2010) / BRS 77 Nr. 4 (1986-2011) / DÖV 2010, 613 / DWW 2011, 78 / KommJur 2010, 337-339 / NVwZ 2010, 957-958 / Städte- und Gemeinderat 2010, 34 / WM 2010, 1333-1334 / ZAP EN-Nr. 425/2010 / ZfIR 2010, 742
vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.10.2009, Az.: 2 BvL 5/09, NVwZ 2010, 247 ff. (zu § 304 StGB)

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.5 Sanktionen bei Zuwiderhandeln
1.5.1 Ordnungswidrigkeiten
1.5.2 Strafrecht
1.5.3 Beseitigung
1.5.3.6 Neuerrichtung im Ensemble
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten
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BVerfG, Beschluss, 04.11.2008, AZ: 1 BvR 2296/08, Publikationsart: n. v.
Abweisung der Verfassungsbeschwerde gegen BayVerfGH, Entscheidung vom 22.07.2008, Az.: Vf. 11-VII-07, juris et al.

1.1.7 Folgen für das Eigentum
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.7 Aufgabenzuweisung
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
1.3.5 Erschließung im Außenbereich
2.1.2 Erscheinungsbild
2.2.1.1 Grundsätze
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
3.2.1 Schutz des kulturellen Erbes
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Abweisung der Verfassungsbeschwerde gegen BayVerfGH, Entscheidung vom 22.07.2008, Az.: Vf. 11-VII-07, juris et al.
BVerfG, Beschluss, 04.11.2008, AZ: 1 BvR 2351/08, Publikationsart: n. v.

1.1.7 Folgen für das Eigentum
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.7 Aufgabenzuweisung
1.3.2 Bebauungsplan
1.3.4 Abwägung (Anforderungen & Rechtsfolgen von Fehlern)
1.3.5 Erschließung im Außenbereich
2.1.2 Erscheinungsbild
2.2.1.1 Grundsätze
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
3.2.1 Schutz des kulturellen Erbes
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1. Vor der Ausführung eines Bauprojektes, dessen Bauort zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht in einem besonders geschützten FHH-Gebiet lag, wie hier im Fall des ohne Verträglichkeitsprüfung nach RL92/43/EWG (Habitatrichtlinie) errichteten Baus der Waldschlößchenbrücke in Dresden, kann eine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung erforderlich sein, wenn eine solche Prüfung die einzige geeignete Maßnahme darstellt, um erhebliche Verschlechterungen der Lebensräume oder Störungen von Arten zu verhindern.
2. Das BVerwG muss als Revisionsinstanz über die Klage der Naturschutzvereinigung "Grüne Liga Sachsen“ gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Dresden (jetzt: Landesdirektion Dresden) vom Februar 2004 zum Bau der Waldschlößchenbrücke entscheiden. Dem Planfeststellungsbeschluss lag nur eine Gefährdungsvorabschätzung zugrunde, aber keine den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 der RL92/43/EWG genügende Verträglichkeitsprüfung. Die EU-Kommission nahm das Gebiet Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg allerdings erst im Dezember 2004, also nach Erteilung der Genehmigung zum Brückenbau, in die Liste von (besonders geschützten) Gebieten mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 RL92/43/EWG) auf. Die Arbeiten zum Bau der Waldschlößchenbrücke begannen wiederum erst im November 2007. Fertig ist die Brücke seit 2013.  
3. Das BVerwG rief den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren an und wollte insbesondere wissen, ob vor Beginn des Brückenbaus eine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung erforderlich war, obwohl das Gebiet erst nach Genehmigung des Baus in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden war.  
4. Der EuGH entschied nun hierauf, dass sich dieses Erfordernis der nachträglichen Verträglichkeitsprüfung aus Art. 6 Abs. 2 RL92/43/EWG ergeben könne. wenn eine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung die einzige geeignete Maßnahme darstelle, um erhebliche Verschlechterungen der Lebensräume oder Störungen von Arten zu verhindern. Dies zu prüfen sei allerdings Sache des vorlegenden BVerwG.  
5. Falle eine nachträglich zur Fehlerheilung durchgeführte Verträglichkeitsprüfung negativ aus, könne Art. 6 Abs. 3 RL 92/43/EWG analog angewendet werden. Sollte sich bei Abwägung der Interessen ergeben, dass die Waldschlößchenbrücke doch wieder abzureißen wäre, müsste dieses Rückbauvorhaben nun selbst vor seiner Ausführung einer Verträglichkeitsprüfung unterzogen werden.
EuGH, Urteil, 14.01.2016, AZ: C‑399/14, Publikationsart: 1) Planfeststellungsbeschluss für die "Waldschlösschenbrücke" in Dresden: OVG Bautzen, Beschluss vom 12.11.2007, Az.: 5 BS 336/07, BeckRS 2007, 27767 2) Vorlagebeschluss: BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014, Az.: 9 C 6.12 BeckRS 2014, 54727 3) EuGH: Urteil vom 14.01.2016, Az.: Rs.  C‑399/14, http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=9ea7d2dc30ddb6bd8b9cc442414eb16af34f8c25cbd9.e34KaxiLc3qMb40Rch0SaxuSaxn0?text=&docid=173523&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=1125874

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.8 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
2 Baudenkmalpflege
2.4 Veränderungen in der Umgebung
2.4.1 Inhaltliche Nähe
2.4.1.1 Grundsätze
2.4.1.5 Unbewegliche Anlagen in der Umgebung
2.4.1.7 Nachteilige Veränderungen des Orts- und Landschaftsbilds (Umgebung / Freiraum / Sichtbeziehungen vom und zum Denkmal)
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LG Köln, Urteil, 05.06.2012, AZ: 5 O 384/11, Publikationsart:
- Nachinstanz: OLG Köln, Urteil vom 20.12.2012, Az.: 7 U 104/12, s. dort; - teilweise Unzulässigkeit wegen doppelter Rechtsanhängigkeit,   - kein Anspruch aus Amtshaftung oder Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA), - kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch - rkr.
LG Köln 5 O 384_11 vom 05.06.2012 - anonym.pdf

1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.8 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
3 Bodendenkmalpflege
3.2 Veränderungen, Zerstörungen, Pflichten
3.2.1 Schutz des kulturellen Erbes
3.2.2 Veranlassung, Kostentragungsverpflichtung, Öffentliche Eigentümer
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1. Eine Regelung in einem Mietvertrag, wonach die Vornahme von baulichen Veränderungen oder Einbauten im oder am Mietobjekt durch den Mieter ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Vermieters eine erhebliche Pflichtverletzung darstellt und ein solches Verhalten dem Vermieter das Recht zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages gewährt, benachteiligt den Mieter jedenfalls bei einem Eingriff in das Dach (hier: Einbau von Lüftungsrohren mit mehreren Dachdurchführungen) nicht unangemessen.
2. Die beklagte Vermieter einer Mietwohnung hat ein rechtlich beachtenswertes Interesse, dass die Baumaßnahmen der Mieterin am Dach unterbleiben. Zum einen handelt es sich bei dem Anwesen um ein denkmalgeschütztes Objekt. Bei derartigen Objekten hat der vermietende Eigentümer ein Interesse daran, dass Baumaßnahmen unterbleiben, die in die äußere Hülle des Gebäudes eingreifen.
3. Denn derartige, die Substanz verletzende Eingriffe in Denkmäler bedürfen der Erlaubnis nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BbgDSchG und können Anlass für die Denkmalschutzbehörden sein, Wiederherstellungsanordnungen zu treffen.
4. Zum anderen sind Eingriffe in das Dach eines Gebäudes stets latent mit der Gefahr verbunden, dass Feuchtigkeit in das Gebäude eindringt, die für die gesamte Gebäudesubstanz schädlich ist. Hier hat sich eine solche Gefährdung auch verwirklicht. Unstreitig ist das Dach im Bereich der durchgeführten Arbeiten undicht geworden. Unstreitig ist das Dach nach Mangelbeseitigungsarbeiten an der Abdichtung der Lüftungsrohre am Dach durch die Beklagte wieder dicht.
OLG Brandenburg, Urteil, 21.01.2014, AZ: 6 U 116/12, Publikationsart: juris
Michael Kurek, IMR 2015, 68 (Anmerkung)

1.1.5 Veränderungsfolgen
1.1.7 Folgen für das Eigentum
1.1.10 Denkmaleigenschaft und Zivilrecht
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.5.3.3 Dachfenster / Dachgestaltung im Baudenkmal / Ensemble
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.3 Um-, An- und Aufbauten, Nutzungsänderungen
2.3.7 Energieeffizienzmaßnahmen
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1. Führt ein Versicherungsnehmer grob fahrlässig einen Versicherungsfall herbei, ist der Versicherer zu einer Leistungskürzung "auf Null" berechtigt.
2. Auf Grund fehlender Beheizung eines Hauses ohne Wärmedämmung und ohne Doppelverglasung, das zum Zeitpunkt des Schadens bereits länger leer gestanden hatte, war es während einer Frostperiode mit Temperaturen im zweistelligen Minusbereich zu einem Frostschaden an den wasserführenden Einrichtungen des Hauses gekommen.
3. Wegen der besonderen Schwere der grob fahrlässigen Verursachung des Versicherungsfalles ist die durch den Versicherer erfolgte Leistungskürzung in der Wohngebäudeversicherung gemäß § 81 Abs. 2 VVG rechtens.
OLG Frankfurt am Main, Urteil, 11.05.2012, AZ: 3 U 153/11, Publikationsart: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/s15/page/bslaredaprod.psml?&doc.id=KORE527042013%3Ajuris-r01&showdoccase=1&doc.part=L

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2.3.7 Energieeffizienzmaßnahmen
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OLG Köln, Urteil, 20.12.2012, AZ: 7 U 104/12, Publikationsart:
- Erstinstanz: LG Köln, Urteil vom 05.06.2012, AG.: 5 O 384/11, s. dort - Geltendmachung der Erstattung, - Unzulässigkeit wegen doppelter Rechtsanhängigkeit - rkr.
OLG Köln 7 U 104_12 vom 20.12.2012 anonym.pdf

1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.8 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
3 Bodendenkmalpflege
3.2 Veränderungen, Zerstörungen, Pflichten
3.2.1 Schutz des kulturellen Erbes
3.2.2 Veranlassung, Kostentragungsverpflichtung, Öffentliche Eigentümer
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1. Eine Pflicht zur Anmeldung von Bedenken des Überwachers gegenüber dem Planer wegen des Fehlens eines Konzepts zur Trockenlegung des Bauwerks kommt nicht in Betracht, wenn beide Funktionen von derselben Person ausgeübt werden.
2. Hat die konkrete Aufgabenstellung des Bauherrn an den eine Altbausanierung planenden Architekten im Architektenvertrag keinen Ausdruck gefunden, sind die Begleitumstände des Zustandekommens des Vertrags zur Auslegung heranzuziehen.
3. Es ist nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Sanierung eines in der Gründerzeit errichteten, unter Denkmalschutz stehenden Bestandsgebäudes stets alle baulichen Maßnahmen umfassen soll, um ein Bauwerk herzustellen, dass in jeder Hinsicht heutigen technischen Standards entspricht.
4. Ein Architekt ist gegenüber dem Bauherrn im Rahmen der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) typischerweise verpflichtet, nicht nur die Grundlagen für die Planung der konkret vom Bauherrn vorgegebenen Sanierungsmaßnahmen zu ermitteln, sondern auch ungefragt und ohne Ansehung der Vorgaben des Bauherren zumindest eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen, welche Sanierungsmaßnahmen zur Herstellung eines funktionstauglichen Objekts i.S. der angestrebten künftigen Nutzung notwendig sind (vgl. OLG BB, Urteil v. 13.03.2008, Az.: 12 U 180/07, ZfBR 2008, 857 / juris), und im Falle fehlender Plausibilität des Konzepts des Bauherrn entsprechende, auch warnende Hinweise zu geben (vgl. OLG München, Urteil v. 19.11.1987, Az.: 24 U 831/86, NJW-RR 1988, 336).
5. Zudem kann im EInzelfall auch in Betracht kommen, dass im Rahmen der technischen Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) Überlegungen zu den Anforderungen an die Sanierung des Kellergeschosses geboten sind, die zu einer Hinweis- und Warnpflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin hätten führen können.
OLG Naumburg, Urteil, 09.02.2012, AZ: 2 U 125/11, Publikationsart: NJW-RR 2012, 788-791

1.1.10 Denkmaleigenschaft und Zivilrecht
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
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1. Ein Anspruch nach § 836 Abs. 1 Satz 1, § 249 BGB besteht, wenn Gebäudeteile abgelöst wurden, diese Ablösung den Sachschaden, d. h. die Eigentumsverletzung adäquat kausal verursachte, zudem die Ablösung selbst adäquat kausal entweder durch eine fehlerhafte Errichtung oder durch eine mangelhafte Unterhaltung verursacht wurde, und schließlich dem Besitzer der notwendige Entlastungsbeweis nicht gelungen ist.
2. Die Ablösung von Dachziegeln bei einem Sturm bzw. starken Windereignis (10 Beaufort) stellt kein außergewöhnliches Natur- beziehungsweise Windereignis dar, das eine Haftung wegen fehlerhafter Errichtung des Bauwerks entfallen ließe, solange nicht festgestellt werden kann, wann welche Windgeschwindigkeiten gerade am Gebäude herrschten.
3. An die dem für die Gebäudesicherheit Verantwortlichen obliegende Pflicht zur Überwachung sind hohe Anforderungen gestellt.
4. Die in diesem Sinne erforderlichen qualifizierten, Anlass unabhängigen Kontrollen auf sicheren Sitz der Dachziegel am Dach des Gebäudes wurden allerdings nie in auch nur annähernd ausreichendem Maße durchgeführt.
OLG Stuttgart, Urteil, 23.11.2016, AZ: 4 U 97.16, Publikationsart: NJW-RR 2017, 793-798

1.1.10 Denkmaleigenschaft und Zivilrecht
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2.5 Erhaltungs- und Sicherungspflichten
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Eine freiwillige Übernahme des Risikos einer Inanspruchnahme, die eine Begrenzung der Kostenbelastung auf den Verkehrswert des Grundstücks nach Beseitigung des baufälligen Gebäudes als nicht geboten erscheinen lässt, liegt auch dann vor, wenn es der Erbe eines Grundstücks in Kenntnis des desolaten Zustands der aufstehenden Gebäude unterlässt, das Erbe auszuschlagen.
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss, 23.02.2015, AZ: 2 M 147/14, Publikationsart: juris / Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (ZEV) 2015, 367 / Immobilien- und Baurecht (IBR) 2015, 388 / Baurecht (BauR) 2015, 1366 / Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungsreport (NVwZ-RR) 2015, 691 / Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis (ErbR) 2015, 586

1.1.7 Folgen für das Eigentum
1.1.10 Denkmaleigenschaft und Zivilrecht
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2 Baudenkmalpflege
2.2.1.1 Grundsätze
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
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1. Auf eine denkmalrechtliche Abrissgenehmigung, die im Wege einer Fiktion nach § 14 Abs.11 DSchG ST erteilt worden ist, kann der Antragsteller wirksam verzichten. 
2. § 10 Abs. 6 DSchG ST, wonach Eingriffe in ein Kulturdenkmal, die es seiner Denkmalqualität berauben oder zu seiner Zerstörung führen, nur genehmigt werden dürfen, wenn alle Möglichkeiten einer Erhaltung ausgeschöpft wurden, verpflichtet die Denkmalschutzbehörden und nicht den Grundstückseigentümer.
3. Die Pflichten des Grundstückseigentümers in Bezug auf die Erhaltung eines Baudenkmals enden mit der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen i.S.v. § 10 Abs. 4 DSchG ST.
OVG Sachsen-Anhalt, Urteil, 29.10.2009, AZ: 2 L 200/07, Publikationsart: juris / BRS 74 Nr. 215 (2009) / ZfBR 2010, 387 / BRS 77 Nr. 191 (1986-2011)

1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.2 Erlaubnisfiktion
1.2.7 Aufgabenzuweisung
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)
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Der Vorhabensträger besitzt keinen Anspruch auf Erstattung von Prospektionskosten, die vom Vorhabenträger im Rahmen der Erarbeitung der für die UVP maßgeblichen Unterlagen erbracht wurden.  
VG Düsseldorf, Urteil, 18.06.2013, AZ: 17 K 2191/12, Publikationsart:
rkr.

1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.8 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
3 Bodendenkmalpflege
3.2 Veränderungen, Zerstörungen, Pflichten
3.2.1 Schutz des kulturellen Erbes
3.2.2 Veranlassung, Kostentragungsverpflichtung, Öffentliche Eigentümer
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1. Der Beklagte war nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, vom Kläger die Beseitigung der baurechtswidrig angebrachten Holzverkleidung zu verlangen.
2. Er durfte weder davon absehen einzuschreiten, noch standen ihm weniger beeinträchtigende Mittel zur Gefahrenbeseitigung (vgl. § 15 Abs. 1 OBG) zur Verfügung.
3. Angesichts der Größe der drohenden Schäden für das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Bewohner und Besucher des Hauses Y., die in einem Brandfalle zu befürchten sind, durfte der Beklagte den vorhandenen bauordnungswidrigen Zustand des Treppenraumes nicht dulden.
4. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenfeuers gering sei.
5. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausbricht, beweist nicht, dass keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss.
VG Gelsenkirchen, Urteil, 14.11.1985, AZ: 5 K 1012/85, Publikationsart: BeckRS 2005, 27824
vgl. auch: OVG Münster, Urteil vom 11.12.1987, Az.: 10 A 363/86

1.1.10 Denkmaleigenschaft und Zivilrecht
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
2.3 Sonstige Veränderungen
2.3.1 Grundsätze
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1. Die Frist für den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 14 Abs. 11 Satz 1 DSchG ST beginnt erst, wenn der Antragsteller die im konkreten Einzelfall entscheidungserheblichen Unterlagen vorgelegt hat, sofern die Behörde fehlende Unterlagen innerhalb der Fünf-Tages-Frist nach § 14 Abs. 11 Satz 2 DSchG ST nachgefordert hat.
2. Für einen vollständigen Antrag auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Abbruchgenehmigung kann die Vorlage eines dendrochronologischen Gutachtens zur Bestimmung der Entstehungszeit des Gebäudes erforderlich sein.
3. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Identität des Denkmals durch notwendige Sanierungsmaßnahmen noch erhalten bleibt, sind die Merkmale, welche die Denkmaleigenschaft begründen. Geht aus der Begründung hervor, dass die Denkmaleigenschaft vornehmlich auf dem nahezu vollständig erhaltenen Dachwerk beruht, so tritt ein Identitätsverlust des Denkmals nicht ein, wenn ein weitgehender Austausch der übrigen Gebäudeteile erfolgt.
4. Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung kann nicht angenommen werden, wenn der Denkmaleigentümer in seiner Wirtschaftlichkeitsberechnung keine Zuwendungen aus öffentlichen oder privaten Fördermitteln berücksichtigt und auch keine Zuwendungsanträge gestellt hat.
5. Bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung sind auch steuerliche Vergünstigungen zu berücksichtigen. Der Denkmaleigentümer kann nicht darauf verweisen, dass noch nicht feststehe, ob er das Vorhaben selbst oder durch einen Dritten durchführen werde.
VG Magdeburg, Urteil, 16.12.2011, AZ: 4 A 222/11, Publikationsart: juris

1.1 Eintragung in die Denkmalliste
1.1.6 Eintragungsadressaten
1.2 Zuständigkeiten, Verfahrensfragen
1.2.1 Schutz- und Erhaltungspflichten
1.2.2 Erlaubnisfiktion
1.4.1 Auskunftspflicht
2.2.1 Abbruch eines Einzeldenkmals
2.2.1.1 Grundsätze
2.2.5 Sozialbindung, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit, Darlegungslast
2.2.6 Gebundene Entscheidung (Prüfung, Ausgleichsleistungen, Ermessen, Abwägung)